Nahtoderfahrungen, Sterbebettvisionen … – nur Halluzinationen?Lesezeit: 9 Min.

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Halluzinationen oder nicht? Nahtoderfahrungen, Sterbebettvisionen, Nachtodkontakte und weitere Phänomene werden wie eine reale Erfahrung, nicht als Traum, erlebt. Doch handelt es sich bei diesen Phänomenen letzten Endes nicht doch um Halluzinationen?

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Was geschieht mit mir wenn ich sterbe - Gestaltung: privat

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
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Viele Phänomene erscheinen in der Tat derart außergewöhnlich, zuweilen sogar bizarr, dass der Gedanke naheliegt, dass es sich um Halluzinationen handelt. Zu den Phänomenen, die in dieser Hinsicht besonders im Blickpunkt stehen, zählen insbesondere:

  • Stimmenhören: die akustische Wahrnehmung einer Stimme im Wachzustand, ohne dass jemand in Rufweite erkennbar ist, dem die Stimme zugeordnet werden könnte,
  • Nahtoderfahrung: eine Erfahrung eines bewussten Seins ohne physischen Körper (außerkörperliche Wahrnehmung), oft auch verbunden mit Begegnungen mit bereits verstorbenen Menschen oder Geistwesen,
  • Sterbebettvision: eine Erfahrung einer Begegnung mit bereits verstorbenen Menschen oder Geistwesen in einem wachen und klaren Bewusstseinszustand, zeitlich kurz vor dem biologischen Tod,
  • Nachtodkontakt: eine Erfahrung einer Begegnung mit bereits verstorbenen Menschen im Wach- oder Traumzustand.

Jedes dieser Phänomene ereignet sich spontan und wird nicht vom Erlebenden initiiert und gesteuert. Auch Dauer und Beendigung der Kommunikation im weitesten Sinne liegen nicht im Einflussbereich des Erlebenden.

Halluzinationen – kein seltenes Phänomen

Unter einer Halluzination werden Formen von Sinnestäuschungen ohne gegenständliche Reizquelle verstanden. Sinnestäuschungen können alle fünf Sinne des Menschen betreffen: Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen. Bei akustischen Halluzinationen, der am häufigsten vorkommenden Form, werden beispielsweise Stimmen oder Geräusche gehört, wobei eine äußere Schallquelle fehlt. Bei optischen oder visuellen Halluzinationen sehen Betroffene Personen und/oder Bilder, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Halluzinationen im Hinblick auf Gerüche, den Geschmack, den Tastsinn und das Temperaturempfinden werden ebenfalls berichtet, scheinen jedoch weniger häufig vorzukommen.

Die Gründe für das Auftreten von Halluzinationen können sehr vielfältig sein. Als eine der natürlichen Ursachen gilt ein gestörter Wasser-Salz-Haushalt. Drogen- und Alkoholmissbrauch können zu Halluzinationen führen, ebenso auch Medikamente, beispielsweise Medikamente, die bei einer Parkinson-Erkrankung verabreicht werden. Schließlich werden Halluzinationen auch bei bestimmten psychischen Erkrankungen erlebt. Beispiele für psychische Erkrankungen, bei denen Halluzinationen zu den kennzeichnenden Symptomen zählen, sind die Schizophrenie und die psychotische Depression.

Halluzinationen sind subjektive Wahrnehmungen, die nur von denen mitgeteilt werden können, die sie erfahren. Zwar lassen sich Aktivitäten in der Großhirnrinde mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) darstellen, jedoch ist eine Aussage über die damit verknüpfte subjektive Wahrnehmung nicht möglich.

Halluzinationen – nicht unbedingt eine zutreffende Erklärung

Es liegt nahe, bei den angesprochenen Phänomenen davon auszugehen, dass es sich dabei um Halluzinationen handelt. So sind beispielsweise Halluzinationen beim Aufwachen (hypnopompe Halluzination) an sich nichts Ungewöhnliches und sind auch bei psychisch und physisch gesunden Menschen zu beobachten.

Halluzinationen werden von Personen, die Zeugen eines Phänomens werden, nicht unbedingt gleichermaßen als Erklärung akzeptiert. Während Mediziner beispielsweise bei Sterbebettvisionen normalerweise von Halluzinationen ausgehen, scheint das Pflegepersonal jedoch oft eine andere Auffassung zu haben. In Pflegeeinrichtungen, wie beispielsweise Hospizen, betreuen sie Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Sie begleiten ihre Patienten über Tage oder Wochen hinweg und können während dieser Zeit ein Bild des physischen und psychischen Zustands ihrer Patienten gewinnen.

