- Gesunde Selbstwertschätzung – der Weg zum Ziel
- Das Fundament gesunder Selbstwertschätzung – Würde
- Das Fundament gesunder Selbstwertschätzung – Wertigkeit
- Fähigkeiten und Kompetenzen bewusst machen
- Einstellungen und Verhalten ändern – es lohnt sich
- Glaubenssätze ausmisten – Ballast abwerfenLesezeit: 9 Min.
- Aufhören zu vergleichen – sich nicht selbst klein machen
- Zwischen Person und Sache unterscheiden
- Unvollkommenheit akzeptieren – authentischer werden
- Freundschaft mit sich selbst pflegen – das Leben bereichern
- Beziehungen und Kontakte auf den Prüfstand stellen
- Erfolge feiern, zelebrieren – gerne auch mit anderen
- Dranbleiben und den Lohn sehen und erleben
Glaubenssätze ausmisten ist eine wichtige Aktivität auf dem Weg zur gesunden Selbstwertschätzung, für ein gesundes Selbstwertgefühl. Doch was ist damit gemeint?
Inhalte:
Was sind Glaubenssätze?
Glaubenssätze sind tiefsitzende Annahmen oder Überzeugungen, wie die Welt ist, wie sich Dinge zueinander verhalten oder sind auf Menschen bezogen. Sie befassen sich damit, was eine Person kann, darf, soll oder nicht kann, darf oder soll, und beschreiben Einstellungen und Verhaltensweisen, die als notwendig, akzeptabel, falsch, richtig usw. angesehen werden.
Beispiele von Glaubenssätzen sind:
- „Ohne Fleiß kein Preis“,
- „Nur wer leistet, wird geliebt“,
- „Im Leben wird einem nichts geschenkt“,
- „Nur wenn ich es anderen recht mache, bekomme ich Anerkennung“,
- „Ich werde nur geliebt, wenn ich tue, was man mir sagt“,
- „Man kann niemandem trauen“.
Glaubenssätze werden schon sehr früh im Leben von besonders nahestehenden Bezugspersonen an- und aufgenommen. In erster Linie sind es die Eltern, Großeltern, aber auch ältere Geschwister.
In den ersten Lebensjahren ist ein Kind noch nicht in der Lage, solche Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen. Sie werden unreflektiert als „wahr“ erachtet und akzeptiert. Die nahestehenden Bezugspersonen haben diese Glaubenssätze schließlich in ihr Leben integriert, leben ihre Glaubenssätze aus.
Die in der Kindheit auf- und angenommenen Glaubenssätze bestimmen ganz wesentlich darüber mit, wie wir die Welt sehen und unser Umfeld bewerten. Doch längst nicht alle Glaubenssätze fördern uns in unserer Entwicklung und bringen uns weiter. Ganz im Gegenteil: Viele Glaubenssätze hindern dabei, die eigenen Potenziale zu entfalten und zur Wirkung zu bringen. Sie sind toxisch, d. h. schädlich, und können das Leben über viele Jahre hinweg sehr beschweren und erschweren. Die bereits genannten Beispiele zählen zur Kategorie der toxischen Glaubenssätze.
Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, toxischen Glaubenssätzen auf die Spur zu kommen und sie zu enttarnen. Und dann heißt es: Glaubenssätze ausmisten, und zwar gründlich!
Wie kann man toxische Glaubenssätze erkennen?
Glaubenssätze tragen keine Etiketten, sind nicht ohne Weiteres und sofort erkennbar. Schließlich sind unsere Glaubenssätze tief in unseren Denkweisen verankert. In der Kindheit war es schließlich normal, so zu denken.
Gefühle und Bedürfnisse geben Hinweise auf sowohl positive und „gesunde“ als auch toxische Glaubenssätze. Die Antworten auf die Fragen „Wie fühle ich mich in dieser Situation?“ und „Welche Bedürfnisse habe ich in dieser Situation?“ führen oft auf eine Spur. Diese Spur wird klarer und ein Muster lässt sich erkennen, je öfter bestimmte gleichartige Gefühle und Bedürfnisse in gleich oder ähnlich gelagerten Situationen wahrgenommen werden.
Sven (Name geändert), als Beispiel, ist so gut wie immer innerlich angespannt, ja sogar gestresst, wenn seine Frau und er Besuch bekommen. Er fühlt sich nicht wirklich wohl. Es ginge ihm gut, wenn er wüsste, dass er den Erwartungen der Gäste genügt und dass sie sich auch wohlfühlen (und dadurch ihre Anerkennung zeigen). Doch da ist die ständige Unsicherheit, dass die Gäste in irgendeiner Hinsicht enttäuscht sein könnten. Deshalb kann er die gemeinsame Zeit nicht wirklich genießen.
