Grenzüberschreitende Erfahrungen – was ist möglich?Lesezeit: 10 Min.

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Grenzüberschreitende Erfahrungen setzen die Durchlässigkeit der Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits voraus. Ist die Grenze in beiden Richtungen durchlässig?

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Schon vor Jahrtausenden hatten Menschen zumindest eine Ahnung, dass Verstorbene nach dem biologischen Tod an einem anderen, nicht mehr beobachtbaren Ort weiterleben. Bestattungsgewohnheiten lassen diesen Schluss zu (siehe: „Weiterleben nach dem Tod – Seit wann weiß der Mensch davon?“).

Alle großen Weltreligionen, Erfahrungs- wie auch Offenbarungsreligionen, unterscheiden zwei Existenzräume: das Diesseits als Lebensraum von Menschen, Tieren und Pflanzen, und das Jenseits als Lebensraum von Geistwesen im weitesten Sinne: Gott bzw. Götter, Satan (Teufel), Engel, Dämonen und die immateriellen Repräsentanten auf der Erde verstorbener Lebewesen. Das Diesseits bezieht sich im Allgemeinen auf die Erde. Im Hinblick auf das Jenseits unterscheiden sich, wie bereits erwähnt, die Vorstellungen zwischen Erfahrungs- und Offenbarungsreligionen grundlegend. Die Offenbarungsreligionen (Judentum, Christentum, Islam) kennen zwei Existenzräume im Jenseits: das Paradies als Existenzraum Gottes und der in seinem Herrschaftsbereich befindlichen Geistwesen, und die Hölle (Ort der Verdammnis) als Existenzraum des Widersachers Gottes und der in seinem Herrschaftsbereich befindlichen Geistwesen.

Der Begriff „Geistwesen“ bedarf einer weiteren Qualifizierung. Nach der durch den biologischen Tod bewirkten Migration des individuellen Selbst in den extrauniversalen Existenzraum lässt sich dieses individuelle Selbst auch als Geistwesen verstehen. Im Unterschied zu den im extrauniversalen Existenzraum „beheimateten“ Geistwesen ist es ein „eingewandertes“ Geistwesen. Insofern ist die Unterscheidung in autochthone Geistwesen (einheimische Geistwesen) und allochthone Geistwesen (eingewanderte bzw. immigrierte Geistwesen) angebracht.

Durchlässigkeit der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits

Aus den religiösen Schriften der Offenbarungsreligionen geht hervor, dass die Grenze zwischen dem intrauniversalen und dem extrauniversalen Existenzraum, zwischen Diesseits und Jenseits, durchaus durchlässig ist. Diese Durchlässigkeit ist nicht nur auf eine Richtung beschränkt.

Nach dem biologischen Tod migriert das individuelle Selbst vom intrauniversalen in den extrauniversalen Existenzraum. Der physische Körper bleibt zurück und ist der Verwesung preisgegeben. Das religiöse Schrifttum enthält Schilderungen, was nach dem Übergang in den extrauniversalen Existenzraum geschieht. Verstorbene besitzen demnach als Geistwesen einen Geistleib und bleiben weiterhin erkennbar und identifizierbar.

Darüber hinaus wird auch die Möglichkeit geschildert, dass ein Individuum den intrauniversalen Existenzraum verlässt, sich temporär im extrauniversalen Existenzraum aufhält, und danach wieder zurückkehrt. Lediglich dem individuellen Selbst, nicht aber dem physischen Körper, ist dieser Grenzübertritt nach bisherigem Wissensstand möglich.

