Was war das denn? Alles war so real! Kann der erlebte innere Film wirklich nur ein Traum gewesen sein? Diese Frage stellten sich schon viele Menschen. Sie sahen vor dem Auge ihrer Seele einen Film, der so eindrücklich war, dass er nie wieder vergessen wurde.
Inhalte:
Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?“
Grobes Inhaltsverzeichnis
Was ist der innere Film?
Der innere Film wird häufig in einem traumhaften Zustand erlebt. Meist wird ein aktuell an einem anderen Ort gerade stattfindendes oder ein zukünftiges Ereignis gewissermaßen als Film „gesehen“. Als Begriffsalternative wird oft der Begriff „Vision“ verwendet. Wie in einem realen Film, so können auch in einem inneren Film akustische und visuelle Wahrnehmungen erlebt werden. Der innere Film lässt sich jedoch nicht auf das Phänomen der Vision reduzieren. Er kann auch Wünsche und Bitten anderer Menschen oder gar von Geistwesen zum Ausdruck bringen.
Anhand vorliegender Berichte ist nicht immer eindeutig unterscheidbar, ob der Film in einem Traumzustand während des Schlafs oder im Wachzustand erlebt wird. Vermutlich fällt den Erlebenden die Unterscheidung deshalb nicht leicht, weil es sich um ein sehr eindrückliches Erlebnis handelt, das wie real erschien.
Wie auch beim Phänomen des Stimmenhörens, sei es eine akustisch wahrnehmbare oder eine innere Stimme, besteht auch beim Phänomen des inneren Films die Möglichkeit einer subjektiven Halluzination. Diese Möglichkeit ist stets zu berücksichtigen und Grund für eine „gesunde“ Skepsis.
Berichte aus öffentlichen Quellen
In der Literatur und auch in anderen öffentlichen Quellen, wie dem Internet, finden sich zahlreiche über die vergangenen Jahrhunderte hinweg gesammelte anekdotische Schilderungen. Die folgenden Beispiele repräsentieren eine kleine Auswahl.
Vorahnung eines Flugzeugabsturzes
Die an anderer Stelle wiedergegebene Schilderung der Umstände, die am 29. Dezember 1972 zum Absturz einer Lockheed L-1011 TriStar führten, erwähnt auch eine dunkle Vorahnung einer Flugbegleiterin namens Doris Elliot, die nicht zur Besatzung von Eastern Air Lines-Flug 401 von New York nach Miami zählte. Die Vorahnung hatte sie etwa zwei Wochen vor dem tatsächlichen Absturz über den Everglades, einem Sumpfgebiet in Florida.
Während sie auf einem Flug von New York nach Orlando ihrer Arberit nachging, „sah“ sie vor ihrem inneren Auge, von einem schweren, unheimlichen Gefühl überfallen, deutlich eine L-1011 TriStar im Landeanflug auf Miami über den Everglades. Sie „sah“, wie die linke Tragfläche zerbrach und der Rumpf auf dem Sumpfgelände aufschlug. Auch die Schreie der Verletzten konnte sie „hören“. Zwei Kolleginnen gegenüber gab sie auf deren Nachfrage an, dass sich das Unglück nach ihrem Gefühl nach Weihnachten, jedoch noch vor Neujahr ereignen werde.
Von dieser eigentümlichen Schilderung lässt sich Folgendes festhalten:
- Der innere Film wurde während der Arbeit im Wachzustand erlebt,
- Die Vision des Unglücks schien sehr konkret zu sein, der Zeitpunkt jedoch nicht.
