Kann ein Beweis für die Weiterexistenz nach dem Tod erbracht werden? Wie sind die bisher dargelegten Phänomene mit ihren als real wahrgenommenen Erfahrungen zu beurteilen?
Inhalte:
Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?“
Grobes Inhaltsverzeichnis
In Anbetracht der Vielzahl und des unterschiedlichen Charakters der hier dargelegten Phänomene stellt sich die Frage nach dem Beweis. Lassen sich derartige Phänomene, wie beispielsweise das Phänomen des „inneren Films“ beweisen? Welche Anforderungen werden an einen Beweis gestellt?
Der Duden definiert einen Beweis allgemeiner erstens als „Nachweis dafür, dass etwas zu Recht behauptet, angenommen wird; Gesamtheit von bestätigenden Umständen, Sachverhalten, Schlussfolgerungen“ und zweitens als „sichtbarer Ausdruck von etwas; Zeichen, das etwas offenbar macht“.
In der Mathematik gilt die als fehlerfrei anerkannte Herleitung der Richtigkeit bzw. der Unrichtigkeit einer Aussage aus einer Menge von Axiomen, die als wahr vorausgesetzt werden, und anderen Aussagen, die bereits bewiesen sind, als Beweis. In der Logik ist ein Beweis als eine Reihe von logischen Schlussfolgerungen, die die Wahrheit eines Satzes auf als wahr Angenommenes zurückführen soll, definiert.
Im juristischen Sinne ist ein Beweis das (positive) Ergebnis eines auf die Feststellung von Tatsachen gerichteten Beweisverfahrens. Dieses umfasst die Feststellung, was bewiesen werden soll, die Beweisaufnahme und die Beweiswürdigung. Dabei geht es, etwas lapidar ausgedrückt, um die Frage ob ein Beweis auch als Beweis angesehen werden kann.
Induktion und Deduktion
In den Naturwissenschaften ist ein Beweis nicht möglich. Die Natur ist, im Unterschied zu Mathematik und Logik, kein geschlossenes, sondern ein offenes System. Die Natur ist äußerst komplex, wobei niemand das genaue Ausmaß dieser Komplexität kennt. Vielerlei Einflüsse und Wechselwirkungen treten gleichzeitig auf, wobei auch deren genaues Ausmaß unbekannt ist.
Wenn etwas untersucht werden soll, müssen alle zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Einflüsse und Wechselwirkungen bekannt sein. Dann ist es möglich, die Bedingungen und Zustände zu benennen, unter denen ein Untersuchungsergebnis zustande kam. Doch können zuverlässig alle Einflüsse und Wechselwirkungen ausgeschlossen werden, die nicht mit der Untersuchung in direktem Zusammenhang stehen? Unter Laborbedingungen mag dies möglich sein, in der freien Natur jedoch so gut wie nie. Wenn nicht sicher sein kann, dass Einflüsse und Wechselwirkungen ausgeschlossen sind, ist kein sicherer Beweis möglich.
Unter diesem Vorzeichen können die Methoden der Induktion und Deduktion unterstützen. Unter Induktion wird seit dem griechischen Philosophen Aristoteles der abstrahierende Schluss aus beobachteten Phänomenen auf eine allgemeinere Erkenntnis, etwa einen allgemeinen Begriff, ein Muster, eine Regel oder ein Naturgesetz, verstanden. Wahrnehmbare Anzeichen bzw. Indizien deuten auf eine allgemeinere Erkenntnis hin. Im Unterschied zur Induktion schließt eine Deduktion aus gegebenen Voraussetzungen auf einen speziellen Fall. Ausgangspunkt ist die Formulierung einer Erkenntnis als Regel, die dann bei der Untersuchung experimentell auf ihre Richtigkeit hin überprüft wird. Dadurch kann sie entweder bestätigt oder widerlegt werden.
