Lässt sich die Existenz Gottes beweisen?Lesezeit: 10 Min.

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Lässt sich die Existenz Gottes beweisen, am besten nach wissenschaftlich fundierten Kriterien? Durchaus nicht wenigen Menschen sind Transzendenzerfahrungen nicht fremd. Manche machten sogar Gotteserfahrungen. Können derartige Erfahrungen als Beweis für die Existenz Gottes gelten?

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Was geschieht mit mir wenn ich sterbe - Gestaltung: privat

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
Grobes Inhaltsverzeichnis

Als Gotteserfahrung werden Erfahrungen bezeichnet, die als Wirken eines Gottes bzw. einer Gottheit und im Seinszustand einer göttlichen Wirklichkeit wahrgenommen werden. Zahlreiche Menschen, die eine Transzendenzerfahrung erlebten, berichteten von Gotteserfahrungen, die den Charakter von Begegnungen mit Gott hatten.

Fast immer ist es die Nahtoderfahrung, während der ein Mensch eine Gotteserfahrung erlebt. Im Verlauf der außerkörperlichen Erfahrung kann der Erlebende in einen unirdischen Existenzraum gelangen und begegnet dort möglicherweise Geistwesen im weitesten Sinne (Gott, Engel, Verstorbene). Als Wirkung von Wiederbelebungsmaßnahmen erfolgt schließlich eine Rückkehr in den physischen Körper. Da die Erinnerung an das während der Nahtoderfahrung Erlebte bleibt, kann das Erlebte auch wiedergegeben werden.

Bei Sterbebettvisionen erleben Menschen, die zeitlich relativ kurz vor ihrem physischen Tod stehen, Begegnungen mit bereits Verstorbenen, zu denen bereits zu deren Lebzeiten eine positive emotionale Beziehung bestand. Begegnungen mit Geistwesen (z. B. Engel) sind seltener. Direkte Begegnungen mit Gott bzw. einer Gottheit wurden bisher kaum berichtet. Die in der Vision gesehenen Verstorbenen oder Geistwesen geleiten den Sterbenden gewissermaßen über die „Schwelle“ in das Jenseits.

Bei Nachtodkontakten handelt es sich per definitionem um Begegnungen mit bereits Verstorbenen. Verstorbene nehmen Kontakt auf, oft mit der Absicht verbunden, Hinterbliebenen mitzuteilen, dass es ihnen gutgeht, und sie dadurch zu trösten.

Bei von autochthonen (im extrauniversalen Existenzraum einheimischen) Geistwesen initiierten Kontakten gelten Begegnungen mit Gott oder einer Gottheit als seltenes Ereignis. Eine derartige außergewöhnliche Gotteserfahrung wird im Neuen Testament der Bibel berichtet (Apostelgeschichte, Kap. 9), als Saulus (der spätere Paulus) eine lebensverändernde Begegnung mit Jesus Christus erlebte.

Gottesvorstellungen in den monotheistischen Offenbarungsreligionen

Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich die monotheistischen Erfahrungsreligionen (Judentum, Christentum, Islam) im Hinblick darauf, welche Geistwesen als Gott angesehen werden. Während Judentum und Islam Jesus Christus nicht als Gott anerkennen, gilt Jesus Christus im Christentum als Gottes Sohn zusammen mit dem Heiligen Geist als eine der drei Personen der göttlichen Dreieinheit. Die Gottesvorstellungen schließen sich gegenseitig aus. Entweder ist Jesus Christus Gott oder er ist es nicht.

Allen monotheistischen Erfahrungsreligionen gemein ist die Personalität Gottes, d. h. Gott ist eine Person. Im Judentum ist Gott eine Person. Ebenso ist im Islam Allah eine Person. Wenn Gott im Judentum eine Person ist, muss dies zwingend auch für das Christentum zutreffen. Folglich sind im Christentum auch Jesus Christus und der Heilige Geist Personen.

Erlebte Erfahrungen im Vergleich mit Gottesvorstellungen

Um mehr Klarheit zu gewinnen, welche Gottesvorstellung zutrifft, erscheint es hilfreich, geschilderte Nahtoderfahrungen daraufhin auszuwerten, ob Gotteserfahrungen erlebt wurden. Ist dies der Fall, stellt sich die Frage, wie diese Gotteserfahrungen erlebt wurden, und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen.