Svens Gefühle und Bedürfnisse sind der Ansatzpunkt, um einen treffenden Glaubenssatz daraus abzuleiten, wie es ihm in einer derartigen Situation geht. Ein erster Versuch führt zu folgender Formulierung: „Nur wenn ich die Erwartungen anderer erfülle, geht es mir gut und mein Bedürfnis, anerkannt zu sein, ist befriedigt“.
Im nächsten Schritt liefern aus der Kindheit bekannte Muster weitere Hinweise. In der Tat kann Sven ein Muster entdecken, das zu seinem Glaubenssatz passt. In einer Kindheit machte Sven immer wieder die Erfahrung, dass sein Vater nur dann mit ihm zufrieden war, wenn er die erwartete Leistung erbrachte. „Nur wer leistet, kann Anerkennung erwarten“ – so ließe sich seine Kindheitserfahrung kurz zusammenfassen.
Wenn ein Glaubenssatz formuliert ist, muss er bewertet werden. Stimmt das, was der Glaubenssatz ausdrückt, und entspricht das auch der Wahrheit? Ist dies nicht der Fall, ist er schädlich.
Es verwundert nicht, dass im Lauf des Lebens viele toxische Glaubenssätze erkannt werden können. Jeder einzelne erkannte Glaubenssatz verlangt eine Aktion.
Wie werden die Auswirkungen eines toxischen Glaubenssatzes bewusst?
Wenn ein toxischer Glaubenssatz erkannt ist, muss dies zwingend zu einer Konsequenz führen: der Glaubenssatz muss ganz bewusst und so schnell wie möglich aufgegeben werden. Dabei ist hilfreich, sich die Konsequenzen des erkannten toxischen Glaubenssatzes vor Augen zu führen. Dadurch entsteht auch die starke Motivation, sich keinesfalls mehr mit ihm zu arrangieren und sein Sklave sein zu wollen.
Um die schädliche Wirkung eines Glaubenssatzes wirklich in allen ihren Dimensionen ermessen zu können und sich diese Wirkung bewusst zu machen, hilft eine nüchterne Beschreibung. Der Glaubenssatz „Nur wer leistet, wird geliebt“, als Beispiel, führt zu folgenden Konsequenzen:
- Liebe ist Lohn,
- Liebe muss verdient werden,
- Liebe „einfach so“ als Basis einer Beziehung ist nicht denkbar,
- Liebe ist mit Materialismus verknüpft,
- Wer aufgrund von Krankheit oder Behinderung nichts leisten kann, hat keine Chance auf Liebe,
- Liebe ist zeitlich bedingt. Babys und Greise, die nichts (mehr) leisten, werden nicht geliebt,
- Kranke, sofern sie nichts leisten können, ob kurz- oder längerfristig krank, werden nicht geliebt.
Im Ergebnis bezeichnet somit der Glaubenssatz „Nur wer leistet, wird geliebt“ im Grunde eine menschenverachtende Einstellung. Der Mensch ordnet sich Leistung unter, liefert sich selbst einem Zerrbild von Liebe aus und schätzt letztlich seine Würde gering. Die Selbstwertschätzung leidet.
Kann man toxische Glaubenssätze loswerden?
Unwillkürlich stellt sich die Frage: „Kann es wirklich gelingen, toxische Glaubenssätze loszuwerden?“. Schließlich haben sich diese Gedanken oft über viele Jahre hinweg gewissermaßen ins Gehirn „eingebrannt“. Die Antwort darauf ist ein klares und eindeutiges „ja“!
„Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht.“
Marc Aurel
Schon der römische Kaiser und Philosoph Marc Aurel (121-180 n. Chr.) drückte es recht anschaulich aus: „Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht.“ Das Zitat wird gelegentlich auch etwas abgewandelt wiedergegeben: „Unser Leben ist was unsere Gedanken daraus machen“ oder auch „Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken“. Die Hirnforschung bestätigt diese Aussagen. Das Gehirn ist keine fest verdrahtete „Maschine“. Auch Intelligenz ist nicht für das Leben festgelegt. Sie kann gesteigert werden, andererseits aber auch nachlassen, wenn man nicht für sich sorgt.
Die Konsequenzen sind weitreichend. In der Ich-Form formuliert, bedeutet dies:
- Ich kann nicht kontrollieren, was in meinem Leben geschieht, aber ich kann durch mein Denken meine Reaktion auf Ereignisse und Umstände kontrollieren,
- Wenn ich denke entstehen Gedanken, und damit beeinflusse ich im Endeffekt meine Gene,
- Ich kann mein Denken aus einer Perspektive gewissermaßen außerhalb von mir selbst beobachten, und ich kann es verändern,
- Ich kann toxische Gedanken durch positive und gesunde Gedanken ersetzen,
- Ich kann Chaos in meinen Gedanken unter Kontrolle bekommen.