Der britische Psychiater Peter Fenwick führte für Studien mit einem Team Befragungen des Pflegepersonals durch. Er hielt in seinem Buch „Die Kunst des Sterbens“ fest (S. 36): „Alle Befragten unserer Studien waren überzeugt, dass Lebensende-Erfahrungen nicht durch Medikamente hervorgerufen werden. Viele, wenn nicht die meisten ihrer Patienten nahmen die gleiche Art von Medikamenten, und dem betreuenden Personal war durchaus bewusst, dass einige von ihnen Halluzinationen auslösen. Aber sie versicherten, dass medikamenteninduzierte Halluzinationen eine ganz andere Qualität besitzen als eine echte Sterbebettvision, und dass auch die Wirkung auf den Patienten nicht zu vergleichen ist.“

Die zunächst naheliegende Erklärung, dass es sich um Halluzinationen handelt, wird in Zweifel gezogen, wenn der vermeintlich Halluzinierende etwas wahrnimmt, von dem er keine Kenntnis haben kann. Auch dass mehrere Personen gleichzeitig halluzinieren erscheint eher unwahrscheinlich.

Gleichzeitige Wahrnehmung durch mehrere Personen

Bei Sterbebettvisionen können die sterbende Person und Anwesende gleichzeitig übernatürliche Wahrnehmungen erleben. Während die sterbende Person in ihrer Vision eine oder mehrere meist vertraute Personen sieht, nehmen eine oder mehrere anwesende Angehörige währenddessen andere Phänomene, beispielsweise unerklärliche Lichterscheinungen, wahr.

Der sterbenden Person wird von Anwesenden (meist Angehörige, Pflegepersonal, Seelsorger) vor und während des Erlebens einer Sterbebettvision ein wacher und klarer Bewusstseinszustand zugebilligt. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch der Bewusstseinszustand der Anwesenden keine Auffälligkeiten zeigt. Vor diesem Hintergrund erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass mehrere Personen gleichzeitig und unabhängig voneinander halluzinieren. Die Wahrnehmungen der sterbenden Person und einer oder mehrerer anwesenden Personen überdecken sich zeitlich nicht unbedingt exakt.

In „Die Kunst des Sterbens“ wird geschildert (S. 122 f.), wie ein Anwesender eine Person im Raum wahrnahm: „Mein Vater starb vor drei Wochen, und zwei Tage vor seinem Tod (mir war gesagt worden, dass die Ärzte nichts mehr für ihn tun konnten, und er selbst wusste auch, dass er sterben würde) saß ich in dem kleinen Krankenzimmer bei ihm, als ich eine Gestalt bemerkte, die hinter mir stand. Ich konnte ihr Spiegelbild (ich glaube, es war das eines Mannes) in dem Glasfenster vor mir sehen. Ich nahm sehr klar die Anwesenheit von jemandem wahr und schaute mich um, um zu sehen, wer es war, aber er war weg, und ich sah ihn nie wieder. Ich begann dann zu untersuchen, was es gewesen sein könnte, und verbrachte einige Zeit damit, mir das Fenster anzuschauen und verschiedene Bewegungen auszuprobieren, nach Spiegelungen zu suchen und eine irdischere Erklärung für das zu finden, was ich gesehen hatte. Aber es wurde deutlich, dass da tatsächlich jemand bei uns im Zimmer gewesen war. Ich bin Pfarrer und dachte, ich hätte vielleicht Christus gesehen, aber spontan dachte ich damals, dass ein Angehöriger meines Vaters gekommen war, um ihn auf seiner letzten Reise zu begleiten. Das spürte ich ganz stark.“

Obgleich nicht explizit erwähnt, kann wohl davon ausgegangen werden, dass auch der Sterbende die Person sah. Es hätte keinen Sinn ergeben, wenn die Person nur für den Sohn sichtbar war, der diese zudem nicht kannte.

Wahrnehmung vergangener Ereignisse

Die Hypothese, dass die eine übernatürliche Wahrnehmung erlebende Person in Wirklichkeit halluziniert, wird insbesondere dann angegriffen, wenn die Wahrnehmung verifiziert werden kann.

Einige sterbende Personen sahen in ihrer Sterbebettvision bereits verstorbene Personen, die ihnen vertraut waren, und konnten diese benennen. Darunter befanden sich auch Personen, von deren Tod die sterbende Person noch keine Kenntnis haben konnte. In manchen Fällen war auch den Anwesenden nicht bekannt, dass eine gesehene Person bereits verstorben war.

Auch Lebende können auf übernatürliche Weise von Ereignissen erfahren, die ihnen normalerweise erst später mitgeteilt werden können oder sollen. Die Wahrnehmung wird durch Kenntnis anderer Menschen bestätigt. Eine Halluzination scheidet als Erklärung aus.

