Soll man auf die innere Stimme hören oder lieber nicht? Was steckt überhaupt hinter der inneren Stimme? Kommt sie wirklich ausschließlich aus einem selbst oder vielleicht sogar zumindest manchmal auch von woanders?
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Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?“
Grobes Inhaltsverzeichnis
Wohl jeder Mensch hat schon Erfahrungen mit der inneren Stimme gemacht, gute und vielleicht auch schlechte. Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die innere Stimme äußern kann, lohnt es sich, sich intensiver mit diesem Phänomen zu beschäftigen.
Was ist die innere Stimme?
Die innere Stimme wird gemeinhin als eine Regung des Unterbewusstseins verstanden, die einen auf etwas hinweisen, möglicherweise auch vor etwas warnen möchte. Plötzlich tauchen Gedanken auf, die sich festsetzen und nicht gleich wieder verschwinden. Die innere Stimme wird auch mit dem „Bauchgefühl“, der Intuition, assoziiert.
Menschliches Denken, Fühlen und Handeln wird bei weitem nicht nur von bewussten Entscheidungen und Vorgängen bestimmt. Auch Erfahrungen der Vergangenheit, die sich auch in Erinnerungen an Gefühle im Unterbewusstsein „ablagern“, Bedürfnisse, Triebimpulse usw., die dem Bewusstsein grundsätzlich oder zeitweise verborgen sind, spielen eine wichtige Rolle.
Einer inneren Stimme wird oft nicht einfach nur vertraut und gefolgt. Schließlich kennt wahrscheinlich jeder Mensch auch Situationen, in denen die innere Stimme trog. Vielleicht überreagierte die innere Stimme aufgrund einer vorausgegangenen überaus schlechten Erfahrung. Vielleicht steht eine warnende innere Stimme in einer bestimmten Situation in Konflikt mit einem besonderen, schon lange gehegten Wunsch. Deshalb wird die innere Stimme zuweilen auch bewusst übersteuert.
Es würde an der Realität vorbeigehen, die innere Stimme auf das „Sprachrohr“ des Unterbewusstseins zu reduzieren. Die innere Stimme kann auch den Charakter einer inneren Eingebung annehmen. Insofern korrespondiert dieses Verständnis der inneren Stimme mit dem Stimmenhören. Der Unterschied zum Stimmenhören besteht jedoch darin, dass eine Stimme nicht akustisch mit dem Gehör wahrgenommen wird, sondern über eine besonders eindrückliche innere Wahrnehmung. Auf dieses Verständnis stützen sich auch die folgenden Ausführungen.
Auch bei der inneren Stimme gilt es, eine gewisse Vorsicht nicht zu vernachlässigen. Wie das akustisch wahrnehmbare Stimmenhören kann auch das „lautlose“ Hören einer inneren Stimme Ausdruck einer psychischen Störung, insbesondere einer Psychose, sein. In den Medien sind beispielsweise immer wieder Berichte über Tötungsdelikte zu finden, die auf Geheiß der inneren Stimme verübt wurden. Die innere Stimme ist in diesem Fall Ausdruck einer schwerwiegenden psychischen Störung. Dennoch darf dadurch nicht der Blick auf die vielen Situationen verstellt werden, in denen die innere Stimme Schlimmes verhinderte.
Berichte aus öffentlichen Quellen
Öffentlichen Quellen, insbesondere Literatur und Internet, bieten einen Fundus an anekdotischen Schilderungen über innere Stimmen. Im Vergleich zu akustisch wahrgenommenen Stimmen „aus dem Nichts“ scheint deren Zahl jedoch geringer zu sein. Die folgenden Beispiele repräsentieren eine Auswahl.