Warnung vor einem Attentat
Am 28. Juni 1914 fielen Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, Thronfolger von Österreich-Ungarn, und seine Ehefrau Herzogin Sophie von Hohenberg in Sarajevo einem politisch motivierten Attentat zum Opfer. Dieses Attentat löste die sogenannte Julikrise aus, die wenig später zum Ersten Weltkrieg führte. Dieser begann am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
Im Buch „Botschaft von Drüben?“ wird ein Traum von Dr. Josef von Lànyi, damals Bischof von Großwardein (dem heutigen Oradea, Rumänien), wiedergegeben (S. 54 f.), den dieser nach dem Erwachen aufschrieb:
„Am 28. Juni 1914, 3:30 früh erwachte ich aus einem schrecklichen Traum. Mir träumte, dass ich in der Morgenstunde an meinen Schreibtisch ging, um die Post durchzusehen. Ganz oben lag ein Brief mit schwarzem Siegel und dem Wappen des Erzherzogs. Sofort erkannte ich die Handschrift meines höchsten Herrn. Ich öffnete den Brief und sah am Kopf des Bogens in himmelblauem Ton ein Bild, das eine Straße und eine enge Gasse darstellte. Die Hoheiten saßen in einem Auto, ihnen gegenüber ein General, neben dem Chauffeur ein Offizier. Auf beiden Straßenseiten eine Menschenmenge. Zwei Burschen springen plötzlich hervor und schießen auf die Hoheiten. Der Text des Briefes ist wörtlich derselbe, wie ich ihn im Träume gesehen. Er lautete:
Eure Bischöfliche Gnaden, lieber Doktor Lànyi!
Teile Ihnen hiermit mit, dass ich heute mit meiner Frau in Sarajewo als Opfer eines politischen Meuchelmordes falle. Wir empfehlen uns Ihren frommen Gebeten und heiligen Messopfern und bitten Sie, unseren armen Kindern auch fernerhin in Liebe und Treue so ergeben zu bleiben wie bisher.
Herzlich grüßt Sie Ihr Erzherzog Franz. Sarajewo. 28. Juni 1914, 3:30 Uhr morgens.
Zitternd und in Tränen aufgelöst sprang ich aus dem Bett, sag auf die Uhr, die 3:30 zeigte. Ich eilte sofort zum Schreibtisch, schrieb nieder, was ich im Traum gelesen und gesehen.“
Frühmorgens berichtete der Bischof seinem Diener und seiner Mutter von dem im Traum Wahrgenommenen. Der Bischof kannte Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este schon seit dessen Kindheit persönlich. Er fertigte eine Zeichnung an und sandte sie mit einem Brief an seinen Bruder Eduard, einem Priester. Der Tag verlief in Unruhe und Sorge bis um 15:30 Uhr ein Telegramm aus Wien mit der schrecklichen Nachricht eintraf, derzufolge die Hoheiten in Sarajevo ermordet wurden.
Der Erzherzog schien von dem Bevorstehenden nicht die geringste Ahnung gehabt zu haben. Am Morgen des 28. Juni 1914 schickte er folgendes Telegramm an seine Kinder: „Befinden von mir und Mami sehr gut. Wetter warm und schön. Wir hatten gestern grosses Diner und heute vormittag den großen Empfang in Sarajevo. Nachmittags wieder großes Diner und dann Abreise. Umarme euch innigst. Dienstag. Papi.“
Später, nach dem Bekanntwerden des Traums in der Öffentlichkeit, untersuchte ein Reporter der „Wiener Reichspost” die Zeichnung und sprach mit den Zeugen, der Mutter des Bischofs und seinem Diener. Beide bestätigten das Erlebte. Auch der Bruder bestätigte den Erhalt des Briefs und der Zeichnung.
Folgendes lässt sich festhalten:
- Der innere Film wurde während des Schlafs erlebt,
- Die Vision des Unglücks schien sehr konkret zu sein, der exakte Zeitpunkt an diesem Tag jedoch nicht,
- Zum Zeitpunkt des Traums waren der Erzherzog und seine Frau noch am Leben,
- Der Traum enthielt keine Handlungsaufforderung des Erzherzogs an den Bischof zur Rettung vor dem Attentat,
- Der Bischof hätte dem Erzherzog seinen Traum übermitteln können (damals waren entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten bereits vorhanden), um ihn zu warnen und zur Änderung seiner Pläne zu bewegen,
- Der Bischof unternahm nichts außer eine Messe zu lesen.