Wiederverkörperung bereits Verstorbener

Im Neuen Testament der Bibel finden sich Schilderungen einer Wiederkehr bereits Verstorbener. Die Verstorbenen waren mit dem Körper wahrnehmbar, den sie zu ihren Lebzeiten hatten. Ob es sich dabei um einen realen physischen Körper oder um die Illusion eines physischen Körpers handelte, lässt sich nicht erschließen. Da die Vitalfunktionen unwiderruflich erloschen waren und der Verwesungsprozess eingesetzt hatte, bestehen zwei Möglichkeiten: entweder kann der physische Körper aus dem Geistleib wieder rekonstruiert werden oder es ist möglich, einen Geistleib wie einen physischen Körper erscheinen zu lassen. Ersteres würde bedeuten, dass ein Replikat des früheren physischen Körpers erzeugt wird.

Stellvertretend sei ein Ereignis der Wiederverkörperung angeführt, das im Zusammenhang mit der Auferstehung Jesu Christi überliefert ist (Matth. 27, 52-53): „Die Gräber öffneten sich und die Leiber vieler Heiligen, die entschlafen waren, wurden auferweckt. Nach der Auferstehung Jesu verließen sie ihre Gräber, kamen in die Heilige Stadt [Jerusalem, Anm. des Autors] und erschienen vielen.“ Wie lange diese Individuen, deren individuelles Selbst die Grenze vom Jenseits zum Diesseits überschritten hatten, noch als im Diesseits lebende Menschen erkennbar waren, ist nicht überliefert und bleibt folglich im Ungewissen.

Wenn Individuen mit oder nach dem „Grenzübertritt“ ihren früheren Körper wieder annehmen können, liegt die Vorstellung nicht fern, dass sie die Grenze auch als Geistwesen überschreiten können. Sie wären dann im Diesseits präsent, jedoch nicht unbedingt visuell wahrnehmbar.

Verkörperung von Geistwesen im Diesseits

Im religiösen Schrifttum finden sich auch Schilderungen, aus denen hervorgeht, dass sich im Jenseits beheimatete Geistwesen im Diesseits materialisieren und in einem menschlichen Körper erscheinen können. Somit sind sie nicht als Geistwesen erkennbar, es sei denn sie geben sich selbst zu erkennen.

Stellvertretend sei eine Schilderung aus dem Neuen Testament der Bibel wiedergegeben. In dem um das Jahr 90 n. Chr. entstandenen Buch der Apostelgeschichte wird die übernatürliche Befreiung des Petrus, der einer der zwölf Jünger von Jesus Christus war, geschildert (Apostelgeschichte Kap. 12, 4-11): „Er [Herodes, Anm. des Autors] nahm ihn also fest und warf ihn ins Gefängnis. Die Bewachung übertrug er vier Abteilungen von je vier Soldaten. Er beabsichtigte, ihn nach dem Paschafest dem Volk vorführen zu lassen. Petrus wurde also im Gefängnis bewacht. Die Gemeinde aber betete inständig für ihn zu Gott. In der Nacht, ehe Herodes ihn vorführen lassen wollte, schlief Petrus, mit zwei Ketten gefesselt, zwischen zwei Soldaten; vor der Tür aber bewachten Posten den Kerker. Plötzlich trat ein Engel des Herrn ein und ein helles Licht strahlte in den Raum. Er stieß Petrus in die Seite, weckte ihn und sagte: Schnell, steh auf! Da fielen die Ketten von seinen Händen. Der Engel aber sagte zu ihm: Gürte dich und zieh deine Sandalen an! Er tat es. Und der Engel sagte zu ihm: Wirf deinen Mantel um und folge mir! Dann ging er hinaus und Petrus folgte ihm, ohne zu wissen, dass es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah; es kam ihm vor, als habe er eine Vision. Sie gingen an der ersten und an der zweiten Wache vorbei und kamen an das eiserne Tor, das in die Stadt führt; es öffnete sich ihnen von selbst. Sie traten hinaus und gingen eine Gasse weit; und auf einmal verließ ihn der Engel. Da kam Petrus zu sich und sagte: Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich der Hand des Herodes entrissen hat und all dem, was das Volk der Juden erhofft hat.“