Eine Geschichte aus dem Cockpit
In der Rubrik „Geschichten aus dem Cockpit“ berichtete die Ausbildungsleiterin Anne Hennig von einer gefährlichen Situation beim Landeanflug und wie sie ihrer inneren Stimme folgte:
„Vor ein paar Jahren erlebte ich eine prägende Situation im Cockpit. Meine Reaktion hat damals nicht nur mir, sondern drei weiteren Piloten wahrscheinlich das Leben gerettet. Ich war mit einem unserer Flugschüler zum Landetraining in unserer Robin 400 in der Luft. Dies sollte die Abschlusslandung werden. Hinter uns waren zwei Flugzeuge, die sich bereits im Endanflug befanden. Nach dem Aufsetzen wollte der Flugschüler sofort bremsen, um die Piste schnell frei zu machen. Ich forderte ihn auf, von der Bremse zu gehen, damit wir nicht mit durchgebremsten Reifen die Piste blockieren. Wir hatten den nächsten Abrollweg schon anvisiert, da hörte ich plötzlich meine innere Stimme sagen: »Dir sitzt was im Nacken!«
Natürlich dachte ich an die zwei Flugzeuge, von denen wir ja wussten, dass sie hinter uns im Final Approach waren. Der erste Pilot meldete aber just in dem Moment das »going around«. Ich drehte mich um und sah ein drittes Flugzeug mit 130 km/h auf uns zurasen. Der Pilot hatte beim Rollhalt am Boden gewartet und war unbemerkt von uns auf die Piste gerollt. DAS war es, was mir »gefühlt« im Nacken gesessen hatte! Sofort rief ich »my control!« und trat kräftig ins linke Seitenruder, um seitlich von der Piste zu rollen. Im gleichen Moment, in dem wir abbogen, hob das startende Flugzeug direkt neben uns ab. Eine potenziell fatale Situation ging glimpflich aus.“
Folgendes lässt sich kurz festhalten:
- Die Situation beim Anflug schien völlig normal zu sein, nichts deutete auf ein außergewöhnliches Ereignis hin,
- Mit den Sinnesorganen konnte die von hinten sich ergebende Gefahr nicht erkannt werden.
Die innere Stimme als Vorsehung
Am 28. August 1988 ereignete sich auf der Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz während einer militärischen Flugschau, deren Besucherzahl auf mehr als 300 000 geschätzt wurde, ein tragisches Unglück. Nach einer Kollision in der Luft stürzten drei Kunstflug-Maschinen über der Air Base ab. Eines der Flugzeuge rutschte brennend ins Publikum. Nach offiziellen Angaben forderte das Unglück 70 Todesopfer und etwa 1000 Verletzte. Bis heute zählt es zu den folgenschwersten Katastrophen dieser Art weltweit.
In einem Artikel der Zeitung „Die Rheinpfalz“ zum Gedenken an den 30. Jahrestag der Katastrophe kam auch Klaus Hellriegel zu Wort, der an diesem Tag entgegen seiner Gewohnheit diese Veranstaltung nicht besuchte. Er erzählte aus seiner Erinnerung:
„Als begeisterter Modellflieger haben mich Flugzeuge schon immer fasziniert, so dass ich bei fast jeder Air-Show in Ramstein mit meiner Familie zugegen war. An diesem verhängnisvollen 28. August 1988 wollte aber meine Frau lieber auf ein gleichzeitig stattfindendes Feuerwehrfest gehen und hat mir den Vorschlag gemacht, dass ich diesmal alleine nach Ramstein fahren sollte. Doch eine innere Stimme hat mir gesagt, geh mit deiner Familie zu dem Feuerwehrfest, denn ein Flugtagsfest gibt es immer wieder. Durch diesen Entschluss ist meiner Familie wahrscheinlich viel Elend erspart geblieben und ich habe vermutlich meinen zweiten Geburtstag erlebt. Denn in diesem Bereich, wo sich die Katastrophe abgespielt hat, war ursprünglich immer mein Standplatz.“
Die kurze Schilderung lässt vermuten, dass nichts auf eine Gefahr hindeutete. Das Hören auf die innere Stimme, deren Intensität sich aus dem Artikel nicht erschließen lässt, bewahrte vor dem Unglück und einem möglichen frühzeitigen Tod.
An der kurzen Schilderung ist Folgendes bemerkenswert:
- Die Intensität der inneren Stimme lässt sich aus dem Artikel nicht erschließen,
- Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen in Ramstein scheinen durchwegs positiv gewesen zu sein und boten keinen Anhaltspunkt, auf den Besuch in Ramstein diesmal zu verzichten.