Unspezifische Warnung durch die eigene Person
Im Buch „Der Spuk im Grabgewölbe“ wird eine von der Schriftstellerin Charlotte Niese (1854-1935) geschilderte Begebenheit wiedergegeben (S. 267 ff.):
„Der Heckenweg lag gerade vor dem Garten der alten Freundin. Er machte einige Windungen, so dass man nur im letzten Augenblick sah, ob jemand einem entgegenkam und wer dieser Begegnende war. Im Dunkeln ging man ihn nicht gerade gern, aber er kürzte sehr ab. Wollte man in die kleine Stadt, die sich zwischen Fluss und Berg schmiegte, dann konnte man zehn Minuten sparen, wenn man diesen Heckenweg benutzte.“ Nach einer etwas ausschmückenden Beschreibung dieses Weges ist weiter zu lesen: „[…] daher wunderte ich mich, dass meine alte Freundin, die nicht gut zu Fuß war, niemals den Heckenweg benutzte. Sie ging eilig an ihm vorüber, warf einen scheuen Blick hinein und wandte sich dann dem weiteren Weg über die Landstraße zu.
»Sie haben etwas gegen den Heckenweg?«, fragte ich sie. Da saßen wir behaglich in der Dämmerung auf ihrer Veranda. Ich kannte sie noch nicht lange; sie hatte mir allerlei aus ihrem bewegten Leben erzählt, und ich wusste, dass sie in mitteilsamer Stimmung war. Meistens war sie nämlich schweigsam, und dann nützte es nichts, sie zu fragen.
Jetzt ging auch ein Zug der Abwehr über ihr Gesicht, aber sie antwortete freundlich:
»Nein, ich gehe den Heckenweg nicht. Es ist eine Dummheit, ein Aberglauben. Sonst bin ich nicht abergläubisch, aber in diesem Fall räume ich ein, dass ich abergläubisch bin.«
Sie schwieg eine Weile; als ich nichts sagte, sprach sie weiter:
»Mir hat einmal etwas geträumt oder ich habe es erlebt. Ganz genau weiß ich es nicht mehr. Träume und Wirklichkeit vermischen sich manchmal. Die Sache ist schon etliche Jahre her, und wenn ich einen Eid leisten sollte, ob ich im Schlaf oder wach gewesen bin, dann dürfte ich nicht schwören. Genug, ich stand vor dem Heckenweg und wollte hindurchgehen. Ehemals bin ich nämlich immer durch ihn gewandert. Also ich machte die ersten Schritte in sein stilles Reich – da stand jemand vor mir und hob abwehrend die Hände. Dieser Jemand war ich selbst – mein eigenes Spiegelbild. Es trug mein Kleid, meinen Hut, meinen Stock. Und mein eigenes Gesicht sah mich ernsthaft an. Wieder hob die Gestalt abwehrend die Hände und war dann verschwunden. Seit diesem Tag bin ich nicht mehr durch den Heckenweg gegangen.«
»Das würde ich auch nicht tun!«, sagte ich, und meine alte Freundin lachte.
