Wie erleben Kinder eine Nahtoderfahrung?Lesezeit: 9 Min.

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Wie erleben Kinder eine Nahtoderfahrung? Können Kinder überhaupt schon eine Nahtoderfahrung erleben? Falls ja, ab welchem Alter werden Nahtoderfahrungen erlebt und wie gehen Kinder mit einer derart tiefgreifenden Erfahrung in ihrem weiteren Leben um? Vielerlei Fragen stellen sich und verlangen Antworten.

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Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
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Während Nahtoderfahrungen von Erwachsenen den Charakter der „exotischen“ Erfahrung längst verloren haben, wird Nahtoderfahrungen von Kindern noch relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Von systematischer Forschung im Rahmen umfangreicher klinischer Studien kann keine Rede sein. Sehr wahrscheinlich ist dies der weltweit noch relativ geringen Zahl von dokumentierten Nahtoderfahrungen bei Kindern geschuldet. P.M.H. Atwater, US-amerikanische Autorin, begann 1978 mit der Untersuchung von Nahtoderfahrungen, die sich auch auf die von Kindern erlebten Nahtoderfahrungen ausdehnten. Nach eigenen Angaben führte sie während etwa vier Jahrzehnten Befragungen von nahezu 5 000 Personen, Kinder wie Erwachsenen, durch. Bei weniger als 300 dieser Personen handelte es sich um Kinder, die von der Zeit im Mutterleib an bis zum Alter von 15 Jahren eine Nahtoderfahrung erlebten.

Wahrnehmungsfähigkeit von Kindern

Untersuchungen Atwaters zufolge kann bereits der Fötus (ab der 11. Schwangerschaftswoche so bezeichnet) seine Umgebung im Mutterleib wahrnehmen. Atwater nimmt auf eine ihrer früheren Studien Bezug und erwähnt Bemerkenswertes. Ein Drittel der Studienteilnehmer habe angegeben, sie hätten rund sieben Monate lang in der Gebärmutter sehen, hören, denken und verstehen können. Dies impliziert, dass bereits ein Bewusstsein vorhanden ist.

Auch von der Kommunikation mit verstorbenen Zwillingsschwestern oder ‑brüdern im Mutterleib wird berichtet. Manche Kinder erleben während der Geburt eine Nahtoderfahrung und können, nachdem die sprachliche Ausdrucksmöglichkeit vorhanden ist, sogar Details des Geburtsvorgangs wiedergeben.

Nahtoderfahrungen von Kindern sind anders

Naturgemäß sind Nahtoderfahrungen bei Kindern weniger komplex als bei Erwachsenen. Der Lebensrückblick spielt so gut wie keine Rolle, zumal das bisherige Leben noch kurz ist. Schilderungen zufolge kommt es durchaus vor, dass Kinder während ihrer Nahtoderfahrung auf Verwandte treffen, die sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennen. Auch Erwachsene können bei ihren Nahtoderfahrungen auf Verwandte treffen, kennen diese jedoch meist schon. Etwas ältere Kinder stoßen bei ihrer Nahtoderfahrung häufiger auf Tiere als auf Menschen. Meist erkennen sie verstorbene Haustiere wieder.

Rein statistisch gesehen sind bei einer niedrigen dreistelligen Personenzahl lediglich Tendenzaussagen möglich, zumal Kinder im Entwicklungsalter und in einer derart großen Altersspanne nicht als homogene Gruppe betrachtet werden können. Die größte Fallgruppe bildet in Atwaters Untersuchungen die der drei- bis fünfjährigen Kinder, gefolgt von der Gruppe in der Altersspanne von der Geburt bis zum Alter von 15 Monaten.

Eine vertiefende Untersuchung, deren Ergebnisse in ihrem Buch „Wir waren im Himmel“ vorgestellt werden, umfasste insgesamt 120 Personen. Die Teilnehmer an der Untersuchung befanden sich zum Zeitpunkt ihrer Befragung in einer Altersspanne von 21 bis 86 Jahren. Von den Teilnehmenden hatten 33 Personen Erinnerungen an den Mutterleib, 33 erinnerten sich an ihre Geburt. Interessanterweise erinnerten sich alle Teilnehmenden daran, „vor ihrer Geburt gelebt zu haben und nach ihrem [fast eingetretenen (Anmerkung des Autors)] Tod ziemlich lebendig gewesen zu sein.“ (S. 26). Die Ergebnisse der Untersuchung können aufgrund der relativ geringen Teilnehmerzahl, wie schon angedeutet, keineswegs als repräsentativ gelten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der Gesamtzahl derzeit lebender Kinder, die weltweit im Bereich mehrerer Milliarden liegt.

