Der Liebe genügt es nicht, die Gegenwart zu schenken. Sie will …Lesezeit: 8 Min.

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„Der Liebe genügt es nicht, die Gegenwart zu schenken. Sie will die Zukunft schenken, will sich für unabsehbare Zeit verpflichten.“

Charles de Foucauld
Der Liebe genügt es nicht, die Gegenwart zu schenken, C. de Foucauld - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Charles de Foucauld (1858 -1916) war ein französischer Forscher, Offizier, Priester, Mönch und Eremit. In eine der reichsten Familien Frankreichs geboren, führte er bereits während der Schulzeit einen ausschweifenden Lebenswandel. Aus der Armee, in die er später eintrat, wurde er unehrenhaft entlassen.

Nach seiner Wiederhinwendung zum christlichen Glauben wurde er Priester und Mönch. In Algerien errichtete er eine Einsiedelei. Gleichwohl pflegte er Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und galt als Freund der Tuareg, einem Volksstamm. Bei einem Überfall von Aufständischen wurde er ermordet.

Warum genügt die Gegenwart nicht?

Dass Menschen miteinander die Ehe eingehen, ist ein starkes Indiz dafür, dass es der Liebe nicht genügt, die Gegenwart zu schenken. Man heiratet schließlich nur dann, wenn man sich mit dem Partner eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann und sie sich auch von Herzen wünscht. Eine Heirat ist zudem eine freiwillige Entscheidung. Zumindest in der Bundesrepublik Deutschland muss niemand unter Zwang heiraten.

Der in früheren Zeiten durchaus spürbare soziale Druck, beispielsweise bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft zu heiraten, besteht nicht mehr. Auch dass Paare unverheiratet zusammenleben, ist heute gesellschaftlich akzeptiert. Wer sich also heute für die Ehe entscheidet, handelt jedenfalls bewusst und ohne sozialen Druck.

Das Motiv, den Partner durch die Ehe dauerhaft an sich binden zu wollen, bringt wohl niemand dazu, sich für die Ehe zu entscheiden. Dieser Versuch wäre schließlich auch aussichtslos, denn eine Ehe kann auf Verlangen eines Partners auch wieder geschieden werden. Eine Ehescheidung ist nicht mehr wie in früheren Zeiten mit einem Stigma behaftet. In der Gesellschaft gilt als anerkannt, dass Ehen scheitern und durch Scheidung wieder aufgelöst werden können. Über ein Drittel aller Ehen werden wieder geschieden.

Es ist so: der Liebe genügt es nicht, die Gegenwart zu schenken, weil man nicht mehr ohne den geliebten Menschen sein möchte. Man möchte ihn „für immer“ um sich haben. Man will es so. Beide wollen es so.

Was bedeutet es, die Zukunft zu schenken?

In den allermeisten Fällen ist es wohl die gegenseitige Liebe, die zwei Menschen zu der freiwilligen Entscheidung bringt, einander zu heiraten. Damit drücken beide auch aus, dass sie sich dem jeweiligen Partner hingeben wollen – es ist ein Liebesbeweis. Und es ist eine Selbstverpflichtung, dem Partner die gemeinsame Zukunft zu schenken.

Wenn man die gemeinsame Zukunft schenkt, drückt man dadurch auch aus: es ist keine „Wegwerfbeziehung“. In einer Wegwerfgesellschaft wird etwas entsorgt, wenn es nicht mehr funktioniert. Es wird nicht repariert, sondern einfach durch etwas vermeintlich Besseres ersetzt. Es ist schlicht der einfachste Weg.

Eine Beziehung kann man nicht einfach „entsorgen“, jedenfalls nicht ohne seelische Verletzungen. Weil man die gemeinsame Zukunft schenken will, liegt der Gedanke fern, sie bei Schwierigkeiten einfach zu „entsorgen“. Die gemeinsame Zukunft zu schenken bedeutet dann auch, um eine marode Beziehung zu kämpfen, es zumindest zu wollen. In jeder Beziehung durchleben die Partner Höhen gemeinsamen Glücks. Aber sie erleben auch Tiefen, die die Beziehung vor eine Zerreißprobe stellen können.

Die Zukunft schenken bedeutet des Weiteren auch, sich auch auf den Schmerz einzulassen, wenn der Partner sich verändert. Der Partner erkrankt möglicherweise körperlich und/oder seelisch. Vielleicht zeigen sich Symptome einer unheilbaren Autoimmunerkrankung, wie beispielsweise Multiple Sklerose. Oder vielleicht verfällt er in eine Depression. Die Gegenwart ist dann nicht die Zukunft, die man sich einmal vorgestellt hat.