Im Idealfall sind die Schilderungen aller Nahtoderfahrungen hinsichtlich der Eigenschaften und des Verhaltens Gottes, wie im Schrifttum der Offenbarungsreligionen dargelegt, klar und eindeutig. Das während einer Nahtoderfahrung Erlebte lässt sich vollständig und widerspruchsfrei mit dem Schrifttum einer der monotheistischen Offenbarungsreligionen zur Deckung bringen.

Ist der Idealfall gegeben, hat dies zur Folge, dass sich eine der monotheistischen Erfahrungsreligionen mit ihrer Gottesvorstellung als bestätigt herausstellt. Allen anderen Religionen ist in der Konsequenz die Grundlage entzogen. Die Aussagen in ihrem Schrifttum sind eindeutig falsifiziert.

Sind die Schilderungen jedoch nicht klar und eindeutig, sind drei Gründe denkbar:

  • Gotteserfahrungen der Erlebenden sind durch ihre jeweiligen individuellen Vorstellungen und Überzeugungen beeinflusst (z. B. Atheismus, Agnostizismus, kulturelle Prägungen),
  • Die im Schrifttum der Offenbarungsreligionen dargelegten Gottescharakterisierungen sind unzutreffend,
  • Im Schrifttum dargelegte Gottescharakterisierungen decken für Menschen verständliche, jedoch nicht alle Manifestationspotenziale ab.

Sollten sich die im Schrifttum der monotheistischen Offenbarungsreligionen entfalteten Gottescharakterisierungen nicht mit erlebten Nahtoderfahrungen zur Deckung bringen lassen, wäre Gott alternativ als impersonale Energie denkbar. Dann allerdings wäre jedoch u. a. völlig unverständlich, wie Gott den Menschen als sein Ebenbild erschaffen haben könnte (siehe Altes Testament, Genesis 1, 26+27). In der Konsequenz wäre Judentum und Christentum der Boden entzogen. Grundlegende Aussagen der Bibel – nicht nur an dieser Stelle – wären nicht nur als unzutreffend und falsifiziert, sondern sogar als irreführend erwiesen.

Die Vorstellung Gottes als eine Art personale Energie wäre durchaus mit dem Schrifttum der Offenbarungsreligionen vereinbar. Einem omnipotenten Gott ist u. a. durchaus die Fähigkeit zuzuschreiben, sich nach seinem Willen jederzeit zu wandeln, beispielsweise von Energie in Materie und umgekehrt. Eine der möglichen Manifestationen wäre Licht. Das individuelle Selbst Gottes bliebe stets erhalten.

Schließlich ist zu erwarten, dass sich aus den Nahtoderfahrungen Klarheit hinsichtlich des Reinkarnationskonzepts ergibt. Drei Möglichkeiten sind denkbar:

  • Reinkarnation ist ausgeschlossen, d. h. alle Individuen setzen ihre Existenz nach dem Übergang in den extrauniversalen Existenzraum fort und reinkarnieren sich nicht,
  • Reinkarnation ist der Normalfall, d. h. jedes Individuum ist so lange der Reinkarnation unterworfen, bis es eine Art „Vollkommenheit“ erreicht hat und den zyklischen Reinkarnationsprozess beendet,
  • Reinkarnation ist optional, wobei die Entscheidung, ob und wann eine Reinkarnation erfolgen soll, entweder vom Individuum selbst oder von einer anderen Instanz getroffen wird.

Erkenntnisse aus Untersuchungen und Auswertungen

Die Datenbank der „Near Death Experience Research Foundation“ (NDERF.org) enthält nach Stand vom März 2023 über 4 600 Einträge. Die Einträge entsprechen eingegangenen ausgefüllten Fragebögen von Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebten oder zumindest der Ansicht waren, eine solche erlebt zu haben. Die Fragebogen enthalten sowohl geschlossene Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten als auch offene Fragen, deren Antworten frei formuliert werden können.

Eine Auswertung der Einträge muss unvoreingenommen erfolgen. Bestehende Vorprägungen sowie Glaubensvorstellungen und ‑überzeugungen des Auswertenden müssen unberücksichtigt bleiben und dürfen die Auswertung nicht beeinflussen.

