- Gesunde Selbstwertschätzung – der Weg zum Ziel
- Das Fundament gesunder Selbstwertschätzung – Würde
- Das Fundament gesunder Selbstwertschätzung – Wertigkeit
- Fähigkeiten und Kompetenzen bewusst machen
- Einstellungen und Verhalten ändern – es lohnt sich
- Glaubenssätze ausmisten – Ballast abwerfen
- Aufhören zu vergleichen – sich nicht selbst klein machenLesezeit: 8 Min.
- Zwischen Person und Sache unterscheiden
- Unvollkommenheit akzeptieren – authentischer werden
- Freundschaft mit sich selbst pflegen – das Leben bereichern
- Beziehungen und Kontakte auf den Prüfstand stellen
- Erfolge feiern, zelebrieren – gerne auch mit anderen
- Dranbleiben und den Lohn sehen und erleben
Aufhören zu vergleichen – ist das überhaupt möglich oder steckt das ständige ’sich mit anderen vergleichen‘ zu sehr im Menschen drin?
Inhalte:
Wann ist Vergleichen möglich?
„Das gibt’s doch nicht! Müllers sind schon zum zweiten Mal in diesem Jahr für drei Wochen nach Kanada geflogen. Was die sich alles leisten können.“ Max Maier steht der Neid ins Gesicht geschrieben. „Du vergisst, dass Herr Müller ein ordentliches Sümmchen geerbt hat. Deshalb können die sich das leisten. Du kannst nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.“, entgegnet seine Frau.
Das in dem fiktiven Dialog mit der Redewendung „Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“ vermittelte Bild enthält eine Mahnung zur Vorsicht. Man sollte immer darauf achten, ob das, was man vergleicht, auch tatsächlich vergleichbar ist. Wenn etwas nicht vergleichbar ist, führt ein Vergleich zwangsläufig zu falschen Schlüssen und somit in die Irre.
Als Voraussetzung für Vergleichbarkeit gelten Standardisierung und Transparenz. Äpfel, als Beispiel, sind gemäß Systematik der Biologie (gewährleistet Standardisierung und Transparenz) eine eigene Pflanzengattung der Kernobstgewächse aus der Familie der Rosengewächse. Dies trifft auch auf Birnen zu. Folglich sind Äpfel und Birnen aufgrund unterschiedlicher Gattungen nicht miteinander vergleichbar.
Miteinander vergleichbar sind beispielsweise sportliche Leistungen im Zehnkampf, einem sportlichen Leichtathletikwettbewerb, bei dem insgesamt zehn Einzelwettkämpfe in verschiedenen Disziplinen ausgetragen werden. Sieger ist, wer die höchste Punktesumme aus allen zehn Disziplinen erreicht. Das zugrunde liegende Punktesystem bietet Standardisierung und Transparenz als objektiver Maßstab.
Nicht miteinander vergleichbar sind Menschen. Jeder Mensch ist ein Unikat mit einer einzigartigen Persönlichkeit. Zwar zählen alle heutigen Menschen gemäß Systematik der Biologie zur Gattung Homo, doch wird niemand bestreiten, dass jeder Mensch einzigartig ist. Zwar sind etwa 99 Prozent der menschlichen Erbinformationen identisch, doch im Gehirn eines jeden Menschen treten im Verlauf des gesamten Lebens ständig individuelle genetische Veränderungen auf. Sehr vereinfacht ausgedrückt: Durch sein Denken verändert der Mensch seine Gene.
Natürlich unterscheiden sich auch die Biografien und die Lebensverhältnisse der Menschen. So sind Maiers und Müllers schon in doppelter Hinsicht keineswegs miteinander vergleichbar.
Weshalb vergleicht man doch?
Wenn Menschen schon nicht miteinander vergleichbar sind, weshalb vergleicht man sich dennoch mit anderen? Jedenfalls wäre zu vermuten, dass mit dem Vergleichen ein Nutzen, ein Vorteil, verbunden ist. Niemand vergleicht sich, um nach dem Vergleich schlechter dazustehen.
Das Vergleichen geschieht allerdings nicht nur bewusst, sondern in viel stärkerem Maß unbewusst. Es wird nicht gelingen, sich selbst zuzureden: „Vergleiche dich nicht!“ Menschen vergleichen sich immer und sind es auch gewohnt, verglichen zu werden. Dann kann es nicht ausbleiben, dass ein Vergleich auch nachteilig ausfällt. Je nach Ergebnis des Vergleichs ist ein sozialer Abwärts- oder Aufwärtsvergleich die Folge, es sei denn der Vergleich ergibt Gleichwertigkeit.