Aus der Schilderung lässt sich erschließen, dass der Engel (das Geistwesen) einen physischen Körper annehmen konnte. Er stieß Petrus in die Seite, worauf dieser aufwachte, und sprach ihn auch mit für Petrus verständlichen Worten an. Wie genau der Engel in die Zelle gelangte und wie genau er Petrus verließ, wird nicht geschildert. Der Schluss liegt jedoch nahe, dass sich der Engel in der Zelle materialisierte, da er sonst den Wachen hätte auffallen müssen. Möglicherweise dematerialisierte er sich, als er Petrus verließ. Genauso vorstellbar wäre auch, dass er einfach um eine Ecke bog.

Die Schilderung der Ereignisse konnte nur von Petrus selbst stammen. Wenn davon ausgegangen wird, dass die Bewacher nicht erwachten, gab es keine Zeugen. Erwachten sie jedoch, waren sie Zeugen und hätten vermutlich einen Mann gesehen, gegen den sie nicht ankommen konnten. Davon abgesehen stellt sich die Frage, ob sie es gewagt hätten, ihren Vorgesetzten eine derartige Geschichte „aufzutischen“ oder ihre Schilderung öffentlich zu machen.

„Ausflug“ in das Jenseits

Wiederum im Neuen Testament der Bibel findet sich eine kurze Schilderung des Apostels Paulus (2. Korinther-Brief, Kap. 12, 2‑4): „Ich kenne jemand, einen Diener Christi, der vor vierzehn Jahren bis in den dritten Himmel entrückt wurde; ich weiß allerdings nicht, ob es mit dem Leib oder ohne den Leib geschah, nur Gott weiß es. Und ich weiß, dass dieser Mensch in das Paradies entrückt wurde; ob es mit dem Leib oder ohne den Leib geschah, weiß ich nicht, nur Gott weiß es. Er hörte unsagbare Worte, die ein Mensch nicht aussprechen kann.“ Theologen gehen davon aus, dass Paulus von sich selbst sprach.

Obwohl Paulus offenließ, ob er sich mit oder ohne physischen Körper im extrauniversalen Existenzraum befand, dürfte es kaum möglich gewesen sein, sich mit dem Körper im Jenseits aufzuhalten, wenn auch nur vorübergehend. Denkbar ist, dass sich das individuelle Selbst auf Initiative eines nicht genannten Wesens vom physischen Körper trennte und später wieder in ihn zurückkehrte.

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Grenzüberschreitung und Kommunikation

Ob die im religiösen Schrifttum überlieferten Ereignisse tatsächlich so wie berichtet stattfanden, lässt sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht mehr klären. Dass es sich um reine Fantasiegeschichten eines Einzelnen oder einer Gruppe mit bestimmten Interessen handelt, ist jedoch kaum anzunehmen. Schließlich wurden die religiösen Schriften, zumindest diejenigen des Alten und Neuen Testaments der Bibel, von einer im weitesten Sinne aus Theologen bestehenden Redaktion bearbeitet. Aus diesem Grund ist kaum denkbar, dass Schilderungen, die schon damals als offensichtlich frei erfunden, unglaubwürdig oder gar absurd galten, in diese Schriften aufgenommen werden konnten.

Aussagen zur Durchlässigkeit der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits lassen sich nicht nur im religiösen Schrifttum finden. Auch in säkularen Schriften finden sich von der vorchristlichen Zeit bis heute eine Vielzahl von anekdotischen Schilderungen zu Phänomenen im Grenzbereich zwischen den Existenzräumen und auch darüber hinaus.

Interuniversale Phänomene beschränken sich nicht unbedingt auf die Grenzüberschreitung und die dabei erlebten Sinneseindrücke. Auch eine Kommunikation zwischen in unterschiedlichen Existenzräumen beheimateten Wesen kann erfolgen. Insofern erscheint die Unterscheidung zweier unterschiedlicher Arten von Erfahrungen als sinnvoll.