Große Bandbreite der Nahtoderfahrungen

Die Untersuchung gibt teilweise Aussagen wieder, die zunächst durchaus bizarr anmuten. So etwa behaupteten zwei der Teilnehmenden, von Außerirdischen entführt worden zu sein. Eine Teilnehmerin berichtete gar von einer seelischen Vereinigung mit einem Außerirdischen (S 25). Jedenfalls hinterließ die Nahtoderfahrung tiefe Spuren in der Seele, die sich durch das ganze Leben ziehen. Eine signifikante seelische Unausgeglichenheit lässt sich u. a. daran erkennen, dass von den 120 Teilnehmenden 74 % einen Suizidversuch unternahmen oder suizidgefährdet waren (S. 139).

Während es schon Erwachsenen keineswegs leicht fällt, ihre jeweilige Nahtoderfahrung verbal auszudrücken, muss dies Kindern naturgemäß noch viel schwerer fallen. Ihnen fehlen oft schlichtweg die Worte. Wie sollte ein Kind beispielsweise ein Geistwesen, wie etwa einen Engel, benennen? Davon abgesehen können viele Kinder im Kleinkindalter überhaupt noch nicht sprechen und von daher fehlt ihnen noch das Ausdrucksmittel, sich Erwachsenen gegenüber klar zu artikulieren.

Am häufigsten, d. h. 76 % bei Kindern, stellte Atwater eine sogenannte Anfangserfahrung fest. Diese Art von Erfahrung beschränkt sich auf Elemente, wie beispielsweise eine freundliche Stimme, eine kurze außerkörperliche Erfahrung oder irgendeine Manifestation. Zu den komplexeren Erfahrungen zählt beispielsweise die Nahtoderfahrung von Aiwen, die Atwater in ihrem bereits genannten Buch schildert (S. 35 f.).

Aiwen erlebte im Alter von vier Jahren Folgendes: „Ich fühlte mich so vom Wasser angezogen, dass ich hineinsprang. Ich wusste nicht, wie man schwimmt, aber ich dachte irgendwie, dass das einfach sei. Das war nicht der Fall, und ich sank einfach auf den Boden. Selbst das Paddeln mit den Händen verhalf mir nicht an die Oberfläche. Ich fühlte einfach nur, wie ich auf den Boden des Pools sank.

An einem bestimmten Punkt blickte ich nach unten und sah, wie ein schwaches Licht durchdrang, und dann war ich plötzlich von Strahlen sanften goldenen und rosafarbenen und weißen Lichts umgeben. Das Licht war so lebendig und friedlich. Ich fühlte mich sehr getröstet. Ich bemerkte, dass das Licht durch meinen Geist zu gleiten schien. Ich hatte das Gefühl, dass das Wasser und das Licht ein Teil von mir waren, dann war ich außerhalb meines Körpers. Ich sah meinen Körper nicht, aber ich fühlte, dass er über mir schwebte, als wäre ich durch eine Schnur an ihm befestigt. Ich sah auf das Licht, das mich umgab, und dann sah ich Blasen aufsteigen. Sie umkreisten mich. Aus ihrem Inneren erschienen spiegelartige Bildschirme, und sie vermittelten mir flüchtige Eindrücke vom Universum, von der anderen Seite, von dem Grund, warum wir hier sind, und von anderen heiligen Mysterien, die sich für mich zu öffnen schienen und mir ihre Wahrheiten aufzeigten.

Ich erhielt einen kurzen Lebensrückblick, der erkennen ließ, dass ich ein liebevoller, gläubiger, empfindsamer Junge mit einer großen Gabe war. Mir wurden viele Teile aus meinem Leben von meiner Geburt über Familienfeiern bis zu Ferien gezeigt. Dann war ich wieder im Pool, und in dem Moment sah ich die Lichtwesen. Sie hatten menschliche Formen in Regenbogenfarben und eine sie umgebende sanfte goldene Energie. Sie waren wie Engel. Sie streckten die Arme zu mir aus. Sie waren so schön und gaben mir das Gefühl, dass alles gut war mit mir und dass für mich gesorgt wurde, als seien all meine Sinne Teil eines höheren Selbst und als würde ich dieses höhere Selbst werden.