Die übersteuerte innere Stimme
Im Buch „Zeichen des Himmels“ wird eine Begebenheit aus dem Leben des Immobilienmaklers Franz R. geschildert (S. 129 ff.). Diesem war es gelungen, eine wunderschöne, allerdings renovierungsbedürftige Villa in einem Laubwald mit einem uralten Baumbestand zu erwerben. Nun wollte er sein „Reich“ vom Balkon aus überschauen.
„Doch was war das? Er spürte eine innere Stimme, Sie sagte ihm, dass er von diesem Balkon wegbleiben solle. Das kümmerte ihn aber nicht. Vielmehr ging er ins zweite Stockwerk und von dort aus durch einen sehr großen Rum in Richtung auf die hohe und breite Balkontür zu. Der Balkon befand sich wegen der hohen Räume und durch das voll ausgebaute Erdgeschoß in einer Höhe von etwa acht Metern über der gepflasterten Terrasse vor der Villa.
Das vernahm er wieder diese innere Stimme, die nun noch viel intensiver warnte und ihn drängte, nur ja nicht diesen Balkon zu betreten. Franz R. hielt zunächst kurz inne, wie um zu überlegen, ob er tatsächlich vom Balkon wegbleiben sollte. Doch da spürte er eine umso größere Neugier. Ihn reizte ganz besonders der Blick vom Balkon auf die Waldwiese und die uralten Bäume. Welch eine wunderschöne Aussicht! Und dies gehörte nun alles ihm, dem erfolgreichen Immobilienkaufmann Franz R.
Als er die große Balkontür öffnete, hämmerte ihm die innere Stimme mit kaum zu überbietender Intensität ein, nur ja nicht nach draußen auf den Balkon zu gehen. Doch beachtete er sie nicht und trat auf den Boden des ausladenden Anbaus des Hauses.
Gerade wollte er beim wunderschönen Blick nach draußen in Jubel ausbrechen. Doch da hörte er, wie es zu seinen Füßen knackte und krachte: Der Balkonboden hielt seinem Körpergewicht nicht stand und gab nach. Und ehe Franz R. noch richtig begriff, was jetzt wohl passierte, stürzte der Balkon schon nach unten und riss den neuen Hausbesitzer mit. […] Der schwerverletzte Verunglückte wurde zunächst notärztlich behandelt und dann unverzüglich ins Krankenhaus gebracht. Er war bewusstlos und wurde im Krankenhaus einer speziellen Intensivbehandlung unterzogen, um sein Leben zu retten.
Nachdem er [nach einigen Tagen, Anm. des Autors] aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht war, kam er seiner Frau irgendwie verändert vor. […] Schließlich berichtete er ihr, was er seit dem Absturz erlebt hatte:
»Das hältst du nicht für möglich, Wilma, was ich erlebt habe.«
»Meinst du den Absturz? Das habe ich ja gesehen und sofort den Rettungswagen gerufen.«
»Ja, ich danke dir dafür. Aber das meine ich nicht. Den Sturz mit dem Balkon habe ich kaum richtig wahrgenommen. Da schlug ich auch schon unten auf und verlor sofort das Bewusstsein.«
»Was hast du denn dann erlebt?«
»Ich hatte ein ganz merkwürdiges Gespräch mit einem Unbekannten. Das war jemand, der sich als mein ständiger Begleiter vorstellte.«
»Könnte das ein Geist oder so etwas wie ein Engel gewesen sein?«
»Ja, ich glaube, so kann man meinen Gesprächspartner bezeichnen.«
»Und was habt ihr miteinander gesprochen?«
»Das ist höchst eigentümlich. Aber immerhin. Er sagte mir, er fände es nicht gut, dass ich auf seinen Rat nicht gehört hätte.«
»Wieso? Hat er dir denn einen Rat gegeben?«
»Ja – in Form der inneren Stimme. Das sagte er mir auch.«
»Und was hat er alles gesagt?«
»Also da war ich unglaublich überrascht und bin es auch jetzt noch. Denn dieser Unbekannte wusste einfach alles über mich, sogar Einzelheiten aus meiner Vergangenheit, die ich längst schon vergessen hatte. Er ermahnte mich auch, bei den Vermittlungsgeschäften keine überhöhten Preise zu fordern.«
Das Gespräch zwischen Franz und Wilma R. setzt sich noch fort. Schließlich äußert Wilma R: »Aber ich hätte nie gedacht, dass es so etwas wie Engel gibt.«
»Doch, die gibt es tatsächlich. Ich habe es ja selbst erlebt. Das habe ich früher auch nicht für möglich gehalten. Inzwischen bin ich aber eines Besseren belehrt worden.«
Von dieser eigentümlichen Schilderung lässt sich Folgendes festhalten:
- Bei dem Warnenden handelte es sich offensichtlich um ein Geistwesen, da Franz R. vor seinem Absturz außer seiner Frau niemand in seiner Nähe wahrnahm,
- Das Geistwesen rief ihn nicht mit akustisch hörbarer Stimme an, sondern wählte seine innere Stimme als vehemente innere Eingebung,
- Das Geistwesen gab sich als ständiger Begleiter aus,
- Die innere Stimme meldete sich mehrmals, wobei deren Intensität immer mehr zunahm,
- Franz R. konnte nach seinem freien Willen handeln, war nicht gezwungen, der inneren Stimme zu folgen,
- Das Überhören der inneren Stimme führte zu unangenehmen Folgen,
- Das Geistwesen hatte der Schilderung zufolge tiefen Einblick in das Leben von Franz R.
