Ist die Kommunikation mit bereits Verstorbenen möglich? Eine spannende Frage, doch gibt es eine Antwort? Wenn ja, wie lautet sie?
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Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?“
Grobes Inhaltsverzeichnis
Selbstredend ist der Versuch einer Kommunikation mit bereits verstorbenen Menschen nur dann sinnvoll, wenn von einer Weiterexistenz nach dem physischen Tod ausgegangen wird. Wird hingegen unterstellt, dass die menschliche Existenz mit dem physischen Tod endet, wäre jeder Kommunikationsversuch sinnlos.
Die Kommunikation mit Verstorbenen geschieht in der Regel in der Erwartung einer bidirektionalen Kommunikation: beide sprechen miteinander. Doch wie lässt sich erst einmal Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen? Die Fähigkeit dazu zählt nicht zu jenen, die in Kindheit und Jugendzeit gewissermaßen nebenbei erlernt werden. Auch das Wissen über das Jenseits und die Wesen, die es bevölkern, wird, wenn überhaupt, meist nur in Ansätzen von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Zu wenig ist über das Jenseits, das extrauniversale Universum, bekannt.
Gründe für den Kommunikationswunsch
Im Unterschied zu einer Gottheit, der Allmacht zugesprochen wird, verfügen verstorbene und im extrauniversalen Existenzraum weiterhin existierende Menschen über keine übernatürlichen Kräfte. Zumindest sind keine Berichte bekannt, die Verstorbenen dies zubilligen. Anders als eine Gottheit sind Verstorbene deshalb nicht in der Lage, an sie gerichtete Bittgebete zu erfüllen.
Als mögliche Gründe für einen Kommunikationswunsch mit einem Verstorbenen können allgemeine Neugier über die Verhältnisse im Jenseits oder der Wunsch, bestimmte Informationen zu erlangen, gelten. Vielleicht ist eine Erbfrage nicht hinreichend geklärt und es besteht der Wunsch zu erfahren, ob nicht doch ein Testament verfasst wurde und wo sich dieses ggf. befindet. Die Gründe können durchaus nachvollziehbar sein.
Kontaktaufnahme über menschliche Medien
Als Unterstützer bei der Kontaktaufnahme mit Verstorbenen bieten sich medial begabte Menschen gewissermaßen als Dienstleister an, nicht selten gegen eine finanzielle Gegenleistung. Als medial begabte Person, als Medium bezeichnet, wird eine Person verstanden, die von sich behauptet, Botschaften von Geistwesen aus dem extrauniversalen Existenzraum empfangen und/oder energetische Wirkungen erspüren zu können. Das Medium, das sich neben der medialen Begabung möglicherweise auch auf eine einschlägige Schulung beruft, übernimmt die Rolle eines Vermittlers und oft auch „Übersetzers“ zwischen Sender und Empfänger. Häufig geschieht die Kommunikation mit einem oder mehreren Verstorbenen im Rahmen einer spiritistischen Sitzung.
Während einer derartigen Sitzung gibt ein Medium, oft auch als Channelmedien bezeichnet, vorgeblich von einem oder mehreren Geistwesen empfangene Mitteilungen an die Anwesenden weiter. Dies mag verbal (das Medium fungiert als „Sprechmedium“) geschehen oder auch über andere Ausdrucksformen, wie Schreiben, Malen oder gar Komponieren. Von einem derartigen „Schreibmedium“ empfangene Mitteilungen können vom Medium anderen diktiert oder selbst niedergeschrieben werden.
Kontaktaufnahme über physikalische Medien
Alternativ lassen sich Botschaften von Geistwesen auch über physikalische Medien (insbesondere schreibendes Tischchen, Pendel und Gläserrücken) empfangen und verständlich machen. Das Geistwesen kommuniziert nicht über ein menschliches Medium, sondern scheint vordergründig selbst die Kontrolle zu übernehmen.
