Fähigkeiten und Kompetenzen – jeder Mensch hat welche. Wie kann man sie sich bewusstmachen und sie dann auch wirkungsvoll einsetzen?
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„Ich kann doch nichts!“ – eine negative Selbstbewertung, die so oder ähnlich gar nicht so selten geäußert und bestimmt noch viel öfter gedacht wird. Aber diese Selbsteinschätzung stimmt nicht! Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten und Kompetenzen, der eine mehr, der andere weniger. Doch jeder Mensch hat selbst mit wenigem eine beachtliche Gestaltungsmacht über sein Leben.




Fähigkeiten und Kompetenzen – ein und dasselbe?
Fähigkeiten und Kompetenzen werden oft nicht voneinander abgegrenzt. Dabei ist der Unterschied für die weitere Betrachtung durchaus bedeutsam.
Fähigkeiten
Fähigkeit bezeichnet das Imstande-sein, In-der-Lage-sein, Befähigt-sein, etwas zu tun (siehe auch Duden). Ausnahmslos jeder Mensch verfügt von Geburt an über mehrere Fähigkeiten – sie sind angeboren. Kein Mensch kommt ohne auch nur eine einzige Fähigkeit zur Welt.
Bekannte Fähigkeiten sind: Kognitive Fähigkeiten, Analytische Fähigkeiten, Kommunikative Fähigkeiten, Organisatorische Fähigkeiten und Kreative Fähigkeiten. Jede dieser Fähigkeiten lässt sich in Funktionen gliedern. So umfassen beispielsweise die kognitiven Fähigkeiten, gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Gehirn und Umwelt, eine Reihe geistiger Funktionen. Dazu zählen u. a. Merk-, Denk- und Problemlösungsvermögen, Aufmerksamkeit, Konzentrationsvermögen und Wahrnehmung.
Kognitive Fähigkeiten können sich im Lauf des Lebens sowohl verbessern als auch verschlechtern. Auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittenes Gehirntraining kann sie verbessern und sich auch auf die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung persönlicher Kompetenzen positiv auswirken. Demgegenüber können beispielsweise psychiatrische Erkrankungen (z. B. Schizophrenie) und der Ausfall von Gehirnfunktionen (z. B. Schlaganfall) kognitive Fähigkeiten beeinträchtigen.
Kompetenzen
Kompetenz bezeichnet das erlernbare Vermögen, Wissen und Können miteinander zu verbinden, um situationsadäquat handeln zu können. Insofern sind Kompetenzen nicht angeboren, sondern werden vielmehr im Lauf des Lebens erworben.
Bekannte Kompetenzen, eigentlich Kompetenzfelder, sind: Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozial-kommunikative Kompetenz und Individualkompetenz. Diese Kompetenzfelder zielen auf die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Fähigkeiten, Kenntnissen und Einstellungen einer Person.
Jedes Kompetenzfeld lässt sich weiter untergliedern. Zur Sozial-kommunikativen Kompetenz zählen u. a. Kontaktfähigkeit, Empathie, Kompromissbereitschaft, Konfliktfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und Kritikfähigkeit. Die Individualkompetenz umfasst das Vermögen und die Bereitschaft, die eigenen Fähigkeiten und Potenziale zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln, basierend auf Eigeninitiative.
Die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung stellt je nach Kompetenzfeld unterschiedliche Anforderungen. Fachkompetenz, d. h. das Vermögen, fachbezogenes wie fachübergreifendes Wissen zu prüfen, zu vertiefen, zu verknüpfen und in konkreten Handlungszusammenhängen fachgerecht anzuwenden, lässt sich im Allgemeinen leichter aneignen als etwa die Sozial-kommunikative Kompetenz. Diese Kompetenz lässt sich nicht innerhalb relativ kurzer Zeit durch das Studium von Fachliteratur oder den Besuch einschlägiger Seminare aneignen. Sie lässt sich nur allmählich weiterentwickeln, stets auch im Einklang mit gewonnenen Erfahrungen.
Welche Bedeutung haben Fähigkeiten und Kompetenzen?
Fähigkeiten und Kompetenzen sind bei jedem Menschen ganz individuell ausgeprägt. Der eine verfügt über ein breites Spektrum an Fähigkeiten, jedoch fehlt es an Bereitschaft und Eigeninitiative, die eigenen Fähigkeiten und Potenziale zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln (Individualkompetenz). Der andere verfügt demgegenüber über vergleichsweise wenige Fähigkeiten, doch seine Bereitschaft und Eigeninitiative, „etwas aus sich zu machen“, stechen geradezu hervor.