»Wie gut, dass Sie das sagen. Ich habe mich schon einige Male vor mir selbst geschämt. Denn eigentlich darf man sich nicht mit solchen Sachen einlassen. Meinem Sohn dürfte ich meine Furcht vor dem Heckenweg nicht erzählen. Er würde sie nicht begreifen!«
[…] Im nächsten Jahr wollte ich wiederkommen. Einmal schrieb sie mir noch eine Karte, dann hörte ich nichts weiter von ihr. Bis ich nach einigen Monaten in der Zeitung las, dass eine Frau von X. im Städtchen M. ermordet aufgefunden worden wäre, und zwar in einem Heckenweg, den sie sonst niemals zu benutzen pflegte. Sie war ihres schönen Diamantringes und ihrer Uhr beraubt, der Mörder hatte sie in den Kopf geschossen und sie musste gleich tot gewesen sein. Ich schrieb gleich an den Sohn und bat um nähere Nachrichten, habe sie aber nicht erhalten. Erst nach mehreren Jahren erfuhr ich durch eine Dame aus derselben Stadt, dass der Sohn sich bittere Vorwürfe mache, weil er die Mutter mit ihrer Scheu vor dem Heckenweg geneckt und einmal ganz besonders ausgelacht habe. Da wer sie am nächsten Tag den Heckenweg gegangen und nicht wiedergekehrt. Der Raubmörder ist nie ermittelt worden.“An dieser Schilderung fällt Folgendes auf:
- Die Freundin konnte nicht unterscheiden, ob der innere Film im Wachzustand oder im Traum erlebt wurde,
- Die Freundin sah sich im inneren Film selbst,
- Der innere Film schien so eindrücklich gewesen zu sein, dass er im Langzeitgedächtnis gespeichert und von dort jederzeit abrufbar war,
- Die Konsequenzen eines Nichtbeachtens des mit dem inneren Film verknüpften Warnung schienen nicht sehr konkret gewesen zu sein.
Eine ähnliche unspezifische Warnung
Eine vom Prinzip her ähnliche unspezifische Warnung wird im Buch „Botschaft von drüben?“ geschildert (S. 138 f.):
„Als sich der Münchener Kunsthändler Dr. Friedländer seinem Haus am Rande des Englischen Gartens näherte, sah er sich selbst als Doppelgänger zehn Schritte voraus gehen … Als er nun den Mann, der ihm aufs Haar glich, sah, ging er ihm nach, entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Eine Augentäuschung schien ihm unmöglich. Aber dann zögerte Dr. F. Der andere ging auf sein Haus zu, er stieg die Stufen hinauf, griff in die Tasche, holte seinen Hausschlüssel hervor – mit den gleichen, für ihn typischen Bewegungen. Er war jetzt nur zwei Schritte neben ihm. Der andere schloss die Tür auf. Und ehe er ins Haus trat, sah Dr. F. das Gesicht – es war sein eigenes. Für eine Sekunde starrte er es an, als blickte er in einen Spiegel. Dann wandte der andere sich ab, verschwand ins Haus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
Dr. F. ging tief betroffen zu einem Freund und erzählte ihm den Vorfall, blieb bei diesem auch über Nacht, um am nächsten Morgen mit ihm in sein Haus zurückzukehren. Beide fanden nichts. Alles war unverändert, nirgends ein Zeichen, dass jemand das Haus inzwischen betreten hätte. Bis sie in das Schlafzimmer kamen. Da sahen sie es: ein Teil der hohen Stuckdecke hatte sich gelöst und war heruntergebrochen und zusammen mit schwerem Mauerwerk auf das Bett gestürzt. – Hätte Dr. F. dort geschlafen, wäre er schwer verletzt oder getötet worden. Das seltsame unerklärliche „Bild“ des Doppelgängers hatte ihm vielleicht das Leben gerettet.“
Die Schilderung lässt Folgendes als bemerkenswert erscheinen:
- Der innere Film wurde sehr wahrscheinlich im Wachzustand erlebt,
- Der Kunsthändler sah sich im inneren Film selbst,
- Der innere Film schien so eindrücklich gewesen zu sein, dass er den Kunsthändler dazu veranlasste, bei einem Freund zu übernachten.
