Löst sich die Seele im Augenblick des Todes vom Körper?Lesezeit: 9 Min.

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Löst sich die Seele beim Sterben vom physischen Körper? Eine spannende Frage! Und wie könnte das Loslösen geschehen?

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Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Was geschieht mit mir wenn ich sterbe?
Grobes Inhaltsverzeichnis

Die großen Weltreligionen gehen davon aus, dass es eine Weiterexistenz nach dem Tod gibt. Gleichwohl unterscheiden sich die Vorstellungen hinsichtlich der Weiterexistenz des individuellen Selbst fundamental. Da der physische Körper unbestreitbar in der bisherigen Form nicht weiterexistieren kann – nach dem Tod ist er der Verwesung ausgesetzt – bleibt das individuelle Selbst als mögliches unsterbliches Objekt.

Im religiösen Schrifttum der Weltreligionen wird der Begriff „individuelles Selbst“ nicht verwendet. Stattdessen wird gemeinhin von der „Seele“ gesprochen, gewissermaßen dem immateriellen Kern des Lebens eines Individuums und gleichzeitig Träger der von der Existenz des physischen Körpers unabhängigen Identität. Insofern setzt der biologische Tod der Existenz der Seele kein Ende. In der Konsequenz ist die Seele unsterblich.

Im Gegensatz dazu wird die Überzeugung vertreten, dass alle Dinge, demnach auch die Seele, aus Materie bestehen. Folglich ist die Seele sterblich und kann sich deshalb auch nicht vom Körper lösen. Der verstorbene Mensch ist als Ganzes ausgelöscht. Eine mögliche Auferstehung, wie von manchen Religionen postuliert, resultiert folglich in einer Neuschöpfung des ganzen Menschen. In weiterer Konsequenz handelt es sich bei einer Neuschöpfung um ein Replikat, da etwas Ausgelöschtes nicht mehr wiederhergestellt werden kann.

Beziehung zwischen Leib und Seele

In geschichtlicher Betrachtung lassen sich sehr unterschiedliche Vorstellungen von Leib (bzw. Körper) und Seele erkennen. Die wahrscheinlich ältesten Vorstellungen gehen auf das Alte Ägypten zurück, wo drei Aspekte des Seelischen im Menschen unterschieden wurden: Ka, Ba und Ach. Ka und Ba überdauern den physischen Tod des Menschen. Sie verlassen den Körper des Sterbenden und existieren dann eigenständig weiter, sind demnach Freiseelen. Ach bezeichnet eine Existenzform, die erst nach dem Tod durch entsprechende Bemühungen erlangt wird.

Von einer klaren Abgrenzung von Leib und Seele kann in der Geschichte lange nicht gesprochen werden. In der Antike, als Beispiel, galt die Seele als „belebendes Prinzip“, das mit dem physischen Tod den Körper verlässt. Leib und Seele waren – wie auch im Alten Ägypten – unterscheidbar.

In dieser Untersuchung kann nicht auf die sich im Lauf der Zeit sich immer wieder wandelnden Vorstellungen von Leib und Seele eingegangen werden. Dies würde den Rahmen bei weitem sprengen. Während im Hinblick auf den Körper weitgehende Klarheit herrscht, existieren bis heute keine weltweit verbindliche Definition zum Begriff „Seele“. Dies trifft auch auf weitere im Kontext relevante Begriffe wie „Psyche“ „Geist“ oder „Bewusstsein“ zu. Diese Untersuchung verfolgt nicht das Ziel, zu Definitionen zu gelangen. Vielmehr liegt das Schwergewicht auf der phänomenologischen Betrachtungsweise, d. h. Dinge, Zustände und Prozesse werden von ihrer Erscheinung her beschrieben.

Erkenntnisquellen

Um sich einer Aussage nähern zu können, ob überhaupt die Möglichkeit besteht, dass sich die Seele vom Körper lösen kann, erscheint eine kurze und überblickshafte Betrachtung zweier Konzepte hilfreich: Monismus und Dualismus. Der Monismus geht von der Einheit von Materie und Geist, von Leib und Seele, aus. Stirbt der Leib, so stirbt auch die Seele. Demgegenüber geht der Dualismus von der grundlegenden Verschiedenheit von Materie und Geist aus. Leib und Seele sind voneinander verschieden, wodurch sich auch die grundsätzliche Möglichkeit eröffnet, dass die Seele vom biologischen Tod unabhängig ist.

Monismus und Dualismus mit ihren nahezu unzähligen Variationen bezeichnen philosophische bzw. erkenntnistheoretische Positionen. Um diese Positionen zu unterfüttern bedarf es konkreter Erkenntnisquellen. Drei wesentliche Erkenntnisquellen lassen sich unterscheiden: Wissenschaft, religiöses Schrifttum und Erfahrungsberichte.