Induktion – Folgerung vom Besonderen auf das Allgemeine
Ein Beispiel für die Induktion, die Folgerung von etwas Besonderem auf das Allgemeine, ist die durch Untersuchen des Gehirns mögliche Beobachtung, dass sich im menschlichen Gehirn das Kleinhirn (Cerebellum) befindet. Wenn die Gehirne von tausend Menschen untersucht würden, wäre die Wahrscheinlichkeit äußerst hoch, dass in jedem davon ein Kleinhirn zu finden ist. Daraus ließe sich die Regel ableiten, dass jeder Mensch ein Kleinhirn hat und daraus eine entsprechende Hypothese formulieren, beispielsweise so: „Immer, wenn das Gehirn eines Menschen untersucht wird, wird darin ein Kleinhirn gefunden“. Sehr wahrscheinlich würde die Hypothese bestätigt und die Regel („Jeder Mensch hat ein Kleinhirn“) gestärkt, wenn weitere tausend Gehirne untersucht werden.
Irgendwann – statistisch gesehen nach mehreren hundert Millionen Untersuchungen – wird jedoch bei einer Untersuchung des Gehirns festgestellt, dass das Kleinhirn fehlt. In der Tat gibt es Menschen, wenn auch im Verhältnis zu den derzeit rund acht Milliarden auf der Erde lebenden Menschen eine verschwindend geringe Zahl, die ohne Kleinhirn geboren wurden und leben. Dies hat zur Folge, dass die Hypothese widerlegt ist und die genannte Regel nicht gilt. Die Aussage „Jeder Mensch hat ein Kleinhirn“ ist demnach falsch.
Weiteres Beispiel ist die seit Jahrhunderten mögliche Beobachtung, dass sich die Erde einmal pro Tag (genauer: in 23 Stunden und gut 56 Minuten) um ihre Achse dreht. Mit jedem vergangenen Tag, an dem sich dieses Muster wiederholt, wird die Hypothese bestätigt und die Regel gestärkt. Dennoch könnte es sein, dass irgendwann in der Erdgeschichte ein singuläres astronomisches Ereignis auftrat, in dessen Folge sich die Erde nicht einmal pro Tag um ihre Achse drehte. Wenn sich diese Möglichkeit nicht ausschließen lässt, ist die Hypothese widerlegt.
Mittels Induktion ließe sich als Hypothese auch die Regel aufzustellen, dass es auch in Zukunft so sein wird, dass sich die Erde einmal pro Tag um ihre Achse dreht. Allerdings ist eine in die Zukunft gerichtete Induktion nicht möglich. Es ist schließlich nicht auszuschließen, dass beispielsweise irgendwann in der Zukunft ein großer Meteorit auf die Erde trifft, sie aus ihrer Bahn drängt und damit die bisherige Regel außer Kraft setzt. Es lässt sich lediglich formulieren, dass die Wahrscheinlichkeit äußerst hoch ist, dass sich die Erde auch weiterhin einmal pro Tag um ihre Achse dreht.
In der Wissenschaft ist Induktion eine gängige Methode. Ein Beispiel dafür ist die von Albert Einstein begründete Relativitätstheorie, die sich mit der Struktur von Raum und Zeit sowie mit dem Wesen der Gravitation befasst. Seit nunmehr über hundert Jahren wird sie mit unterschiedlichsten Experimenten mit immer größerer Präzision bestätigt.
Deduktion – Folgerung vom Allgemeinen auf das Besondere
Die Deduktion schließt vom Allgemeinen auf das Besondere, basierend auf folgender Logik: Wenn a = b ist und b = c ist, dann ist a = c. Ein Beispiel dafür ist die folgende Aussage: „Alle Forellen (a) gehören in der Systematik der Biologie zur Familie der Lachsfische (b)“, „Alle Lachsfische (b) haben Kiemen (c)“, „Deshalb haben alle Forellen (a) Kiemen (c)“. Das Beispiel illustriert eine zulässige Deduktion.
Wenn bei Untersuchungen bei einer statistisch signifikanten Zahl an Forellen herausgefunden wird, dass bei jeder Forelle Kiemen vorhanden sind, lässt sich die Aussage deduktiv bestätigen. Natürlich muss zuvor bei der Formulierung der Logik darauf geachtet werden, dass ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang besteht. Die folgende Aussage wäre deshalb ungültig: „Alle Forellen (a) haben einen Kopf (b)“, „Bello (c) hat einen Kopf (b)“, „Deshalb ist Bello (c) eine Forelle (a)“.