Folgerungen
Die innere Stimme erwies sich in allen kurz geschilderten Fällen nicht als subjektiv erlebte Halluzination. Die Folgen des Beachtens bzw. Nichtbeachtens der inneren Stimme waren objektiv wahrnehmbar. Jeder der Betroffenen konnte für sich die Konsequenzen des Hörens bzw. Nichthörens auf die innere Stimme direkt und zweifelsfrei erkennen.
Aus der Schilderung des Sturzes vom Balkon geht explizit hervor, dass dem Hören der Stimme eine unbestimmte Zeit später eine „Unterhaltung“ mit einem Geistwesen folgte, aus dem der Betroffene weitere Informationen gewinnen konnte. Die innere Stimme war nach seiner Erkenntnis in Wirklichkeit die Stimme eines Geistwesens, das ihn zu seinem Schutz vor der immanenten Gefahr warnen wollte. Es war wohl nicht das Unterbewusstsein von Franz R., das ihm die Gefahr signalisierte, denn es hatte keine einschlägigen Vorerfahrungen aus seiner eigenen Vergangenheit. Es hätte sich nur auf die allgemeine Erfahrung, dass ein Balkon abstürzen kann, stützen können
Wenn es zutrifft, dass sich in der inneren Stimme eine Eingebung durch eine externe Instanz ausdrückt – in den anderen Schilderungen war von einer derartigen Instanz (z. B. Geistwesen) nicht explizit die Rede – stellt sich dir Frage, wie die Kommunikation zwischen Mensch und externer Instanz möglich sein könnte.
Rein technisch betrachtet wird, wie bereits in anderem Zusammenhang angesprochen, auf der Empfängerseite die Fähigkeit benötigt, übertragene Nachrichten zu verstehen. Der Empfänger muss jedoch zunächst in der Lage sein, zu erkennen, wann eine Nachricht eintrifft. Mit anderen Worten: er muss empfangsbereit sein. Bildlich gesprochen muss ein Empfangsgerät nicht nur eingeschaltet sein, sondern es muss auch auf die Frequenz, auf der Nachrichten gesendet werden, eingestellt sein. Ein praktisches Beispiel ist die Kommunikation zwischen Pilot und Lotse im Tower. Sobald eine Nachricht gesendet wird, muss der Empfänger deren Beginn erkennen und dann die Nachricht interpretieren.
In weiterer Konsequenz lässt sich folgern, dass die „Frequenz“, auf der sich eine externe Instanz in Form einer Eingebung bemerkbar macht, bereits von Geburt an im Gehirn des Menschen fest „verdrahtet“ sein muss. Aus den vorhergehenden Schilderungen geht nicht hervor, dass das Hören auf die innere Stimme irgendwann im Lauf des Lebens gewissermaßen erlernt wurde. Davon abgesehen gibt es auch keinerlei Verzeichnis, aus dem sich die „Frequenzen“ externer Instanzen erschließen ließen.
Im Teil „Queranalyse“ wird auf die Frage, wie die Kommunikation zwischen Mensch und externer Instanz möglich sein könnte, näher eingegangen.