Das Loslösungsszenario – ist es plausibel?Lesezeit: 9 Min.

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Das Loslösungsszenario geht davon aus, dass das individuelle Selbst unabhängig vom Gehirn existiert und es im Augenblick des Todes die Verbindung zum Gehirn löst. Doch ist dieses Szenario plausibel?

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Was geschieht mit mir wenn ich sterbe - Gestaltung: privat

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
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Dieses Szenario basiert auf der Prämisse, dass das individuelle Selbst unabhängig vom Gehirn existiert, gleichwohl aber das Gehirn als Dienstleister und Schnittstelle zum physischen Körper nutzt. Im Augenblick des Todes wird die Verbindung zum Gehirn gelöst. Der physische Tod wirkt sich auf das individuelle Selbst nicht aus.

Menschliche Sinnesorgane und Gehirn als Filter

Viele Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebten, berichten von einem Zugang zu Erfahrungen, die im diesseitigen Leben nicht möglich sind. Es werden Farben, Töne, Klänge wahrgenommen, die auf der Erde bzw. von im Diesseits lebenden Menschen nicht wahrgenommen werden können.

Das gesunde menschliche Ohr kann lediglich Schallwellen mit einer Frequenz zwischen 20 und 16 000 bis max. 20 000 Hertz wahrnehmen. Darunter oder darüber liegende Frequenzen können im Innenohr keine Schallempfindungen mehr auslösen. Im Frequenzbereich der menschlichen Sprache, zwischen 500 und 6000 Hertz, ist das Ohr am empfindlichsten. In diesem Frequenzbereich können Menschen am besten hören.

Das Hörvermögen von Tieren geht teilweise über das Hörvermögen des Menschen weit hinaus. Hunde, als Beispiel, können Schallwellen mit einer Frequenz zwischen 20 und 40 000 Hertz wahrnehmen, Katzen sogar im Bereich zwischen 20 und 70 000 Hertz. Diese Tiere können damit sogar den für Menschen nicht wahrnehmbaren Ultraschall (über 20 000 Hertz) hören. Nachtaktive Tiere, wie beispielsweise Fledermäuse, können sogar hochfrequente Töne bis zu 200 000 Hertz wahrnehmen.

Das gesunde menschliche Auge kann auf Licht in einem Bereich zwischen 380 und 780 Nanometern reagieren. Darunter liegt der für das menschliche Auge unsichtbare Ultraviolettbereich, darüber der ebenfalls unsichtbare Infrarotbereich. Das Auge kann bis zu 2,3 Millionen Farbtöne unterschiedlicher Intensität unterscheiden.

Viele Tiere, beispielsweise Bienen, Hummeln und Mäuse, können darüber hinaus auch das für Menschen nicht verwertbare ultraviolette Licht wahrnehmen. Manche Tiere, darunter manche Schlangenarten, können auch Infrarotlicht sehen.

Wenn Menschen während einer Transzendenzerfahrung Schallwellen außerhalb des für sie wahrnehmbaren Frequenzbereichs und entsprechend Farben außerhalb des Spektralbereichs wahrnehmen können, ist davon auszugehen, dass das individuelle Selbst nicht an die Wahrnehmungsgrenzen der menschlichen Sinnesorgane gebunden ist. Das physische Gehirn als signalverarbeitende Instanz kann in der Konsequenz nur einen Ausschnitt dessen wahrnehmen, was das individuelle Selbst ohne Begrenzung durch den physischen Körper wahrnehmen kann.

Darüber hinaus schildern manche Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebten, dass sie während dieser Transzendenzerfahrung eine Art universelles Verstehen erlebt hätten. Schon beim Denken an eine gleichgültig wie komplizierte Frage habe sich auch schon die Antwort darauf ergeben. Es sei erfassbar gewesen, dass alles logisch, miteinander verbunden und göttlich geordnet sei.

Mit dem Ende einer Transzendenzerfahrung übernimmt das Gehirn gewissermaßen wieder die Kontrolle. Die Erinnerung an das während einer Transzendenzerfahrung Erlebte bleibt bei vielen Menschen zumindest teilweise im Gedächtnis erhalten.

Einschränkung der Gehirnfunktionen

Manche Menschen leiden unter der Einschränkung von Gehirnfunktionen (siehe auch „Funktionsstörungen im Gehirn – was geht verloren?“), beispielsweise infolge eines Schlaganfalls oder der Entfernung einer Gehirnhälfte (Hemisphärektomie). Das menschliche Gehirn ist in der Lage, derartige Einschränkungen dank neuronaler Plastizität (auch als Neuroplastizität bezeichnet) in begrenztem Umfang zu kompensieren. Die insbesondere für Lernprozesse und Erinnerungsleistungen wichtige Neuroplastizität dient dazu, die Funktionen des Nervensystems zu erhalten, anzupassen und auch zu erweitern.