Im Endeffekt kann es gelingen, sich von toxischen Glaubenssätzen zu lösen. Allerdings sind Initiative und Konsequenz gefordert.
Wie wird man toxische Glaubenssätze los?
Bejaht man wissenschaftliche Erkenntnisse, dass man – vereinfacht ausgedrückt – durch sein Denken sein Gehirn verändern kann, nur eher verstandesmäßig und beiläufig? Ist dies der Fall, wird man stets unsicher sein, ob man tatsächlich etwas verändern kann.
Ist man jedoch zutiefst davon überzeugt, dass man durch eine Veränderung des Denkens mit Sicherheit etwas bewirken kann, stellt sich lediglich noch die Frage nach dem „wie“ – wie man toxische Glaubenssätze loswerden kann. Mit dem „ob“ beschäftigt man sich nicht mehr.
Eine zielführende Methode besteht darin, für jeden toxischen Glaubenssatz eine Alternative zu finden. Für den toxischen Glaubenssatz „Nur wer leistet, wird geliebt“ lässt sich beispielsweise der folgende alternative und gesunde Glaubenssatz formulieren: „Ich bin ganz grundsätzlich liebenswürdig, völlig unabhängig von dem, was ich leiste“. Der toxische Glaubenssatz „Im Leben wird einem nichts geschenkt“ lässt sich ersetzen durch: „Mir wurde und wird im Leben viel geschenkt, worauf ich keinerlei Anspruch habe, und dafür bin ich überaus dankbar“.
Auch jeder positive, gesunde Glaubenssatz verlangt eine vollinhaltliche Zustimmung, gewissermaßen eine Zustimmung „mit dem Herzen“. Eine rein verstandesmäßige Zustimmung genügt nicht!
Ein positiver Glaubenssatz verlangt eine regelmäßige Wiederholung. Die Gleise der toxischen Glaubenssätze, die sich, bildlich ausgedrückt, in das Gehirn eingegraben haben, können sehr tief sein. Deshalb verwundert nicht, dass man sich die neuen Glaubenssätze immer wieder bewusst machen muss. Im Lauf der Zeit werden so alte toxische Glaubenssätze durch neue gesunde Glaubenssätze ersetzt.
Es erweist sich als hilfreich, eine tägliche Routine zu entwickeln, die die Aufmerksamkeit immer wieder auf die neuen Glaubenssätze lenkt. Eine Möglichkeit besteht darin, jeden neuen Glaubenssatz auf einen Zettel zu schreiben und diesen gut sichtbar an einem während des Tages immer wieder aufgesuchten Ort oder Gegenstand zu befestigen. Als ebenfalls hilfreich erweist es sich, sich seine neuen Glaubenssätze mindestens dreimal täglich selbst vorzulesen. Und auch das Wiederholen aus dem Gedächtnis vor dem Einschlafen unterstützt den Prozess des Ersetzens von Glaubenssätzen.
Wie lange wird es dauern?
Wenn man die Erwartung hegt, schon nach einer Woche konkrete Erfolge wahrnehmen zu können, wird man mit ziemlicher Sicherheit enttäuscht. Was sich in Jahren und vielleicht sogar mehreren Jahrzehnten gewissermaßen in das Gehirn „eingebrannt“ hat, lässt sich nicht innerhalb von Tagen rückgängig machen.
Zeit und Geduld, ein langer Atem, sind erforderlich. Von Vornherein sollte man sich keinesfalls unter Druck setzen und eher an einen Marathon denken. Doch die Ausdauer wird belohnt. Es kann gelingen – dies ist sicher -, denn jeder Mensch kann durch sein Denken selbst steuern, wie sich sein Gehirn verändert.
Mit neuen, gesunden Glaubenssätzen gewinnt das Leben an Qualität. Toxische Glaubenssätze, die das Leben beschweren, werden, bildlich ausgedrückt, als hinderlicher Ballast abgeworfen. Man entlastet sein Leben.
Weiterführende Fragen
- Habe ich schon überlegt, welche Glaubenssätze es in meinem Leben gibt, die mein Sein und Handeln prägen?
- Falls ja, welche Glaubenssätze wirken negativ auf meine Selbstwertschätzung?
- Wann möchte ich mich daranmachen, bei meinen Glaubenssätzen konsequent auszumisten?