Naturgemäß kann die Wissenschaft zur Frage, ob sich die Seele im Augenblick des Todes vom Körper löst, keinerlei Erkenntnisse mit Beweischarakter beisteuern. Das Loslösen lässt sich schließlich nicht unter Laborbedingungen untersuchen. Die Wissenschaft muss sich auf das für sie zugängliche beobachtbare Universum, hier als intrauniversaler Existenzraum und auch als Diesseits bezeichnet, beschränken. Sie kann über einen extrauniversalen Existenzraum, ein Jenseits, als möglicher Bestimmungsort nach dem Loslösen der Seele keine belastbaren Aussagen treffen.

Das religiöse Schrifttum der Weltreligionen enthält vielerlei sehr unterschiedlich geartete Hinweise auf die Loslösung der Seele vom Körper. Insbesondere die Offenbarungsreligionen (Judentum, Christentum, Islam) postulieren mit ihrem Schrifttum eine Loslösung der Seele. Das Schrifttum beschreibt Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen intrauniversalem Existenzraum (Diesseits) und extrauniversalem Existenzraum (Jenseits), kann jedoch dafür keinerlei objektive Beweise beibringen.

Eine dritte Quelle sind Erfahrungsberichte von Menschen, die Transzendenzerfahrungen (Nahtoderfahrungen, Sterbebettvisionen, Nachtodkontakte oder Geistwesenkontakte) erlebten und ihre Erfahrungen und Erlebnisse mitteilten. Bei diesen anekdotischen Schilderungen von Transzendenzerfahrungen (siehe auch „Taxonomie der Transzendenzerfahrungen“) handelt es sich um subjektive Erfahrungen, die nicht unbedingt immer vollkommen erfahrungsgetreu wiedergegeben werden. Insofern sie sich nicht objektiv verifizieren lassen kommt ihnen keine Beweiskraft zu.

Wahrnehmungen der Loslösung

Wird davon ausgegangen, dass sich die Seele vom Körper lösen kann, lassen sich über die Art und Weise, wie dies „technisch“ gesehen geschehen könnte, diverse Gedankenspiele anstellen. Eine erste theoretische Möglichkeit besteht darin, dass sich die Seele im Augenblick des Todes eigeninitiativ vom physischen Körper löst und sich gewissermaßen selbst evakuiert. Alternativ wäre denkbar, dass sich die Seele auf Fremdinitiative hin (beispielsweise auf Initiative Gottes) vom Körper löst und ohne eigene Initiative evakuiert wird. Eine zweite theoretische Möglichkeit gründet auf der Hypothese, dass die Seele grundsätzlich unabhängig vom Körper existiert, mit dem Körper aber bis zum biologischen Tod verbunden ist. Tritt der Tod ein, löst die Seele die Verbindung.

Eine Loslösung der Seele vom physischen Körper kann sowohl vom Sterbenden selbst als auch von Anwesenden wahrgenommen werden. Ein Sterbender kann seine Wahrnehmungen jedoch nur bis zur „Grenze“, bis zum Eintritt des Todes mehr oder weniger gut und verständlich mitteilen. Anwesende können hingegen das „Vorher“, das „Jetzt“, und auch das „Nachher“ wahrnehmen.

Wahrnehmungen der sterbenden Person selbst

Bei Bewusstsein kann sich die sterbende Person noch verständlich machen und verbal, nonverbal und paraverbal kommunizieren. Sie kann jedoch die Loslösung der Seele nur als unmittelbar bevorstehendes Ereignis kommunizieren, da im Augenblick der Loslösung der Seele keine Verständigung mehr möglich ist. Rein technisch betrachtet, kann die sterbende Person keine Botschaften mehr senden. Anderenfalls könnte ein seelenloser Körper kommunizieren.

Die sterbende Person selbst nimmt vermutlich die Loslösung der Seele durchaus wahr, wobei jedoch implizit vorausgesetzt wird, dass der Seele eine eigenständige Substanzialität zugesprochen wird. Während keine Hirnströme messbar sind, kann die Seele durchaus ihre Umwelt wahrnehmen (sehen, hören, riechen), wie viele Nahtoderfahrungen nahelegen.

In ihrem Buch „7 Botschaften des Himmels“ beschreibt die US-amerikanische orthopädische Chirurgin Mary C. Neal die Loslösung der Seele vom Körper während ihrer Nahtoderfahrung so: „Jener Plopp, den ich spürte, als mein geistiges Selbst schließlich den Körper abschüttelte, war wie das Geräusch des Wassers, in das ein Stein gefallen ist.“ (S. 44). Aus dieser individuellen Erfahrung lassen sich keine allgemeingültigen Schlüsse ziehen; dennoch geben sie einen Hinweis.