Bekannte Techniken
Unter einem schreibenden Tischchen wird ein dreibeiniges Brettchen mit beweglichen Rollen und einem befestigten Schreibstift verstanden. Dieser Schreibstift fährt über das auf das Brettchen gelegte Papier, wenn die Hand bzw. die Hände der Teilnehmer auf das Brettchen gelegt werden. Nachdem Fragen gestellt werden, schreibt das Tischchen fortlaufend Worte oder sogar vollständige Sätze.
Beim Pendeln wird ein an einem Faden oder einer Kette befestigtes Gewicht über das Alphabet oder Gegenstände gehalten. Das Pendel muss frei schwingen können. Das Pendeln wird durch unwillkürliche Muskelbewegungen hervorgerufen (ein an einem Stativ aufgehängtes Pendel würde sich nicht bewegen).
Das Gläserrücken bezeichnet eine Methode, um mittels Bewegungen eines mit der Öffnung nach unten auf einen Tisch gestellten Trinkglases Botschaften zu „schreiben“. Um das Glas sind einzelne Buchstaben des Alphabets, die Zahlen 0 bis 9 sowie „Ja“ und „Nein“ kreisförmig angeordnet. Das Prinzip entspricht dem beim Ouija-Brett.
Jede der an einem runden Tisch sitzenden Personen legt einen Finger auf das Glas. Anschließend werden Fragen gestellt. Die Antworten werden sodann aus den Buchstaben zusammengesetzt, zu denen das Glas der Reihe nach hinwandert. Die Bewegungen ergeben sich durch unbewusste oder intelligent gesteuerte Muskelbewegungen der Personen.
Der Carpenter-Effekt
Wenn Botschaften über physikalische Medien vermittelt werden stellt sich die Frage, wer die Bewegungen in Wirklichkeit steuert. Die Vermutung liegt nahe, dass der sogenannte Carpenter-Effekt, auch als ideomotorischer Effekt bezeichnet, eine wesentliche Rolle spielt. William Benjamin Carpenter (1813-1885), englischer Naturwissenschaftler beschrieb diesen Effekt so: „Jede Bewegungsvorstellung bewirkt bereits einen Antrieb zum Vollzug dieser Bewegung“. Untersuchungen in jüngerer Zeit mit elektrophysiologischen Methoden bestätigten die psycho-motorische Gesetzmäßigkeit, auch als ideomotorisches Gesetz bezeichnet.
Der Carpenter-Effekt bewirkt, dass Botschaften in Wirklichkeit vom Menschen selbst stammen. Doch wie verhält es sich, wenn über ein physikalisches Medium auf Fragen Antworten gegeben werden, die dem Fragenden objektiv gesehen nicht bekannt sein können? Unter objektiv unbekannt ist zu verstehen, dass sich eine Antwort auch nicht aus dem Unterbewusstsein erschließen lässt. Im Lauf des Lebens werden schließlich viele Wahrnehmungen unbewusst im Gedächtnis gespeichert. Es wäre zumindest denkbar, dass Unterbewusstes die Bewusstseinsschwelle überschreitet und Muskelkontraktionen (ideomotorische Bewegungen) auslöst.
Kann sicher ausgeschlossen werden, dass Antworten auch nicht aus dem Unterbewusstsein hervorgehen können, wäre davon auszugehen, dass tatsächlich ein Geistwesen Botschaften übermittelt.
Mögliches Verbot der Kommunikation mit Verstorbenen
Das religiöse Schrifttum mag ein Kommunikationsverbot enthalten. Dies ist im Alten Testament der Bibel der Fall und gilt somit für Judentum und Christentum.
Im Buch Deuteronomium der Bibel findet sich ein explizites Verbot der Kontaktaufnahme mit Verstorbenen (Kap. 18,10-12): „Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt. Denn jeder, der so etwas tut, ist dem Herrn ein Gräuel.“.