Menschen, die eine Phase terminaler Geistesklarheit (siehe „Terminale Geistesklarheit – Was verbirgt sich dahinter?“) erleben, können ohne erkennbaren neurologischen Grund plötzlich ihnen vertraute Personen wiedererkennen, sich u. a. an während ihrer irreversiblen Gehirnerkrankung stattgefundene Ereignisse erinnern, in Gesprächen auf diese Erinnerungen zurückgreifen und angemessene Gefühle ausdrücken. Das individuelle Selbst war offenkundig während der Zeit der funktionalen Beeinträchtigung der Gehirnfunktionen von den physischen Einschränkungen nicht betroffen. Als Erklärung bietet sich an, dass während der Phase terminaler Geistesklarheit die durch die physischen Beeinträchtigungen verstärkte Filterfunktion des Gehirns aufgehoben ist. Das individuelle Selbst kann sich dem Gehirn wieder so „mitteilen“ als bestünden keine funktionalen Beeinträchtigungen.

Wenn davon ausgegangen wird, dass das individuelle Selbst als immaterielle Entität nicht durch physische Funktionsstörungen beeinträchtigt werden kann, wird beim Tod gewissermaßen das beeinträchtigte Gehirn zurückgelassen. Im Loslösungsszenario befreit sich ein Individuum mit dem physischen Tod von seinen diesseitigen Beschränkungen. Es ist gewissermaßen eine Erlösung.

Transzendenzerfahrungen

Im Licht des Loslösungsszenarios gewinnt der Begriff „Transzendenzerfahrung“ eine andere Bedeutung. Was das individuelle Selbst wahrnimmt und erlebt, ist gewissermaßen der Normalfall. Was an das menschliche Gehirn übermittelt wird, ist in der Konsequenz lediglich ein Ausschnitt der Realität.

Nahtoderfahrungen

Manche Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebten (siehe „Was sind Nahtoderfahrungen? Wie werden sie erlebt?“), nahmen sich als frei von den Grenzen eines normal funktionierenden Gehirns wahr. Das individuelle Selbst hatte während der Nahtoderfahrung Zugang zum extrauniversalen Existenzraum, dem Jenseits, mit allen damit verbundenen Erfahrungen und Eindrücken.

Während Nahtoderfahrungen werden, wie anekdotische Schilderungen nahelegen, völlig außergewöhnliche Sinneswahrnehmungen erlebt. Das individuelle Selbst ist in der Lage, diese zu „verarbeiten“ und auch im Gedächtnis zur späteren Erinnerung nach der Nahtoderfahrung zu speichern.

Im Rahmen eines Lebensrückblicks, den viele Menschen während einer Nahtoderfahrung erleben, kann das individuelle Selbst preisgeben, wie man selbst das Leben anderer Menschen durch seine Worte und Taten beeinflusste. Auch die Perspektive der Mitmenschen, wie diese mit ihren Worten und Taten das eigene Leben beeinflussten, wird offengelegt. Das individuelle Selbst nimmt demnach offenkundig sehr viel mehr wahr als das menschliche Gehirn.

Bei einer dissoziativen Störung, als Beispiel, verliert das Gehirn ganz oder teilweise die Fähigkeit, Wahrnehmungen zu einem normalen, vollumfänglichen Erleben zusammenzufügen. Auslöser einer dissoziativen Störung sind typischerweise extrem belastende Ereignisse, wie beispielsweise Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Die Dissoziation dient dem Schutz der Psyche, damit man nach außen hin „funktionieren“ kann.

Eine dissoziative Amnesie, oft durch Traumata oder Stress ausgelöst, führt als Form der Gedächtnisstörung dazu, dass man sich an bestimmte Aspekte der Lebensgeschichte nicht mehr erinnern kann. Sie stellt eine Art Schutzfunktion der Psyche dar, indem sie davor bewahrt, sich erneut mit den belastenden Erlebnissen auseinandersetzen zu müssen.

Was vom individuellen Selbst preisgegeben werden kann, muss zuvor registriert worden sein. Wenn dissoziiert wird, dient dies gewissermaßen der „Überlebensfähigkeit“ der Seele. Das individuelle Selbst kennt jedoch keine Dissoziation.

In der Konsequenz wird die Hypothese gestützt, dass das individuelle Selbst nicht im Gehirn „beheimatet“ ist, sondern unabhängig vom Gehirn existiert. Nahtoderfahrungen lassen sich nicht erklären, wenn das individuelle Selbst vom Gehirn „produziert“ wird. Sie lassen sich aber erklären und verstehen, wenn individuelles Selbst und physisches Gehirn als zwei voneinander unabhängige Entitäten verstanden werden.