Eine beispielhafte anekdotische Schilderung findet sich wiederum im Buch „Die Kunst des Sterbens“ (S. 135): „Als meine Mutter Kathleen vor zwei Jahren hier in Hertfordshire starb, rief ich meinen Cousin an, den Sohn ihrer Zwillingsschwester Edie. Sie wohnen in Norfolk. Ihm war ziemlich unwohl bei dem Gedanken, seiner Mutter die Nachricht zu überbringen, denn die Schwestern waren 95 Jahre alt. Er und seine Frau beschlossen, es ihr nicht an diesem Abend zu sagen, denn sie nahmen sie zum Besuch ihrer jüngeren Schwester ins Krankenhaus mit und wollten ihr nicht zu viel zumuten. Als sie bei ihr an die Tür klopften, machte sie auf und sagte sofort: »Kath ist gestorbenSie waren ziemlich verwundert, denn es gab keine Möglichkeit, wie sie es hätte wissen können. […] Wir sind überzeugt, dass Mama ihre Schwester besuchte, bevor sie hinüberging.“

Wahrnehmung zukünftiger Ereignisse

Wird beispielsweise eine Stimme gehört, ohne dass die äußere Schallquelle lokalisierbar ist, und das mitgeteilte zukünftige Ereignis tritt tatsächlich ein, fällt es schwer, von einer Halluzination zu sprechen.

Ebenfalls im Buch „Die Kunst des Sterbens“ wird ein Erlebnis einer Frau namens Mary wiedergegeben (S. 153). Mary hatte im Lauf ihres Lebens mehrere Erlebnisse, in denen sie der Zeit gewissermaßen vorgriff. Eines ihrer Erlebnisse hatte sie nach ihrer Hochzeit. Sie erwartete ihren Mann Francis, der mit Freunden nach London gefahren war, um 3 Uhr 30 zu Hause zurück. „Um 3 Uhr 15 schrieb ich ein paar Briefe, als ich vor meinem geistigen Auge ein Auto sah, von dem ein Rad über die Straße rollte. Ich sagte zu mir: »Oh Francis, fahr langsamer, sei vorsichtig.« Er kam so um 6 Uhr nach Hause und sagte »Entschuldige, wir sind spät dran, ein Rad hat sich gelöstIch erzählte ihm, was ich gesehen hatte, und er sagte mir, er habe gehört, wie ich zu ihm: »Fahr langsamer« sagte, und gedacht: »Das ist doch absurd, es ist kein Verkehr, aber Mary sagt, ich soll langsamer fahren, wie soll ich das den anderen erklären?« Aber er fuhr langsamer, und dann sah er ein Vorderrad vor sich, konnte auf den Seitenstreifen fahren und anhalten.“

In dieser Schilderung treffen zwei Phänomene zusammen: das Phänomen des inneren Films (bei Mary) und das Phänomen des Stimmenhörens (bei Francis). In beiden Fällen kann es sich nicht um eine Halluzination handeln, da das vorhergesehene Ereignis tatsächlich so eintraf.

Des Weiteren handelte es sich um eine Kommunikation zwischen Lebenden. Es wird nicht berichtet, dass Francis unter einer Psychose litt, und dies erscheint auch unwahrscheinlich. Gleichwohl zählt das Stimmenhören auch zu den typischen Symptomen einer Psychose. Da sich Francis mit dem Gehörten gedanklich durchaus kritisch auseinandersetzte, scheint eine Art psychotische Halluzination keine geeignete Erklärung zu sein.

Folgerungen

Die Überprüfbarkeit der in den diversen anekdotischen Schilderungen beschriebenen Wahrnehmungen liefert ein starkes Indiz, dass es sich bei diesen nicht um Halluzinationen handelte. Insofern erscheint es als ungerechtfertigt, das Erleben übernatürlicher Phänomene generell mit Halluzinationen zu erklären. Eine solche generelle Erklärung hätte eher den Charakter einer Verlegenheitserklärung, die sehr wahrscheinlich auch mit einer persönlichen Weltanschauung, beispielsweise dem Materialismus, verknüpft ist.

Paul Watzlawick, Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler, drückte es so aus: „Wie man an die Wirklichkeit herangeht, ist für das ausschlaggebend, was man finden kann.“. Wenn eine rein materialistische Weltanschauung vertreten wird, bleiben Halluzinationen der einzige Erklärungsansatz.

In der Literatur finden sich durchaus viele anekdotische Schilderungen übernatürlicher Phänomene. Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass manche dieser Schilderungen nicht vollständig der Wahrheit entsprechen und somit zu unzutreffenden Folgerungen verleiten. In manchen Fällen mag es sich tatsächlich um Halluzinationen handeln.

Wenn davon ausgegangen wird, dass zumindest manche übernatürlichen Phänomene nicht mit Halluzinationen erklärbar sind, ergibt sich in der Konsequenz, dass eine interuniversale Kommunikation zwischen dem intrauniversalen Existenzraum (Diesseits) und dem extrauniversalen Existenzraum (Jenseits) möglich sein muss.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.