Den Hintergrund einer weiteren Warnung vor der Kontaktaufnahme mit Verstorbenen bildet die Geschichte des Königs Saul (1. Sam. 28,3 ff.). Angesichts der feindlichen Übermacht (Philister) bekam er große Angst und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Saul hatte bereits die Totenbeschwörer und die Wahrsager aus dem Land vertrieben, was auf eine zuvor intensiver betriebene Praxis der Totenbeschwörung hindeutet. Nun nahm Saul selbst die Dienste einer Totenbeschwörerin, eines Mediums, in Anspruch. Sein Ziel war es, Kontakt mit dem bereits verstorbenen Propheten Samuel aufzunehmen und von diesem einen Rat einzuholen. Über das Medium, die Totenbeschwörerin von En-Dor, kam es tatsächlich zu einer Kontaktaufnahme mit Samuel. Saul schien sogar direkt mit Samuel zu kommunizieren. Bei dieser Gelegenheit erfuhr Saul von Samuel von seinem am nächsten Tag bevorstehenden Tod.
Im Alten Testament der Bibel wird implizit wie explizit bestätigt, dass Kontaktaufnahme und Kommunikation mit bereits Verstorbenen möglich sind. Wäre beides unmöglich, wäre ein Verbot überflüssig.
Möglichkeit des Betrugs
Wenn der Kontakt mit einem Verstorbenen über ein Medium erfolgt, besteht eine latente Betrugsgefahr. Es wäre durchaus denkbar, dass sich ein anderes Wesen als der Verstorbene, mit dem der Kontakt gesucht wird, ausgibt. Diese Konstellation wäre in etwa vergleichbar mit der Kommunikation mit einer gefälschten Web-Seite, beispielsweise dem gefälschten Web-Portal einer Bank. Auf den ersten Blick erweckt alles den Eindruck der Seriosität, doch in einem kleinen Detail (eine kleine Abweichung in der Internet-Adresse) unterscheiden sich Original und Fälschung. In Wirklichkeit wird nicht mit der Bank kommuniziert, sondern mit einem oder mehreren Betrügern.
Um Sicherheit zu erlangen, dass tatsächlich mit dem betreffenden Verstorbenen kommuniziert wird, bestünde die Möglichkeit, von diesem eine sehr konkrete Information zu erfragen, die nur ihm bekannt sein kann. Kann diese konkrete Information vollständig und widerspruchsfrei geliefert werden, mag dies als hinreichender Identitätsnachweis gelten.
Eine weitere Möglichkeit des Betrugs wurzelt in der Mittlerrolle eines menschlichen Mediums. Da nicht direkt mit dem Verstorbenen kommuniziert wird, besteht immerhin die Möglichkeit, dass das Medium Botschaften des Verstorbenen entweder nicht oder andererseits mehr oder weniger verfälscht wiedergibt. Wenn die Tätigkeit des Mediums auf Basis einer Gegenleistung geschieht, ist ein gewisses kommerzielles Interesse, den Klienten als „Auftraggeber“ möglichst lange zu binden und laufende Einkünfte zu generieren, nicht von der Hand zu weisen.
Berichte in der Literatur
In der Literatur finden sich verhältnismäßig wenige Berichte über die Kommunikation mit Verstorbenen. Sehr viel zahlreicher sind Berichte über die Kommunikation mit Geistwesen (Engeln, Dämonen).
Mitgeteilte Kindheitserlebnisse
In dem Buch „Der Spuk im Grabgewölbe“ wird die Schilderung einer Kommunikation mit einem Verstorbenen über ein Medium wiedergegeben (S. 247 ff.). Ein Medium namens Leonora Piper (1857-1950) wurde von einem Geist mit dem Namen „Dr. Phinuit“ kontrolliert. Im Zuge der zunehmenden Bekanntheit von Leonora Piper und ihres wachsenden Rufs beschloss die Londoner „Society for Psychical Research“ eine Untersuchung, die die Möglichkeit jeder Art von Täuschung völlig ausschließen sollte. Die Untersuchung fand unter Federführung von Prof. Oliver Lodge statt, von 1900-1920 Rektor der Universität Birmingham, England.
Prof. Lodge bat seinen sehr betagten Onkel Robert, ihm etwas zu schicken, was seinem vor zwanzig Jahren verstorbenen Zwillingsbruder gehört hatte. Daraufhin erhielt er eine goldene Uhr, die von jenem früher getragen und hochgeschätzt wurde. Prof. Lodge überreichte die Uhr an Leonora Piper, sobald diese in Trance gekommen war. Nahezu augenblicklich erklärte „Dr. Phinuit“ durch das Medium, Leonora Piper, dass die Uhr einem der Onkel von Prof. Lodge gehört habe.
