Die Frage der Realität – lässt sich die objektive Realität erkennen?Lesezeit: 9 Min.

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Was ist die Realität? Lässt sich die objektive Realität erkennen? Zählen Phänomene im Grenzbereich zwischen Diesseits und Jenseits zur Realität?

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Was geschieht mit mir wenn ich sterbe - Gestaltung: privat

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
Grobes Inhaltsverzeichnis

Im Bereich der Naturwissenschaften gilt als Realität das, was der wissenschaftlichen Betrachtung und Erforschung zugänglich ist. Dinge, die sich der Messbarkeit entziehen – dazu zählen die bereits genannten Phänomene im Grenzbereich zwischen intrauniversalem Existenzraum, dem Diesseits, und dem extrauniversalen Existenzraum, dem Jenseits -, sollen keine Grundlage für die Bildung wissenschaftlicher Theorien sein.

Diese enge Auslegung des Realitätsbegriffs mag für die Naturwissenschaften gelten, geht jedoch an der Wirklichkeit vorbei. Jeder Mensch hat schließlich nicht messbare Gefühle, Überzeugungen und Einstellungen. Wohl niemand würde beispielsweise bestreiten wollen, dass Gefühle zur Realität gehören.

An dieser Stelle wird Realität umfassend als das betrachtet, was der wissenschaftlichen Betrachtung und Erforschung zugänglich ist und darüber hinaus als das, was mit den menschlichen Sinnen und dem Bewusstsein wahrnehmbar ist. In diesem Sinne zählen auch wahrnehmbare Phänomene zur Realität, denn sie sind etwas von Menschen Erfahrenes oder Erlebtes.

Jedes Erlebnis und jede Erfahrung werden subjektiv wahrgenommen. Deshalb sind Erlebnisse und Erfahrungen verschiedener Personen nicht miteinander vergleichbar. Aus Sicht eines jeden Erlebenden sind seine Wahrnehmungen Realität, es sei denn sie werden bewusst verfälscht wiedergegeben.

Der Bezugsrahmen der Realität

Wer 5 cm von einer Mauer entfernt steht und direkt auf sie sieht, wird viele Details des Mauerwerks erkennen. Der für das Auge sichtbare Bereich der Mauer macht jedoch nur einen verschwindend geringen Teil der Realität im beobachtbaren Universum aus. Die wirkliche Wirklichkeit bleibt dem Blick nahezu vollständig entzogen.

Der Blick muss unbedingt geweitet werden, um möglichst viel von der Realität wahrnehmen zu können. Bildlich ausgedrückt ist es notwendig, auf den höchsten Berg zu steigen, um die Grenzen des Wahrnehmbaren ausloten zu können. Doch selbst dies reicht nicht aus, denn das Blickfeld ist letztlich immer noch viel zu klein. Was hinter dem Horizont liegt, ist auch Realität, bleibt jedoch verborgen.

Selbst wenn der nächste Schritt in Angriff genommen und beispielsweise mit einem Heißluftballon an Höhe gewonnen wird, wird zwar der sichtbare Bereich größer, aber trotzdem bleiben dem Auge verborgene Bereiche. Selbst wenn die gesamte Erdkugel im Blickfeld ist, ist in Wirklichkeit nur die eine Hälfte wahrnehmbar. Auch wenn sich immer mehr Höhe gewinnen ließe, so änderte dies dennoch nichts am grundsätzlichen Problem: Die Realität ist nie vollständig erfassbar. Das Bild ließe sich in einer Erweiterung auch auf die Weiten des beobachtbaren Universums übertragen. Am Prinzip würde sich nichts ändern.

Was als Realität betrachtet wird, ist eine Frage des Bezugsrahmens. Je kleiner der Bezugsrahmen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, nicht die gesamte Realität zu erfassen. Zwar wird der Ausschnitt der Realität mit größerer Tiefe erfasst, aber dafür geht der Blick auf das große Ganze verloren. Außerdem ließen sich irrige Schlüsse ziehen. Angenommen, man würde aus 5 cm Entfernung auf eine weiße Wand schauen. Dann ließe sich daraus der Schluss ziehen: „Die Welt ist weiß“.