Sozialer Abwärtsvergleich
Wenn sich eine Person vor Augen führt, was sie im Vergleich mit anderen besser kann oder macht, vergleicht sie sich gewissermaßen abwärts. Dieser soziale Abwärtsvergleich dient der eigenen Aufwertung, häufig verbunden mit einem ausgeprägteren Selbstbewusstsein.
Angenommen, eine Person schaut sich eine Fernsehsendung an, in der über Menschen am Rand der Gesellschaft berichtet wird, die durch eigene Schuld in ihre Lage gekommen sind. Die Person stellt fest, dass es ihr wesentlich besser geht, weil sie bisher immer darauf geachtet hat, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen weiter zu entwickeln, für ein gutes Erwerbseinkommen zu sorgen usw. Der Vergleich geht zugunsten der zuschauenden Person aus und sie fühlt sich sehr wahrscheinlich „gut“.
Sozialer Aufwärtsvergleich
Vergleicht sich eine Person mit anderen, die etwas besser können oder machen als sie, tritt der umgekehrte Effekt ein. Sie vergleicht sich aufwärts, wobei sie sich zugleich selbst sozial abwertet. In der Folge sinken Stimmung und Zufriedenheit. Abhängig vom eigenen Selbstwertgefühl kann jedoch dadurch auch die Motivation entstehen, sich zu verbessern bzw. etwas besser zu machen. „Wenn der das kann, dann müsste ich das mit meinen Fähigkeiten doch auch hinbekommen“, könnte ein Ausdruck dieser induzierten Motivation sein.
Angenommen, eine Person nimmt auf einer Social-Media-Plattform wahr, dass eine sogenannte Influencerin ohne besondere Bildung eine sehr hohe Zahl an Followern hat und ein beträchtliches Einkommen erzielt, welches das eigene bei weitem übersteigt. Dieser Vergleich endet mit einem negativen Ergebnis. Die wahrnehmende Person fühlt sich sehr wahrscheinlich „schlecht“.
Was vergleicht man eigentlich?
Ein Vergleich ist nur zwischen dem möglich, was als Faktum und Realität gelten kann. Doch oft ist die Realität nicht hinreichend bekannt. Da ist vielleicht der Nachbar, der ein Auto der Luxusklasse fährt. Dies ist für jeden sichtbar. Nicht sichtbar ist hingegen (zumindest nicht nach außen hin), dass das Auto nicht wirklich ihm gehört, sondern einer Leasing-Firma, und dass er sogar größere Reparaturkosten nicht aufbringen kann. Vielmehr muss er die Werkstatt darum bitten, den Betrag in Raten abstottern zu dürfen.
Würde man nur die Autos miteinander vergleichen, die man selbst und die der Nachbar fährt, könnte man den Schluss ziehen, dass es dem Nachbarn wesentlich besser geht. Doch in Wirklichkeit ist es nur Fassade. Das eigene Auto ist bezahlt und man kann auch die Rechnung für eine Reparatur bezahlen, aber der Nachbar hat vielleicht schlaflose Nächte und muss darauf hoffen, dass die Werkstatt „mitspielt“.
Vielleicht hat der Nachbar beruflich viel erreicht und man schaut auf seinen damit verbundenen Wohlstand. Aber man übersieht dabei, dass er menschlich gesehen eine Niete ist. Seinen beruflichen Erfolg hat er zum Teil unlauteren Mitteln zu verdanken. Die Ehe mit seiner attraktiven Frau besteht nur noch auf dem Papier. Auch zu seinen Kindern hat er ein gestörtes Verhältnis. Den beruflichen Erfolg hätte man selbst auch gerne, aber ganz gewiss nicht die gescheiterte Beziehung zu Ehefrau und Kindern.
Oft hat man beim Vergleichen nicht das Gesamtbild im Auge, sondern greift einen Aspekt heraus und vergleicht somit selektiv. Davon abgesehen ist meist kein objektiver Vergleich möglich. Man vergleicht gewissermaßen mit einer Fassade. Doch man kann nicht hinter die Fassade blicken. Deshalb werden letzten Endes tatsächlich die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen verglichen und in der Konsequenz falsche Schlüsse gezogen. Und wenn man im Verglich meint, den Kürzeren zu ziehen, wertet man sich außerdem unberechtigt ab. Es kommt zu einem sozialen Aufwärtsvergleich.