In der Schilderung heißt es: „Nach vielen Schwierigkeiten gelang es „Dr. Phinuit“, den Namen des Verstorbenen, Jerry (eine Abkürzung von Jeremiah), anzugeben. Dann sagte er mit Nachdruck und so, als ob eine dritte Person die redende sei: »Dies ist meine Uhr, und Robert ist mein Bruder, und ich bin hier. Onkel Jerry.« – Auf diese Weise war ich [Prof. Lodge] anscheinend mit jemand in Verbindung getreten, der angeblich ein verstorbener Verwandter war, und den ich in seinen letzten Lebensjahren als einen Blinden noch gekannt hatte, dessen früheres Leben mir aber gänzlich unbekannt war. Ich sagte diesem angeblichen Verwandten, dass es, um Onkel Robert von seiner Anwesenheit zu überzeugen, sehr wertvoll sein würde, wenn er einige alltägliche Ereignisse aus ihren gemeinsamen Knabenjahren erzählen könnte, die ich dann genau berichten wolle. Er war durchaus meiner Meinung und ließ in den folgenden Sitzungen „Dr. Phinuit“ eine Anzahl Kleinigkeiten mitteilen, mittels derer es seinem Bruder möglich sein würde, ihn wiederzuerkennen.“
„Dr. Phinuit“ teilte tatsächlich einige gemeinsame Kindheitserlebnisse mit. Diese Erlebnisse konnten als zutreffend bestätigt werden. Weiter ist zu lesen: „Eine andere geringfügige Sache, die aber insofern von Bedeutung ist, als von den alten Herren wohl keiner sich ihrer mehr erinnert hätte, selbst wenn er früher einmal davon gewusst haben sollte, konnte ich [Prof. Lodge] selber kontrollieren. „Dr. Phinuit“ bat mich, das Uhrwerk aus seinem Gehäuse zu nehmen und es bei guter Beleuchtung zu untersuchen. Ich würde dann einige Schnitte finden, die Jerry, wie er selber angebe, daran angebracht hätte. In der Tat fand ich einige feine Einschnitte. – Ich hatte das Werk vorher nie aus dem Gehäuse herausgenommen und die Uhr von niemanden auch nur anfassen lassen. Auch Mrs. Piper hatte ich die Uhr in ihrem wachen Zustande nicht einmal gezeigt. Erst nach Beendigung der Sitzungen hatte ich die Uhr absichtlich auf dem Tisch liegengelassen. Als Mrs. Piper erwachte, bemerkte sie sie und betrachtete sie mit natürlicher Neugier; augenscheinlich wurde sie sich der Existenz der Uhr dabei zum ersten Male bewusst.“
An der Schilderung ist Folgendes bemerkenswert:
- Das Medium, Leonora Piper, trat mit dem Verstorbenen nicht direkt in Kontakt, sondern über „Dr. Phinuit“, ein Geistwesen,
- „Dr. Phinuit“ schien in die Person des Verstorbenen zu schlüpfen und redete in der Ich-Form,
- Die vom Geistwesen übermittelten gemeinsamen Kindheitserlebnisse erwiesen sich als zutreffend.