Indizien und die beste plausible Erklärung
Oft lässt sich eine Hypothese nicht schlüssig bestätigen. Dies ist sogar ausnahmslos der Fall, wenn Erlebnisse und Erfahrungen von Menschen die Quelle für Einschätzungen und Bewertungen sind. Nur wenige Menschen erleben beispielsweise eine Nahtoderfahrung, eine Sterbebettvision bzw. Sterbevision, oder einen Traum, bei dem sich später das im inneren Film Gesehene exakt so vollzieht.
Wenn sich keine allgemeingültige Regel formulieren lässt, müssen Indizien bestimmt werden, um dann zu einer oder mehreren möglichen Erklärungen für einen Sachverhalt zu gelangen. Nicht selten bieten sich mehrere alternative Erklärungen für ein Phänomen an. Dann ist aus den vorliegenden Erklärungen diejenige auszuwählen, die am besten zu den Beobachtungen und/oder Berechnungen passt. Dies entspricht dann dem „Stand der Wissenschaft“ bzw. – außerhalb der Wissenschaft – dem „Stand der Erkenntnis“. Es mag jedoch durchaus Uneinigkeit darüber bestehen, was als beste plausible Erklärung angesehen werden kann.
Indizien und Kontext
Selbstverständlich gilt als Rahmenbedingung, dass sich aus der Beobachtung ergebende Indizien zu den Eigenschaften und dem Verhalten eines Objekts passen müssen. Ein Beispiel aus der Verhaltensforschung bei Tieren mag dieses Prinzip verdeutlichen. Der Primatologe und Verhaltensforscher Frans de Waal beschrieb in seinem Buch „Are We Smart Enough to Know How Smart Animals Are?”, wie ein Test kognitiver Fähigkeiten bei Gibbons zu falschen Schlüssen führte (S. 14 f.).
Gibbons wurden mit Aufgaben konfrontiert, die von ihnen eine Auswahl unter verschiedenen Bechern, Schnüren und Stöcken verlangte. Test auf Test wurde jedes Mal festgestellt, dass diese Primaten im Vergleich zu anderen Spezies schlecht abschnitten. Beispielsweise wurde die Werkzeugnutzung dadurch getestet, dass eine Banane außerhalb ihres Käfigs fallen gelassen und in deren Nähe ein Stock platziert wurde. Das Einzige, was die getesteten Gibbons tun mussten, um an die Banane zu gelangen, war: den Stock aufheben, um die Banane näher heranzubewegen. Schimpansen würden dies ohne Zögern so bewerkstelligen, nicht jedoch Gibbons. Vor dem Hintergrund, dass Gibbons zu derselben Familie mit großen Gehirnen gehören wie Menschen und Menschenaffen, erschien dies einigermaßen seltsam.
Bei diesen Tests wurde nicht bedacht, dass Gibbons Baumbewohner sind und sich überwiegend auf und in Bäumen bewegen. Ihre Hände weisen nur sehr kurze Daumen auf, dafür aber verlängerte Finger. Ihre Hände sind für ihre einmalige Bewegungsart, das Schwinghangeln (Brachiation), spezialisiert und wirken im Vergleich zu den vielseitigen Greif- und Fühlorganen der meisten anderen Primaten mehr als „Fanghaken“. Als festgestellt wurde, dass der Test nicht zu den Eigenschaften von Gibbonhänden und dem Verhalten von Gibbons passte – Gibbons ist es praktisch unmöglich, Objekte von einem flachen Boden aufzuheben –, wurde der Test verändert. Der Stock wurde auf Schulterhöhe angebracht, wodurch Gibbons ihn leichter greifen konnten. Auf einmal erwiesen sich Gibbons als genauso intelligent wie andere Primaten. Ihr schlechtes Abschneiden bei Tests war mehr der jeweiligen Testmethode geschuldet als ihren geistigen Fähigkeiten.
Faktenbasierung und Unvoreingenommenheit
Im Optimalfall wird die beste plausible Erklärung mittels rein auf Fakten basierenden Indizien ermittelt, gestützt von stimmigen Argumenten. Persönliche Voreingenommenheiten, „ideologische Scheuklappen“, Präferenzen und Ziele eines Beurteilenden spielen keine Rolle. Wie ein Blick in die Geschichte der Wissenschaft allerdings zeigt, lassen sich derartige persönliche Faktoren oft nicht ausschließen.