Dass sich die Fähigkeiten und Kompetenzen der Menschen signifikant unterscheiden, ist für die Menschheit als Ganzes ein Gewinn. Viel wäre bzw. ginge verloren, wenn alle Menschen dieselben Fähigkeiten und Kompetenzen aufwiesen. Die Vielfalt der Fähigkeiten- und Kompetenzenprofile ist ein wahrer Segen.
Wie auch immer das individuelle Fähigkeiten- und Kompetenzenprofil ausgeprägt ist – für die persönliche Lebensgestaltung ist es von entscheidender Bedeutung. Man kann die individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen auf vielfältige Art und Weise zur Wirkung bringen.
Eine äußerst wichtige kognitive Fähigkeit ermöglicht es, sein Denken und in der Konsequenz sogar Gehirnareale in ihrer Anatomie und Funktion zu verändern. In Kombination mit der Individualkompetenz, die eigenen Fähigkeiten und Potenziale zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln, versetzt man sich in die Lage, durch sein Denken nachhaltig Gestaltungsmacht über das Leben zu gewinnen und zu bewahren. Henry David Thoreau (1817-1862), Schriftsteller und Philosoph, brachte es mit wenigen Worten auf den Punkt: „Indem wir unser Denken ändern, ändern wir unser Leben.“
„Indem wir unser Denken ändern, ändern wir unser Leben.“
Henry David Thoreau
Welche Konsequenzen ergeben sich für das Leben?
Dass es möglich ist, durch sein Denken sich selbst zu verändern und sein Leben aktiv zu gestalten, ist wahrlich keine neue Erkenntnis und durch zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigt. Aus der Ich-Perspektive heraus lässt sich folglich formulieren: „Indem ich mein Denken ändere, ändere ich mein Leben.“
„Indem ich mein Denken ändere, ändere ich mein Leben.“
Wenn es gelingen kann, durch sein Denken das Leben gestaltend zu ändern, dann schließt dies in der Konsequenz natürlich auch ein, dass man sein Denken über sich selbst verändern kann. Dann ist es möglich, sein Selbstwertgefühl, seine Selbstwertschätzung, seine Selbstachtung und auch sein Selbstvertrauen zu stärken und zu schützen. Dies ist äußerst wichtig, denn ein gesundes Denken über sich selbst stärkt die Resilienz und ist auch ein Schutzschild bei Krisen unterschiedlichster Art.
In weiterer Konsequenz bedeutet das Vermögen zur Veränderung auch Macht über sich selbst. Dies drückte der Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm so aus: „Macht hat zwei Bedeutungen. Es gibt die Macht über etwas: die Macht über die Natur und über andere Menschen. Es gibt aber auch die Macht zu etwas: die Macht, oder die Kraft zu denken, zu lieben, tief zu fühlen, zu erschaffen.“
„… Es gibt aber auch die Macht zu etwas: die Macht, oder die Kraft zu denken, zu lieben, tief zu fühlen, zu erschaffen.“
Erich Fromm
Macht über sich selbst zu haben, bedeutet Gestaltungsmacht zu haben – über und für sich selbst. Äußere Umstände kann man leider nicht ändern, ebenso wenig seine Mitmenschen. Hier endet die Gestaltungsmacht. Der narzisstische Vorgesetzte, der mobbende Arbeitskollege, der launige Nachbar oder wer bzw. was es auch sei – man kann selbst keine Veränderung bewirken.
Gibt es Veränderung ohne Anstrengung?
Angenommen, man vergleicht seine Gedankenwelt mit einem großen fruchtbaren Feld. Es ist nicht neu eingesät, sondern im Lauf der Jahre ist schon einiges darauf gewachsen. Welches Bild hat man vor Augen, wenn man an seine aktuelle Gedankenwelt denkt? Was konnte bisher wachsen – oder – aus anderer Perspektive betrachtet: Was hat man darauf wachsen lassen? Hat man das Feld mehr oder weniger sich selbst überlassen? Oder hat man gut überlegt, was man auf diesem Feld wachsen lässt, und dann auch gut darauf geachtet, dass nur Gewünschtes wächst?
Menschen, die sich mit Pflanzenanbau beschäftigen, darunter Landwirte und Hobbygärtner, wissen aus Erfahrung, was geschieht, wenn man ein Stück Land sich selbst überlässt. Alles Mögliche beginnt darauf zu wachsen, vor allem Unkraut. Wenn man bestimmte Pflanzen auf seinem Feld haben möchte, muss man sie gezielt einpflanzen und anschließend hegen und pflegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die gewünschten Pflanzen rein zufällig auf dem Feld ansiedeln und ohne weiteres Zutun gedeihen, ist verschwindend gering.