Die gefundene Quittung
Emanuel (von) Swedenborg (1688-1772), schwedischer Wissenschaftler, Mystiker und Theosoph, berief sich auf eine besondere Erkenntnis der göttlichen und geistigen Welt. Er behauptete, „Gespräche mit Engeln und Geistern“ geführt zu haben. Die folgende Schilderung, zurückgehend auf Immanuel Kant, findet sich im Buch „Die Hexe von Endor“ (S. 256):
„Madame Marteville, die Witwe des holländischen Envoyé [Gesandter, Anm. des Autors] in Stockholm, wurde einige Zeit nach dem Tode ihres Mannes von dem Goldschmied Croon um die Bezahlung des Silberservices gemahnt, welches ihr Gemahl bei ihm hatte machen lassen. Die Witwe war zwar überzeugt, dass ihr verstorbener Gemahl viel zu genau und ordentlich gewesen war, als dass er diese Schuld nicht sollte bezahlt haben, allein sie konnte keine Quittung aufweisen. In dieser Bekümmernis und weil der Wert ansehnlich war, bat sie den Herrn von Swedenborg zu sich. Nach einigen Entschuldigungen trug sie ihm vor, dass, wenn er die außerordentliche Gabe hätte, wie alle Menschen sagten, mit den abgeschiedenen Seelen zu reden, er die Güte haben möchte, bei ihrem Manne Erkundigungen einzuziehen, wie es mit der Forderung wegen des Silberservices stünde. Swedenborg war gar nicht schwierig, ihr in diesem Ersuchen zu willfahren. Drei Tage hernach hatte die gedachte Dame eine Gesellschaft bei sich zum Kaffee. Herr von Swedenborg kam hin und gab ihr mit seiner kaltblütigen Art Nachricht, dass er ihren Mann gesprochen habe. Die Schuld war sieben Monate vor seinem Tod bezahlt worden, und die Quittung sei in dem Schranke, der sich im oberen Zimmer befände. Die Dame erwiderte, dass der Schrank ganz ausgeräumt sei, und dass man unter allen Papieren diese Quittung nicht gefunden hätte. Swedenborg sagte, ihr Gemahl hätte ihm beschrieben, dass, wenn man an der linken Seite eine Schublade herauszöge, ein Brett zum Vorschein käme, welches weggeschoben werden müsste, da sich dann eine verborgene Schublade finden würde, worin seine geheim gehaltene holländische Korrespondenz verwahrt wäre und auch die Quittung anzutreffen sei. Auf diese Anzeige begab sich die Dame in Begleitung der ganzen Gesellschaft in das obere Zimmer. Man eröffnete den Schrank, man verfuhr ganz genau nach der Beschreibung und fand die Schublade, von der sie nichts gewusst hatte, und di angezeigten Papiere darinnen, zum größten Erstaunen aller, die gegenwärtig waren.“
Folgendes lässt sich festhalten:
- Swedenborg nahm nicht in Gegenwart der Witwe Kontakt mit dem Verstorbenen auf,
- Ob Swedenborg direkt oder über ein Geistwesen mit dem Verstorbenen Kontakt aufnahm, bleibt unklar.
Der Inhalt eines Gesprächs
Wiederum im Buch „Die Hexe von Endor“ findet sich eine weitere Schilderung (S. 259 f.) zum Wirken von Emanuel von Swedenborg, erzählt von Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817): „In den siebenziger Jahren des verflossenen (achtzehnten) Jahrhunderts war in Elberfeld ein Kaufmann, mit dem ich die sieben Jahre meines dortigen Aufenthaltes in vertrauter Freundschaft lebte. Dieser nun schon verklärte Freund verreiste in Handlungsgeschäften nach Amsterdam, wo sich damals Swedenborg aufhielt. Da er nun vieles von diesem sonderbaren Mann gehört und gelesen hatte, nahm er sich vor, ihn näher kennenzulernen. Er ging also hin und fand einen sehr ehrwürdig aussehenden Greis, der ihn höflich empfing. Nun begann folgendes Gespräch:
Der Kaufmann: »Bei dieser Gelegenheit konnte ich mir die Ehre nicht versagen, Ihnen, Herr Bergrat [Swedenborg war eine Zeit lang Assessor des Bergwerkskollegiums in Stockholm, Anm. des Autors], meine Aufwartung zu machen. Sie sind mir durch Ihre Schriften ein sehr merkwürdiger Mann geworden.« – Swedenborg: » Darf ich fragen, woher Sie sind?« – Der Kaufmann: »Ich bin von Elberfeld aus dem Herzogtum Berg. Ihre Schriften enthalten so viel Schönes und Erbauliches, dass sie tiefen Eindruck auf mich gemacht haben, aber die Quelle, woraus sie schöpfen, ist so außerordentlich, so fremd und ungewöhnlich, dass sie es dem aufrichtigen Freund der Wahrheit wohl nicht verübeln werden, wenn er unwiderlegbare Beweise fordert, dass sie wirklichen Umgang mit der Geisterwelt haben. Dürfte ich es wohl wagen, Ihnen einen solchen Beweis aufzutragen?« – Swedenborg: »Warum nicht? Von Herzen gern.« – Der Kaufmann: »Ich hatte ehemals einen Freund, der in Duisburg die Theologie studierte, er bekam aber die Schwindsucht, an der er auch starb. Diesen Freund besuchte ich kurz vor seinem Ende. Wir hatten ein wichtiges Gespräch miteinander. Könnten Sie wohl von ihm erfahren, wovon wir gesprochen haben?« – Swedenborg: »Wir wollen sehen. Kommen sie in einigen Tagen wieder. Ich will sehen, ob ich Ihren Freund finden kann. Wie hieß er?«
Der Kaufmann nannte den Namen und ging dann fort. Als er wiederkam, trat ihm Swedenborg lächelnd entgegen und sagte: »Ich habe Ihren Freund gesprochen. Die Materie Ihres Diskurses ist die Wiederbringung aller Dinge gewesen.« – Nun fügte Swedenborg genau hinzu, was bei dem damaligen Gespräch der Freund und was der Kaufmann behauptet habe. Dieser erblasste. Der Beweis schien unüberwindlich. […] Vollkommen überzeugt, verließ mein Freund den merkwürdigen Mann.“
Folgendes lässt sich festhalten:
- Wiederum nahm Swedenborg nicht in Gegenwart des Kaufmanns Kontakt mit dem Verstorbenen auf und es bleibt wiederum unklar, ob Swedenborg direkt oder über ein Geistwesen mit dem Verstorbenen Kontakt aufnahm,
- Die Schilderung legt nahe, dass Swedenborg den Verstorbenen im Jenseits suchte, wie dies geschah, bleibt verborgen.
Folgerungen
Die zuvor skizzierten Schilderungen legen nahe, dass tatsächlich eine Kommunikation mit Verstorbenen stattfand, allerdings jeweils über ein Medium. Auch Swedenborg, obwohl in den Schilderungen nicht explizit als solches bezeichnet, fungierte als Medium. Insofern deuten die Anzeichen darauf hin, dass eine zumindest indirekte Kommunikation mit Verstorbenen möglich ist.
Für den Auskunft suchenden Menschen bleibt unklar, wie es letzten Endes zum Kontakt und zur Kommunikation mit dem Verstorbenen kommt. Das Medium fungiert gewissermaßen als Fassade. Alles was sich hinter dieser Fassade befindet hat den Charakter einer „Black Box“. Gibt sich ein Geistwesen als der Verstorbene aus und kommuniziert mit diesem außerhalb der Kontrolle des Mediums? Ist das Geistwesen somit ebenfalls Vermittler oder kann das Medium mit dem Verstorbenen direkt kommunizieren? Diese Fragen lassen sich nicht eindeutig beantworten.
Verstorbene können offensichtlich Fragen beantworten, die ihr vergangenes Erdenleben betreffen. Sie können auf ihr Gedächtnis zurückgreifen, obwohl ihr physisches Gehirn nicht mehr existiert. In der Konsequenz muss das Langzeitgedächtnis spätestens beim Übergang in den extrauniversalen Existenzraum, das Jenseits, auf irgendeine Art und Weise permanent gespeichert werden und es muss mit der Person unauflöslich verknüpft sein.
Zumindest denkbar wäre jedoch auch, dass Geistwesen Zugriff auf dieses Langzeitgedächtnis haben und sich in der Konsequenz als der jeweilige Verstorbene ausgeben können. In der Konsequenz wäre das Langzeitgedächtnis eines Menschen nicht „privat“. Möglicherweise wäre es während des Erdenlebens noch „privat“, nach dem Übergang in den extrauniversalen Existenzraum jedoch nicht mehr.