Eine Vorausschau von Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang von Goethe werden mehrere Vorausahnungen künftiger Ereignisse zugeschrieben. Eine davon ursprünglich in „Aus meinem Leben“ erzählt, ist im Buch „Die Hexe von Endor“ wiedergegeben (S. 270):
„In solchem Drang und Verwirrung konnte ich es doch nicht unterlassen, Friederiken noch einmal zu sehen. […] Als ich ihr die Hand noch vom Pferde reichte, standen ihr die Tränen in den Augen, und mir war sehr übel zumute. Nun ritt ich auf dem Fußpfade gegen Drusenheim, und da überfiel mich eine der sonderbarsten Ahnungen. Ich sah nämlich, nicht mit den Augen des Leibes, sondern des Geistes, mich selbst denselben Weg zu Pferde wieder entgegenkommen, und zwar in einem Kleide, wie ich es nie getragen. Es war hechtgrau mit etwas Gold. Sobald ich mich aus diesem Traum aufschüttelte, war die Gestalt ganz hinweg. Sonderbar ist es jedoch, dass ich nach acht Jahren in dem Kleide, das mir geträumt hatte und das ich nicht aus Wahl, sondern aus Zufall gerade trug, mich auf demselben Wege fand, um Friederiken noch einmal zu besuchen. Es mag sich übrigens mit diesen Dingen wie es will verhalten, das wunderliche Trugbild gab mir in jenen Augenblicken des Scheidens einige Beruhigung. Der Schmerz, das herrliche Elsaß mit allem, was ich darin erworben, auf immer zu verlassen, war gemildert, und ich fand mich, dem Taumel des Lebewohls endlich entflohen, auf einer friedlichen und erheiternden Reise so ziemlich wieder.“
An der Schilderung erscheint Folgendes als bedeutsam:
- Der innere Film wurde während des Ritts höchstwahrscheinlich im Wachzustand erlebt,
- Goethe sah sich im inneren Film selbst,
- Der innere Film wies nicht auf eine Gefahr hin,
- Goethe rechnete anscheinend nicht damit, nochmals in das Elsaß zurückzukehren.
Die Vorausschau eines Todes
Die Schilderung eines im Jahr 1896 erlebten Wahrtraums befindet sich wiederum im Buch „Der Spuk im Grabgewölbe“ (S.262). Als ursprüngliche Quelle ist das Buch „Vom Jenseits der Seele“ von Prof. Dr. med. Dessoir angegeben.
„Eine junge Frau, die ihre Entbindung erwartete, sah am 5. März im Traum ihren längst verstorbenen Vater; er hatte einen großen gedruckten Kalender in der Hand und zeigte mit dem Finger auf das Datum des 22. März. Die Dame erzählte ihrer Schwester, von der der Bericht stammt, sowie anderen Verwandten den Inhalt ihres Traums und deutete ihn dahin, dass an jenem Tag das Kind geboren werde. Das Kind kam aber bereits am 12. März zur Welt. Die Mutter sprach dann nicht weiter über das Erlebnis; am Nachmittag des 21. März verlor sie plötzlich das Bewustsein und starb am folgenden Tag.“
Folgendes lässt sich als bemerkenswert festhalten:
- Der innere Film wurde im Traumzustand erlebt,
- Die junge Mutter fehlinterpretierte den inneren Film offenkundig,
- Der verstorbene Vater wurde eindeutig erkannt,
- Der Vater kannte die Zukunft, konnte sich jedoch nicht akustisch artikulieren und die Bedeutung des Datums vermitteln.
Die Bitte eines unheilbar kranken Kindes
In dem Buch „Zum Licht“ schildern M. Morse und P. Perry die Kommunikation eines sterbenskranken fünfjährigen Jungen über einen inneren Film (S. 81 ff.). Dieser Junge kam einen Tag bevor er an einem bösartigen Hirntumor starb noch einmal zu Bewusstsein und erlebte eine kurze Phase terminaler Geistesklarheit. Zuvor hatte er bereits drei Wochen lang im Koma gelegen.