Sterbebettvisionen

Während einer Sterbebettvision (siehe „Was sind Sterbebettvisionen und wie werden sie erlebt?“) erhält die erlebende Person typischerweise „Besuch“ von ein oder mehreren bereits verstorbenen Personen als Geistwesen, mit der bzw. denen zu deren Lebzeiten eine positive emotionale Beziehung bestand. Manchmal wird auch der „Besuch“ eines autochthonen Geistwesens (z. B. Engel) berichtet.

Sterbebettvisionen werden im Allgemeinen als tröstend empfunden. Kurz vor dem Tod werden „Besucher“ als Abholer bzw. Begleiter in den extrauniversalen Existenzraum, das Jenseits, wahrgenommen. Im Raum anwesende Personen können die Geistwesen, die die erlebende Person sieht und mit denen sie möglicherweise auch kommuniziert, selbst nicht sehen.

Auch bei einer Sterbebettvision kann davon ausgegangen werden, dass die Grenzen des physischen Gehirns während der Sterbebettvision temporär aufgehoben sind. Das individuelle Selbst befindet sich gewissermaßen gleichzeitig im Diesseits und im Jenseits.

Nachtodkontakte

Bei einem Nachtodkontakt (siehe „Können Verstorbene wieder erscheinen?“) wird die erlebende Person von einer bereits verstorbenen Person (allochthones Geistwesen) direkt und unmittelbar kontaktiert. Der Kontakt kommt auf Initiative der verstorbenen Person zustande. Die Kommunikation kann auf sehr unterschiedliche Weise, verbal wie nonverbal, geschehen.

Nachtodkontakte sind nicht erklärbar. Es ist nicht zu erklären, wie Verstorbene direkten Zugang zum menschlichen Gehirn erlangen und mit diesem kommunizieren können. Wenn jedoch davon ausgegangen wird, dass das physische Gehirn „Dienstleister“ des individuellen Selbst ist, können zwei individuelle Selbst miteinander kommunizieren.

Geistwesenkontakte

Das bereits kurz zu Nachtodkontakten Ausgeführte trifft auch auf Geistwesenkontakte (siehe „Können sich Geistwesen materialisieren?“) zu. Auch autochthone Geistwesen verfügen über ein individuelles Selbst.

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Folgerungen

Das Loslösungsszenario lässt sich mit den erkenntnistheoretischen Positionen des Materialismus und auch des Naturalismus nicht vereinbaren. Es setzt voraus, dass das individuelle Selbst unabhängig vom physischen Körper existiert.

Anekdotischen Schilderungen von Nahtoderfahrungen zufolge kann das individuelle Selbst wesentlich mehr erfassen und verarbeiten als mit dem menschlichen Gehirn möglich. Deshalb ist davon auszugehen, dass eine Art Filter dem menschlichen Gehirn lediglich so viel zumutet, wie dieses für das Leben im intrauniversalen Existenzraum, dem Diesseits, benötigt. Für Menschen ist es beispielsweise nicht erforderlich, Schallwellen mit einer Frequenz von über 20 000 Hertz wahrzunehmen, für Hunde und Katzen jedoch schon. Durch die Filterfunktion werden deshalb bestimmte Frequenzbereiche (Ultraschall) und Wellenbereiche (Ultraviolett- und Infrarot-Anteile) ausgefiltert.

Sinnentsprechend lässt sich die Hypothese formulieren, dass dem Gehirn die Aufgabe zukommt, die vom individuellen Selbst übermittelten Gedanken zu filtern. Das Gehirn verarbeitet die Gedanken eher, bringt sie aber nicht selbst hervor. Das Gehirn ist gewissermaßen der Interpret des individuellen Selbst.

In der Konsequenz ist es das individuelle Selbst, das die Gedanken hervorbringt. Das physische Gehirn kann diese Gedanken empfangen und diejenigen auswählen, die für das Leben wichtig und notwendig sind. Das Gehirn leistet dann die Umwandlung in elektrische und chemische Signale, die vom Körper verstanden werden können.

Auf der Linie dieses Gedankens äußerte sich auch der englische Philosoph Aldous Huxley (1894-1963): „Um ein biologisches Überleben zu ermöglichen, muss das größtmögliche Bewusstsein durch den Reduktionsfilter des Gehirns und des Nervensystems hindurchfließen. Was am anderen Ende herauskommt, ist ein spärliches Rinnsal von Bewusstsein, das es uns ermöglicht, auf eben diesem unserem Planeten am Leben zu bleiben.“

Letzten Endes kann das physische Gehirn absterben, ohne dass das individuelle Selbst beim Loslösen eine aktive Rolle übernehmen muss. Mit dem biologischen Tod bleibt der verwesliche Körper einfach zurück.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.