Je größer der Bezugsrahmen gespannt wird, desto mehr lässt sich von der Realität erfassen, allerdings auf Kosten der Tiefe. In einem ausgedehnten Beobachtungsraum lassen sich Beziehungen und Vernetzungen zwischen Dingen (Entitäten) erkennen, die sich bei einem zu klein gewählten Beobachtungsraum nicht erkennen ließen oder zumindest als „lose Enden“ rätselhaft erschienen.

Erkennbare Realität ändert sich im Zeitverlauf

Das Erkennen der Realität ist nicht nur eine Frage des Blickfeldes, sondern ist auch mit der Dynamik der wissenschaftlichen Forschung verknüpft. Die verschiedenen Disziplinen der Wissenschaft bringen kontinuierlich und dynamisch neue Erkenntnisse hervor. Auf diese Weise erweitern sie auch den Blick auf die Realität.

Der Bereich unentdeckter Realität wird kleiner, der der entdeckten Realität größer. So existierten beispielsweise die chemischen Elemente Radium und Polonium auch schon vor ihrer Entdeckung durch Marie und Pierre Curie im Jahr 1898. Diese chemischen Elemente waren bis dahin lediglich unbekannt und damit nicht für Menschen erkennbare Realität, aber dennoch Teil der Realität im beobachtbaren Universum. Ähnlich verhält es sich mit der vom Physiker Ernest Rutherford im Jahr 1902 entdeckten Gammastrahlung. Atomkerne sendeten auch schon vor dieser Entdeckung beim radioaktiven Zerfall drei Arten von Strahlung aus: Alpha-, Beta- und Gammastrahlen (bei Letzterer handelt es sich um eine energiereiche elektromagnetische Strahlung).

Wer, als Beispiel, im Jahr 1900 starb, konnte von Quantentheorie und Relativitätstheorie noch nichts wissen. Heute wären viele Technologien, wie beispielsweise die moderne Elektronik mit ihren Halbleitern, ohne die Quantenmechanik (als Erweiterung der klassischen Mechanik) undenkbar. Die Relativitätstheorie revolutionierte das Verständnis von Raum und Zeit. Heute ist sie u. a. wichtig für die Satellitennavigation. Ohne Albert Einsteins Erkenntnisse würden Navigationsgeräte oder Funkuhren nicht richtig funktionieren.

Die von Menschen erkennbaren Realitäten um das Jahr 1900 und die von heute unterscheiden sich gravierend. Die objektive Realität veränderte sich nicht, während es Menschen gelang, mehr von dieser Realität zu erfassen.

In der Konsequenz ist die von der Wissenschaft gespiegelte Realität lediglich eine Momentaufnahme. In der nächsten Sekunde wird sich diese Realität verändert haben, denn in jeder Sekunde werden irgendwo auf der Welt in irgendeiner wissenschaftlichen Disziplin neue Erkenntnisse gewonnen und bisherige Erkenntnisse werden falsifiziert. Der Einblick in die objektive Realität verändert sich ständig.

Realität als Summe aller Regeln und Ausnahmen

Die als im Grenzbereich verorteten Phänomene wurden bzw. werden nur von einer im Verhältnis zur aktuellen Weltbevölkerung verschwindend kleinen Zahl wahrgenommen. Nahtoderfahrungen dürften in einer nach Häufigkeit geordneten Liste derartiger Phänomene den Spitzenrang einnehmen. Andere Phänomene, wie beispielsweise die Materialisierung von Geistwesen, ereignen sich hingegen äußerst selten. Alle diese Phänomene sind eindeutig die Ausnahme, nicht die Regel.

Naturgemäß stellt sich die Frage, ob sehr selten wahrgenommene Phänomene überhaupt beachtet werden sollten. Handelt es sich bei einem solchen Phänomen möglicherweise sogar um einen Defekt, im übertragenen Sinne vergleichbar mit einem Gendefekt? Bei einer seltenen Krankheit, wie beispielsweise der Rückbildung des Gehirns bei einem Kind, ist oft ein Gendefekt die Ursache. Auch Menschen mit fehlendem Kleinhirn (Cerebellum), als weiteres Beispiel, sind äußerst selten. Dennoch käme niemand auf den Gedanken, die Realität auf die Regel zu begrenzen und betroffene Menschen aus der Realität auszugrenzen. In gleicher Weise sind auch im Grenzbereich verortete Phänomene Teil der Realität. In der Konsequenz repräsentiert die Realität die Summe aller Regeln und Ausnahmen.