Transzendenzerfahrungen

Jedes erlebte Phänomen, das als interuniversales Phänomen im Zusammenhang mit dem Überschreiten der Grenze zwischen den Existenzräumen erlebt wird, überschreitet auch die Grenzen menschlicher Erfahrung im Diesseits. Eine derartige Erfahrung lässt sich auch als Transzendenzerfahrung bezeichnen.

Als Transzendenzerfahrung wird aus der Perspektive des Diesseits eine Erfahrung verstanden, die zwar ausschließlich oder doch zumindest überwiegend im Diesseits, dem diesseitigen Raum-Zeit-Kontinuum, wahrzunehmen ist, jedoch ohne Einwirkung aus einem extrauniversalen Existenzraum nicht erklärbar ist. Sie kann passiv erlebt, jedoch durchaus auch aktiv initiiert werden.

Als Beispiel für eine Transzendenzerfahrung mag die bereits erwähnte Schilderung des Apostels Paulus dienen. Der Erlebende bewegte sich vom intrauniversalen hin zu einem extrauniversalen Existenzraum. Er überschritt die Grenze zu diesem Existenzraum und konnte gewissermaßen einen Blick in diesen, das Jenseits, werfen. Der extrauniversale Existenzraum wurde mit den Sinnen wahrgenommen – Paulus konnte hören -, allerdings wurde die Grenze nicht endgültig überschritten. Das individuelle Selbst kehrte nach dieser Erfahrung wieder in den physischen Körper zurück. Mit dem Begriff „erweitertes Bewusstsein“ wäre eine derartige Transzendenzerfahrung nicht hinreichend beschrieben.

Supranaturale Kommunikationserfahrungen

Eine supranaturale Kommunikationserfahrung bezeichnet eine übernatürliche Kommunikationserfahrung zwischen zwei oder mehr Wesen, die den bekannten Naturgesetzen nicht unterworfen ist. Eine Transzendenzerfahrung kann mit einer supranaturalen Kommunikationserfahrung einhergehen, jedoch ist dies keineswegs Bedingung. Wenn ein die Grenze überschreitendes Wesen lediglich visuelle Wahrnehmungen erlebt, ist keine Kommunikation erforderlich. Erfolgt jedoch eine Kommunikation zwischen Wesen über die Grenze hinweg, kann die Verständigung nur auf übernatürliche Art und Weise geschehen.

Die Kommunikation zwischen dem Engel und Petrus dient als Beispiel für eine supranaturale Kommunikationserfahrung des Petrus. Offensichtlich konnte er den Engel nicht nur akustisch klar und deutlich verstehen, sondern auch den Sinn dessen, was der Engel ihm zu sagen hatte. Dies lässt den Schluss zu, dass der Engel in der Muttersprache des Petrus kommunizierte.

Abgrenzung zu psychischen Störungen

Bei der Betrachtung von Transzendenzerfahrungen und supranaturalen Kommunikationserfahrungen ist stets auch zu bedenken, dass möglicherweise bei einem Berichtenden eine psychische Störung, insbesondere eine Psychose, vorliegen könnte. Ein Symptomkomplex der Psychose besteht in ungewöhnlichen Wahrnehmungen und Vorstellungen. Wahnvorstellungen und Halluzinationen gelten als typische Anzeichen für eine Psychose, wobei „Psychose“ als Sammelbegriff für schwere psychische Störungen zu verstehen ist.

Betroffene verlieren vorübergehend oder anhaltend den Bezug zur Realität. Sie haben mitunter das Gefühl, Dinge zu hören, zu sehen, zu riechen oder zu schmecken, die Mitmenschen so nicht wahrnehmen. Dabei gehen Betroffene davon aus, dass allein ihre Wahrnehmung die „Richtige“ ist und alle ihrer Mitmenschen eine falsche Wahrnehmung haben. Insofern geht eine Psychose mit schwerwiegenden Denkstörungen einher.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.