Die von Jeffrey Long in „Neue Beweise für ein Leben nach dem Tod“ auf Basis von Nahtoderfahrungen durchgeführte Untersuchung berücksichtigte insgesamt 420 Fragebögen, die zwischen dem 11. November 2011 und dem 7. November 2014 auf der NDERF.org-Website eingestellt wurden.

Die Frage der Existenz Gottes

Die geschlossene Frage: „Haben Sie während Ihrer Erfahrung irgendwelche spezifischen Erkenntnisse oder Einsichten erlangt, ob Gott oder ein höchstes Wesen existiert bzw. nicht existiert?“ wurde durchaus nicht eindeutig beantwortet (S. 55). Mit „Ja“ im Sinne von „Gott bzw. ein höchstes Wesen existiert“ antworteten 191 Personen (45,5 %), mit „Nein“ 167 Personen (39,8 %) und mit „Weiß nicht“ 62 Personen (14,8 %).

Falls Gott existiert, stellt sich die Frage, ob jede Nahtoderfahrung zwingend mit einer Gotteswahrnehmung verbunden ist. Wird eine Gotteswahrnehmung vorausgesetzt, ist die Anzahl der „Ja“-Antworten als gering einzustufen. Wird sie nicht vorausgesetzt, hat der Anteil der „Ja“-Antworten eine geringe Aussagekraft. In diesem Fall würde lediglich der Anteil der Personen widergespiegelt, die mehr oder weniger „zufällig“ eine Begegnung mit Gott erlebten. Da sich die Antwort auf die Frage, ob jede Nahtoderfahrung zwingend eine Gotteswahrnehmung einschließt, aus dem Diesseits heraus nicht zuverlässig beantworten lässt, kann das Spektrum der Antworten lediglich einen groben Anhaltspunkt bieten.

Allerdings ergibt sich durchaus ein starkes Indiz für die Existenz Gottes. Immerhin gab die relative Mehrheit an, eine Gotteswahrnehmung erlebt zu haben. Diese Wahrnehmung infrage zu stellen hätte die Behauptung zur Konsequenz, dass sich ausnahmslos alle Personen mit einer derartigen Wahrnehmung getäuscht haben müssen.

Ein weiteres Indiz für die Existenz Gottes bzw. eines höchsten Wesens ergibt sich aus einem Vorher-Nachher-Vergleich (d. h. vor und nach der Nahtoderfahrung (NTE)) hinsichtlich der Überzeugung, ob Gott existiert oder nicht. Aus der Untersuchung von Jeffrey Long lässt sich Folgendes entnehmen (siehe S. 58):

AussageVor NTENach NTE
Gott existiert mit Sicherheit164 (39,0 %)305 (72,6 %)
Gott existiert wahrscheinlich105 (25,0 %)39 (9,3 %)
Unsicher, ob Gott existiert68 (16,2 %)24 (5,7 %)
Gott existiert wahrscheinlich nicht23 (5,5 %)12 (2,9 %)
Gott existiert nicht21 (5,0 %)12 (2,9 %)
Weiß nicht39 (9,3 %)28 (6,7 %)

Der Anteil der Personen, die nach ihrer Nahtoderfahrung von der Existenz Gottes überzeugt waren, stieg signifikant an. Da Nahtoderfahrungen gewöhnlich als sehr eindrücklich und real erlebt werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Überzeugungen fundiert sind. Davon abgesehen flossen die Erfahrungsberichte im Durchschnitt erst 22 Jahre nach der jeweiligen Nahtoderfahrung in die Datenbank ein. Die Überzeugungen blieben somit über den jeweiligen Zeitraum zwischen Erfahrung und Erfassung in der Datenbank hinweg bestehen.

Hinsichtlich der Wahrnehmung Gottes, ob als Person, Energie oder in irgendeiner anderen Form, gibt die Untersuchung von Jeffrey Long keinen Aufschluss. Eine kursorische Auswertung der Datenbank (Stand März 2023, über 4 600 Einträge) zeigt ein differenziertes Bild. Manche Personen nahmen Gott oder Jesus Christus als Person wahr, andere wiederum erlebten Gott als Energie, als Licht. Wiederum andere hatten keine direkte Wahrnehmung von Gott, empfanden aber die Gewissheit seiner Existenz.