Es mag sein, dass sich, bildlich ausgedrückt, in der Gedankenwelt Unkraut ausgebreitet hat. Dieses Unkraut kann in selbstabwertenden Gedanken und eindeutigen Lügen bestehen, wie beispielsweise der bereits erwähnte Gedanke „Ich kann doch nichts!“ Wie kann man sich von solchen Gedanken wieder lösen?
Vorhandenes Unkraut – auch das wissen Landwirte und Hobbygärtner – muss bekämpft werden. Es verschwindet nicht von selbst, auch wenn es längere Zeit nicht regnet. Unkraut erweist sich leider als zäh und widerstandsfähig. In manchmal schweißtreibender Arbeit muss es möglichst mit der Wurzel aus dem Boden ausgehackt oder ausgestochen werden. Oder es wird (zusätzlich) ein Bio-Unkrautvernichter eingesetzt.
Im übertragenen Sinne ist es notwendig, sich gut und intensiv um die Gedankenwelt zu kümmern. Negative und schädliche Gedanken müssen „verlernt“ werden. Neue positive und förderliche Gedanken müssen „eingepflanzt“ bzw. „erlernt“ werden. Was bereits gut gediehen ist verdient sorgsame Pflege.
Welche Anstrengung ist notwendig?
Mit unserer Fähigkeit des Denkens über uns selbst (Metadenken) und unserer Fähigkeit, unser Denken zu ändern, können wir steuern und kontrollieren, welche Gedanken sich in unserer Gedankenwelt befinden. Doch aus der Perspektive der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns zeigen sich typische Neigungen des menschlichen Gehirns im Hinblick auf Wahrnehmungen.
Das menschliche Gehirn hält ständig Ausschau nach möglichen Gefahren im Hinblick auf Enttäuschungen, Verluste, zwischenmenschliche Probleme usw. Es befindet sich gewissermaßen in einem Zustand ständiger Wachsamkeit. Dies machen sich beispielsweise auch manche Medien zunutze, um auf unterschiedlichste Art und Weise auf die Gefahr hinzuweisen, etwas zu verlieren oder zu verpassen. „Nur noch heute“, „Diese Pflanzen unbedingt noch im Februar schneiden“ und „Diese Orte muss man unbedingt gesehen haben“ sind Beispiele dafür.
Reize rufen eine Reaktion hervor. Angenommen, man hat eine Geburtstagsfeier organisiert. Alles verlief wie geplant. Das Geburtstagskind wirkt glücklich und zufrieden, ist voll des Lobes über die gelungene Feier, doch später kritisiert es eine winzige Kleinigkeit. Wahrscheinlich macht man sich über genau diese Kleinigkeit Gedanken, verliert aber das große Lob aus dem Blick. Der Grund: negative Reize werden leichter und schneller wahrgenommen als positive. Dahinter steckt wieder die Gefahr eines Verlusts an Bedeutung oder Ansehen.
Leider weist das menschliche Gehirn beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen eine – in gewisser Weise systematisch fehlerhafte – Neigung zum Negativen auf. Doch es ist lediglich eine Neigung, kein unabänderliches Schicksal. Deshalb kann diese Neigung auch überwunden werden. Das menschliche Gehirn ist in der Lage, negative Gedanken zu „verlernen“ und positive Gedanken zu „erlernen“. In der Konsequenz können wir negative durch positive Gedanken gewissermaßen ersetzen.
In der Gesamtschau können wir mit unseren Fähigkeiten, bildlich ausgedrückt, das Gehirn anders „verdrahten“. Damit dies auch nachhaltig gelingen kann, ist ein systematisches Umdenken und Neudenken erforderlich. Erkenntnisse aus der Hirnforschung weisen den Weg. Dieses „anders verdrahten“ verlangt Anstrengung, Beharrlichkeit und Disziplin. Der Lohn ist garantiert und beseht in höherer Lebenszufriedenheit und Glücksempfinden.
Weiterführende Fragen
- Wie gut kenne ich meine Fähigkeiten und Kompetenzen?
- Was möchte ich aus meinen Fähigkeiten und Kompetenzen machen?
- Was verändert sich, wenn ich konsequent an meinem Fähigkeiten- und Kompetenzenprofil arbeite, um es weiter zu entwickeln?