Realität ist letztlich unbekannt

Bei alledem muss offenbleiben, wie viel von der Realität noch unbekannt ist. Ist beispielsweise schon alles über „dunkle Materie“ und „dunkle Energie“ erforscht? Dies ist bei Weitem nicht der Fall! Insofern ist noch unbekannt, was dunkle Materie und dunkle Energie wirklich ausmacht. In der Konsequenz führt dies, übertragen auf das große Ganze, zu der Folgerung: Es ist unbekannt, was noch unbekannt ist. Dies lässt sich auch mit dem Kunstbegriff „Metainkognition“, „Nichtwissen über Nichtwissen“, ausdrücken (eine Bedeutung des gegensätzlichen, bekannten Begriffs „Metakognition“ ist „Wissen über Wissen“).

Auch wenn unbekannt ist, was noch unbekannt ist, existiert dennoch zu jedem Zeitpunkt eine objektive, beobachterunabhängige Realität. Allerdings kennt niemand diese objektive Realität. Kein Mensch verfügt über die kognitiven Möglichkeiten, die objektive Realität des beobachtbaren Universums zu erfassen. Ebenso kann kein Mensch die Realität der Phänomene im Grenzbereich zwischen Diesseits und Jenseits erfassen.

Wenn die objektive Realität unbekannt ist, ergibt sich daraus die logische Konsequenz, dass auch derzeit nicht erklärbare Phänomene im Grenzbereich zwischen Diesseits und Jenseits als Realität akzeptiert werden müssen. Derartige Phänomene lassen sich lediglich mit dem bisherigen Instrumentarium der Wissenschaft noch nicht erklären.

Würde tatsächlich ein Mensch von sich behaupten, die objektive Realität zu kennen, wäre damit auch die Behauptung verknüpft, alles bisher von der Wissenschaft noch nicht Erforschte bereits zu kennen und zu verstehen. Dies wäre pure Hybris!

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Realitätsempfinden ist subjektiv

Da niemand die gesamte Realität erfassen kann, kann die Sicht eines Menschen auf die Realität zwangsläufig lediglich ein Ausschnitt dieser Realität sein. In der Konsequenz kann von subjektiver Realität gesprochen werden.

Paul Watzlawick (1921-2007) österreichischer Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler, beschäftigte sich sehr intensiv mit Wahrnehmungspsychologie. Er brachte die Tatsache subjektiver Realität mit wenigen Worten auf den Punkt: „Jeder Mensch konstruiert sich seine Wirklichkeit.“. Mit einer gezwungenermaßen subjektiven Auswahl des Blicks auf die Realität – wie bereits erwähnt ist es schlicht unmöglich, die gesamte Realität zu erfassen – geht auch eine subjektive Konstruktion der Realität einher. Die Versuchung liegt nahe, seinen subjektiven Ausschnitt der Realität für die wirkliche Realität zu halten. Watzlawick drückte dies mit folgenden Worten aus: „Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist.“ und „Der Glaube, es gebe nur eine Wirklichkeit, ist die gefährlichste Selbsttäuschung.“. Ein Andersdenkender ist, so wiederum Watzlawick, in der Konsequenz durchaus kein Idiot, denn „er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert.“

Als Beispiel für subjektive Realität mag die Überzeugung mancher Menschen dienen, dass die Erde eine Scheibe sei. Dem gegenüber steht die Überzeugung der Wissenschaft, dass die Erde eine Kugelform aufweist. Schon griechische Philosophen, insbesondere Pythagoras, Platon und Aristoteles, waren sich bereits einige hundert Jahre v. Chr. sicher, dass die Erde rund ist. Spätestens nach dem Vorliegen mehrerer Millionen Satellitenbilder dürften letzte Zweifel daran ausgeräumt sein, denn eine derart hohe Zahl an Satellitenbildern ließe sich nicht einfach und vollständig fälschen. Dennoch hat die „Flat-Earth-Theorie“, die Theorie einer flachen Erde, überall auf der Welt ihre Anhänger.

Jeder Mensch verfügt über einen freien Willen, seine subjektive Realität zu gestalten. Mit diesem freien Willen ist jedoch auch Verantwortung verbunden, die auf die eigene Lebensgestaltung ausstrahlt.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.