Es kann nur vermutet werden, was eine sterbende Person an der Grenze des diesseitigen Lebens wahrnimmt. Wenn die Seele nicht stirbt, mag sie den Übergang in eine andere Existenzform, bildlich gesprochen, wie das Ablegen von Kleidung empfinden. Der Körper als Hülle wird abgelegt. Dieses Ablegen der Hülle mag als befreiend empfunden werden, insbesondere dann, wenn zu Lebzeiten alters- oder krankheitsbedingte Einschränkungen belasteten. Würde jedoch auch die Seele sterben, wären keine Wahrnehmungen mehr möglich.

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Wahrnehmungen von Anwesenden

Wie erleben anwesende Menschen eine sterbende Person im Augenblick des Todes? Ist in irgendeiner Weise wahrnehmbar, dass die Seele den Körper verlässt?

Wenn ein Mensch stirbt, befinden sich die sterbende Person und der bzw. die Anwesenden in einer Grenzsituation. Die meisten Menschen erleben während ihres gesamten Lebens nie das Sterben eines Menschen mit. Es verwundert nicht, dass Unsicherheit herrscht, wenn rational nicht erklärbare Sterbebettphänomene wahrnehmbar sind. Und es verwundert ebenso wenig, wenn eine naheliegende Erklärung gesucht wird. So läge es beispielsweise nahe, bei der sterbenden Person ein Delir (eine Bewusstseinsstörung, die unter anderem durch zeitliche und räumliche Desorientiertheit, Verwirrtheit und Halluzinationen gekennzeichnet ist) zu vermuten, wenn sie eine Sterbebettvision (eine relativ häufig vorkommende Transzendenzerfahrung) erlebt. Bei einer Sterbebettvision (siehe „Was sind Sterbebettvisionen und wie werden sie erlebt?“) sieht eine bald sterbende Person eine oder mehrere ihr bekannte Personen (z. B. den bereits verstorbenen Vater, ein bereits verstorbenes Kind) im Raum. Anwesende Personen können im Allgemeinen nicht sehen, was die sterbende Person sieht.

Nur relativ wenige anekdotische Schilderungen (siehe „Rätselhafte Phänomene um den Todeszeitpunkt“) geben wieder, was um den Todeszeitpunkt einer sterbenden Person geschieht, wenn der physische Tod eintritt. Es wird von außergewöhnlichen und rätselhaften Phänomenen berichtet, bei denen die Seele visuell als Wolke, Nebel, Schleier oder als anderes flüchtiges Gebilde erkennbar ist.

Es ist durchaus verständlich, wenn derartige Wahrnehmungen und Beobachtungen relativ selten öffentlich mitgeteilt werden. Die Sorge, möglicherweise als esoterisch oder anderweitig „sonderbar“ abgestempelt zu werden, erscheint nachvollziehbar.

Mögliche Szenarien

Die verschiedenen Denkansätze lassen sich in drei Szenarien ausdrücken, die im Teil „Queranalyse“ eingehender diskutiert werden. Gleichzeitig decken sie auch die Möglichkeiten ab, die sich aus „technischer“ Sicht ergeben. Folgende Szenarien sind möglich:

  • Das Erlöschungsszenario: Die Seele löst sich nicht vom physischen Körper. Da sie gewissermaßen „Teil“ des physischen Körpers ist, stirbt bzw. erlöscht sie (siehe „Das Erlöschungsszenario – ist es plausibel?“);
  • Das Evakuierungsszenario: Die Seele löst sich im Augenblick des Todes vom physischen Körper und wird evakuiert, da sie unsterblich ist (siehe „Das Evakuierungsszenario – ist es plausibel?“);
  • Das Loslösungsszenario: Die Seele ist nicht „Teil“ des physischen Körpers, nutzt jedoch das Gehirn gewissermaßen als „Dienstleister“. Beim biologischen Tod löst sie die Verbindung zum physischen Körper (siehe „Das Loslösungsszenario – ist es plausibel?“).

In dieser Untersuchung wird anstelle des vielen Menschen vertrauten Begriffs „Seele“ künftig der Begriff „individuelles Selbst“ verwendet. Auf diese Weise wird definitorischen Unklarheiten des Begriffs „Seele“ aus dem Weg gegangen. Außerdem wird das Konzept dessen angedeutet, was den biologischen Tod überdauern kann.

Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.