Was sind die Gefahren des bewussten Vergleichens?
Wer sich ständig mit anderen vergleicht und sich dabei meistens als Verlierer sieht, ist auf dem besten Weg, Selbstzweifel zu fördern und sich auf Dauer unglücklich zu machen. Schon Søren Kierkegaard hat dies treffend ausgedrückt: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
Unzufriedenheit geht oft mit destruktiven Gefühlen wie Neid und Missgunst einher. Schädliche Gedanken können immer mehr Raum gewinnen. Vielleicht hat man kein so schönes Haus oder keine so schöne Wohnung wie der Nachbar. Hat man es einfach nicht verdient? Oder hat man ganz einfach etwas falsch gemacht? Dann ist es nicht mehr weit, andere zu überhöhen und dabei sich selbst klein zu machen. Den Blick auf das Gesamtbild hat man ohnehin schon längst verloren.
Vielleicht meint man, dass die Person, mit der man sich vergleicht, ihren Erfolg, ihr Ansehen oder was auch immer nicht verdient hat. Die Gefahr besteht, dass man dann die andere Person schlechtmacht, um sich dadurch selbst aufzuwerten. Diese Art von Selbstaufwertung auf Kosten eines anderen ist jedoch keine wirkliche Aufwertung. Im Endeffekt ist sie sogar destruktiv.
Wenn das bewusste Vergleichen überhandnimmt und man sich meistens als Verlierer des Vergleichs wahrnimmt, wird unweigerlich die Selbstwertschätzung leiden. Im Ergebnis werden körperliches und psychisches Wohlbefinden aufgrund der engen Verbindung mit der Selbstwertschätzung in Mitleidenschaft gezogen. Wenn es einem selbst gerade schlecht geht, bedeutet dies keineswegs, dass andere wertvoller sind. Doch dies wird nicht (mehr) wahrgenommen.
Im Endeffekt macht man sich selbst klein. Im schlimmsten Fall traut man sich nichts mehr zu, da man ständig auf andere blickt, die ja angeblich ohnehin alles besser können oder machen. Und dabei schaut man nicht mehr auf den eigenen Reichtum, den man mit seinen Fähigkeiten und Kompetenzen ja definitiv besitzt.
Was ist das geeignete Gegenmittel?
Das unwillkürliche unbewusste Vergleichen lässt sich nicht unterbinden. Doch wenn die daraus resultierenden Gedanken Form annehmen, besteht die Möglichkeit, sich diesen Gedanken weiter hinzugeben oder sich selbst ein „Stopp“ zuzurufen. Es liegt in der eigenen Hand, wieviel Macht man seinen Gedanken zugesteht.
Das beste Gegenmittel gegen die destruktiven Folgen des sozialen Aufwärtsvergleichs ist eine gesunde Selbstwertschätzung. Wenn die Selbstwertschätzung auf einem soliden Fundament gegründet ist, wenn die persönliche Selbstwertschätzung von innen kommt, ist man nicht mehr davon abhängig, im Vergleich mit anderen besser abzuschneiden. Weil man ein einzigartiger Mensch mit seinem ganz individuellen Profil an Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Kompetenzen ist, ist ein Vergleichen mit anderen schlicht nicht mehr möglich. Wenn man sich dies wirklich bewusst macht, dann fällt es leicht(er), zu akzeptieren, dass andere Dinge haben, die man selbst nicht hat, dass andere erfolgreicher sind als man selbst, dass es anderen leichter fällt, sich in der Gesellschaft zu behaupten usw. Und wenn dem Vergleich mit anderen letztlich die Basis fehlt, steht man auch nicht in der Gefahr, andere zu überhöhen, mehr in anderen zu sehen als wirklich in oder hinter ihnen steckt.
Was spricht dagegen, in eine gesunde Selbstwertschätzung zu investieren, gewissermaßen als Daueraufgabe?
Weiterführende Fragen
- Wenn ich mich mit anderen vergleiche, worauf bezieht sich mein bewusstes Vergleichen?
- Wie schwer fällt es mir, auszuhalten, dass ich nicht so viel (erreicht) habe wie andere Menschen, mit denen ich mich vergleiche?
- Ist mein Fundament stark genug, so dass ich zutiefst überzeugt bin, dass ich mich mit anderen überhaupt nicht vergleichen kann?