Die Familie erlebte in der für sie schweren Zeit den Beistand eines Priesters. Während der Zeit, in der der Junge im Koma lag, waren seine Familienangehörigen nahezu ununterbrochen bei ihm und beteten für seine Genesung. Der Priester riet der Familie jedoch ab, weiterhin für die Heilung zu beten. In der Schilderung heißt es: „Diese Entwicklung hat nun aber den besonderen Hintergrund, dass der Junge dem Priester zuvor in einem ungewöhnlich intensiven Traum erschienen war, den dieser nicht ignorieren konnte. Der Junge bat ihn darin eindringlich, seinen Eltern mitzuteilen, dass es Zeit für ihn sei zu sterben und sie aufhören sollten, für seine Genesung zu beten. Es war dem Priester als ob der Junge von Angesicht zu Angesicht zu ihm gesprochen hatte. Nur mit einiger Mühe fand er die Worte, diesen ‚Traum‘ der Familie mitzuteilen, die dessen Inhalt schließlich akzeptierte und das Kind gehen ließ. Wie beschrieben, wachte der Junge daraufhin aus dem Koma auf, dankte seiner Familie dafür, dass sie ihn gehen ließ, und starb am nächsten Tag.“
Aus Sicht der Familie hatte der akzeptierte Rat des Priesters eine Änderung der Motivation zur Folge. Etwas detaillierter heißt es dazu: „Plötzlich, offenbar am ersten Tag dieser Motivationsänderung, erlangte der Junge sein Bewusstsein wieder […] und kündigte außerdem an, dass er tatsächlich in Kürze sterben würde.“
Es stellt sich die Frage, weshalb sich der Junge mit seiner Bitte an den Priester wandte und nicht an Vater und/oder Mutter. Der Grund könnte darin liegen, dass ihm seine Eltern zu nahe standen. Wahrscheinlich hätten sie seinen Wunsch emotional nicht akzeptieren können, denn sie taten schließlich alles dafür, damit ihr Sohn von seinem Tumor befreit würde. Der Priester konnte den Wunsch des Jungen offenbar besser verstehen, akzeptieren und der Familie vermitteln.
Aus der Schilderung lässt sich weiter Folgendes festhalten:
- Der innere Film wurde im Traumzustand erlebt,
- Der kranke Junge konnte dem Priester seinen Wunsch offensichtlich während seines Komazustands kommunizieren und in diesem einen Traum hervorrufen; alternativ wäre denkbar, dass ein Geistwesen (z. B. Engel) den Traum hervorrief,
- Für den Priester war der Traum derart eindrücklich, dass er ihn nicht einfach ignorieren oder missdeuten konnte,
- Das Gebet der Familie hatte offensichtlich eine hindernde Wirkung und stand dem Wunsch des Jungen in Wirklichkeit entgegen.
Folgerungen
Der innere Film erwies sich in sämtlichen kurz geschilderten Fällen nicht als subjektiv erlebte Halluzination. Bei allen Schilderungen trat das Gesehene auch tatsächlich ein, wenn auch im Fall der jungen Mutter nicht so wie erwartet.
Aus den diversen Schilderungen geht nicht hervor, ob der innere Film vom eigenen Unterbewusstsein produziert oder ob er von einem externen Wesen initiiert wurde. Im Fall Goethes wäre denkbar, dass sich der Wunsch, Friederiken wiederzusehen, nach der Abreise in seinem Unterbewusstsein als Wunsch verankerte. In den anderen Fällen fehlte es jedoch an Vorerfahrungen. Wie also könnte der innere Film entstanden sein?
Wenn unterstellt wird, dass eine externe Instanz (z. B. ein Engel) Regisseur und Produzent des inneren Films ist, stellen sich wieder sinngemäß dieselben Anforderungen wie bei einer inneren Stimme. Der Betrachter des inneren Films, d. h. der Empfänger, muss empfangsbereit sein und außerdem den inneren Film „abspielen“ können. Darüber hinaus muss der Empfänger in der Lage sein, den Inhalt des Films zutreffend zu interpretieren. Dies scheint nicht in allen Fällen zu gelingen.
Das Phänomen des im Wach- oder Traumzustands erlebten inneren Films wird im Teil „Queranalyse“ weiter untersucht.