Eine Stimme rief mir zu: »Mit dir ist alles in Ordnung, es wird auf dich achtgegeben, du wirst ganz und gar göttlich geliebt, es gibt nichts, wovor du Angst haben müsstest. Du wurdest hierhergeschickt, aber deine Zeit ist noch nicht gekommen. Du wirst anderen dabei helfen, das Licht zu sehen. Wir sind bei dir

Ich sah damals als kleines Kind meine Bestimmung und fühlte tief in mir, dass ich mein ganzes Leben hindurch anderen helfen würde. Ich sah diese Liebe, und unsere Beziehungen zu anderen sind die Schlüssel zu dieser Realität und dazu, wie wir hinüberkommen können. Meine Mutter sah mich im Pool und packte mich und zog mich hinaus. Das passierte sehr schnell, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.“

Suche nach einem Zuhause

Atwater weist auf die Suche der Kinder nach einem Zuhause hin. Da sich jedes Kind – wie auch jede erwachsene Person – an seine persönliche Nahtoderfahrung erinnert, ist in der Konsequenz auch der „Abschied“ aus einer als schöner empfundenen „Welt“ im Gedächtnis verhaftet. Dieser „Abschied“ wird meist nicht als gewollt empfunden, sondern als ungewollt oder gar erzwungen. Insofern gleicht er einem Hinauswurf aus einem Nest, wie auch in der Vogelwelt bei manchen Arten üblich.

Wie nicht anders zu erwarten, fühlen sich die meisten Kinder in ihrer „neuen“ Welt nicht wohl. Kindern, die noch im Mutterleib eine Nahtoderfahrung erlebten, fehlt der Vergleich. Hingegen können Kinder mit einer späteren Nahtoderfahrung ein Vorher und ein Nachher – und auch das „Dazwischen“ – unterscheiden. Sie haben im „Dazwischen“ ein anderes Zuhause kennengelernt, nach dem sie sich zurücksehnen. Sie erleben eine gewisse Zerrissenheit und einen gewissen Drang, ein Zuhause zu finden.

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Spirituelle Aspekte

Es ist erwartbar, dass sich eine derart tiefgreifende Erfahrung auf die Weltsicht und die Einstellungen des Erlebenden auswirkt. 76 % der Befragten waren fest davon überzeugt, dass alles Leben, einschließlich des ihren, grundsätzlich spirituell ist. „Sie sind im Besitz eines höheren Bewusstseins von einer größeren Realität als der physischen Welt, die sie wahrnehmen.“ (S. 172).

Die Hälfte der Befragten gab an, wirklich Jesus gesehen zu haben. Gleichzeitig bezeichneten sich nicht alle, die Jesus gesehen zu haben glaubten, als Christen. Sogar Kinder, die in Familien  mit einer atheistisch geprägten Einstellung aufwuchsen, wissen den Untersuchungen Atwaters zufolge um das Dasein Gottes und wie sich Gott „anfühlt“. Selbst unabhängig vom jeweiligen Hintergrund oder Herkunftsland „wussten sie, das Jesus Jesus war, wenn sie ihn sahen, und sie kannten ihn beim Namen.“ (S. 172). An anderer Stelle ist festgehalten: „Kinder, die in einer Kultur herangewachsen sind, in der Voodoo-Rituale praktiziert werden, kennen Jesus beim Namen.“ (S. 288).

Aus dem Wissen über Gott lässt sich jedoch nicht schließen, dass Kinder mit einer Nahtoderfahrung eine besondere Neigung zu einer Religion entwickeln. Vielmehr irritiert das Konzept der Religion eher.

Sensibilität ist gefordert

Wie bereits erwähnt, können Schilderungen einer Nahtoderfahrung von Kindern zunächst bizarr, abenteuerlich und unglaubwürdig erscheinen. Dennoch sollte jedes Kind, das von einer derartigen Erfahrung erzählt, ernstgenommen werden. Wenn Schilderungen umgehend infragegestellt werden, insbesondere wenn sie sich vordergründig abstrus und der reinen Phantasie entsprungen anhören, wird das erzählende Kind dazu gezwungen, das Erlebte entweder für sich zu behalten oder die Erzählung so „anzupassen“, dass sie vom Zuhörenden akzeptiert werden kann. Letztlich wird das Kind jedoch mit seiner Erfahrung alleine gelassen.

Es kann nicht erwartet werden, dass sich Kinder mit ihren Nahtoderfahrungen auf einer rationalen Ebene auseinandersetzen. Kindern sind rationale Erklärungen unwichtig, und dies umso weniger, je jünger sie sind. Darauf müssen sich Erwachsene einstellen.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.