In rund einem Viertel der Datenbankeinträge wird Gott explizit benannt, in rund 10 % Jesus Christus. Gott und/oder Jesus Christus werden in rund 30 % der Einträge explizit benannt. Der Begriff „Allah“ kommt nur in 15 Einträgen vor. Da die Datenbank ausschließlich englischsprachige Einträge enthält, ist dies nicht weiter verwunderlich. Es lässt sich nicht erschließen, ob Gott und Allah semantisch identisch sind oder nicht. Ein Moslem wird Gott als Allah bezeichnen. Es ist durchaus möglich, dass semantische Identität gegeben ist.

Die prozentualen Anteile sind mit einer gewissen Zurückhaltung zu betrachten. Dass beispielsweise eine Person in ihrer jeweiligen Schilderung keine Gotteserfahrung angab, bedeutet nicht, dass eine derartige Erfahrung nicht erlebt wurde. Da in diesem Fall eine Gotteserfahrung weder explizit benannt noch explizit verneint wurde, lautet die logische Folgerung: „unbekannt“. Von einer im Ausmaß unbekannten Unschärfe ist deshalb bei prozentualen Anteilen stets auszugehen.

Der Detaillierungsgrad der Schilderungen in der Datenbank ist sehr heterogen. Manche Schilderungen sind relativ kurzgehalten, andere wiederum sehr ausführlich. Einige wenige der ausführlichen Schilderungen enthalten auch Hinweise auf Einblicke in die Zukunft, teilweise von Gott gewährt.

Die Frage der Aussagekraft

In der Gesamtschau wäre es vermessen, eine Exaktheit vorzutäuschen, die in Wirklichkeit nicht gegeben sein kann. Im Verhältnis zu den bisher weltweit erlebten Nahtoderfahrungen erscheint die Anzahl der Datenbankeinträge als gering. Dennoch ergibt sich eine gewisse Aussagekraft. Wenn die Einträge als Stichprobe betrachtet werden, reichen bereits tausend Einträge aus, um von einer gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit sprechen zu können. Es müssen bei weitem nicht alle Personen befragt werden, die eine Nahtoderfahrung erlebten.

Bei Wahlumfragen, als Beispiel, wird nicht die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung befragt, um zu einer Wahlprognose zu gelangen. Vielmehr werden meistens nur tausend nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Wahlberechtigte nach ihrer Wahlabsicht befragt. Dennoch kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % das voraussichtliche Wahlergebnis mit einer Abweichung von +/- 3 % prognostiziert werden.

Obwohl ein Vergleich mit Wahlumfragen hinkt, lassen sich dennoch gewisse Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Ansatzes und Vorgehens festhalten. Die Berichte wurden im Verlauf mehrerer Jahre in die Datenbank eingetragen. Die Reihenfolge der Einträge erfolgte nicht gesteuert. Daraus ergibt sich im übertragenen Sinne eine Auswahl nach dem Zufallsprinzip.

Die Untersuchung Jeffrey Longs umfasste lediglich besagte 420 Fragebögen. Dennoch beträgt die Fehlerspanne rechnerisch lediglich etwa 5 %, d. h. das Untersuchungsergebnis trifft mit einer potenziellen Abweichung von +/- 5 % zu. Somit lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aussagen, dass Gott oder ein höchstes Wesen existiert.

Über die Identität Gottes oder eines höchsten Wesens lassen sich aus den zugänglichen Quellen jedoch keine gesicherten Erkenntnisse gewinnen. Es lässt sich nicht zweifelsfrei ermitteln, ob und ggf. in welchem Umfang sich bereits vor einer Nahtoderfahrung vorhandene individuelle Vorstellungen und Überzeugungen in der zugehörigen Schilderung niederschlugen. Jede individuelle Schilderung gab möglicherweise eine Projektion einer Erwartung wieder.

Alles in allem lassen die vorliegenden Untersuchungen eine Kernfrage somit unbeantwortet: „Welches ist der ‚wirkliche‘ Gott?“. In der Konsequenz lässt sich somit auch keine Bestätigung für eine der Offenbarungsreligionen als die „Richtige“ ableiten. Ebenso wenig lässt sich eine der Religionen als „falsch“ disqualifizieren.

Im Hinblick auf Reinkarnation lässt die geringe Anzahl von Einträgen, insgesamt deutlich weniger als 100, keine gesicherten Aussagen zu. Das Spektrum der Aussagen reicht von „Reinkarnation ist möglich“ bis hin zu „Reinkarnation ist nicht möglich“.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.