Schließlich bedeutet Zukunft schenken auch, sich auf den Schmerz einzulassen, wenn der Partner nicht mehr da ist, wenn der Tod die Beziehung auseinanderreißt. Die Liebe stirbt jedoch nicht und lebt im Herzen des zurückgebliebenen Partners weiter.

Welche Art von Schenken ist gemeint?

Es gibt Geschenke, die von Herzen kommen. Sie können wertvoll sein oder auch nicht. Sie können perfekt sein oder auch nicht. Man schenkt etwas, weil man einfach eine Freude machen möchte. Ob man für ein Geschenk irgendetwas zurückbekommt, fragt man sich nicht. Man schenkt einfach, weil es von Herzen kommt.

Andererseits gibt es Geschenke, mit denen man einen Zweck verfolgt. Sie kommen nicht von Herzen, sondern sind durch die Erwartung motiviert, dadurch irgendeine Art von Vorteil zu erlangen. Vielleicht erhofft man sich, bei irgendetwas schneller an die Reihe zu kommen, bei einer Vergabe begünstigt zu werden oder …

Auch in einer Liebesbeziehung kann das Schenken mit einer Erwartung verknüpft sein: mit der Erwartung „Mach‘ mich glücklich!“. Ist es dann noch ein Schenken von Herzen? Oder ist es schon eher ein Schenken in Erwartung einer Gegenleistung?

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Wem schenkt man sich eigentlich?

Liebe bezieht sich immer auf fehlerhafte und unperfekte Menschen. Und man selbst ist auch fehlerhaft und unperfekt. Man schenkt sich einem unvollkommenen Menschen.

Jeder Mensch verändert sich im Lauf seines Lebens physiognomisch. Der Alterungsprozess lässt sich verzögern, aber nicht wirklich aufhalten. Die Erwartung, dass sich körperliche Schönheit herstellen lässt, kann zwar erfüllt werden, aber eben nicht auf Dauer. Und auch der „innere Mensch“ verändert sich. Man erlebt Höhen und Tiefen des Lebens, Freude, Enttäuschungen, Schmerz … Und bei alledem gewinnt man Lebenserfahrung hinzu. Man verändert sich körperlich und seelisch. Der Partner verändert sich natürlich auch.

In der Konsequenz schenkt man sich einem Menschen, der sich kontinuierlich verändern wird. Ob es nur positive Veränderungen sind, kann man in der Gegenwart noch nicht wissen. Man kann nur hoffen und vertrauen. Ist es unter diesem Vorzeichen nicht ein großes Risiko, die Zukunft schenken zu wollen? In der Tat ist es ein Risiko, aber die Liebe ist stärker.

Wie schenkt man sich selbst?

Ist man mit sich selbst in Einklang? Hat man sich selbst angenommen und liebt man sich selbst mit allen seinen Fehlern und Unzulänglichkeiten? Diese Fragen sind durchaus nicht nebensächlich.

In einer Beziehung spielen Gefühle eine äußerst wichtige Rolle. Kann man das gesamte Spektrum der Gefühle, von positiv bis negativ, zulassen und insbesondere die negativen Gefühle auch aushalten – bei sich selbst? Es ist eine ganz natürliche Neigung, schmerzliche Gefühle zu verdrängen. Aber durch das Verdrängen hindert man sich auch daran, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und menschliche Nähe zu erleben.

Wenn man mit sich selbst nicht in Einklang ist, ist es dann nicht besser, sich in einer guten Weise zunächst um sich selbst zu kümmern? Dieses Kümmern um sich selbst könnte darin bestehen, in sich zu gehen, sich selbst anzunehmen, wertschätzen und lieben zu lernen. Dies mag ein längerer Prozess sein, der auch durch Gefühlstäler führen kann. Es lohnt sich jedoch allemal, denn dadurch entwickelt man seine Persönlichkeit. Man versöhnt sich gewissermaßen mit sich selbst, kann Frieden mit sich schließen. Als Folgewirkung macht man sich auch für andere zugänglich, denn man wirkt reifer, offener und echter.

Auch auf die Beziehung zum Partner strahlt aus, wenn man sich selbst angenommen, wertschätzen und lieben gelernt hat. Man macht sich nicht vom Partner abhängig. Der Partner muss kein Vakuum ausfüllen, nichts kompensieren, was man in sich selbst nicht findet. Dann sendet man beispielsweise nicht die Botschaft aus: „Mach‘ mich glücklich!“. Man hat ja schon selbst gelernt, wie man glücklich wird und ist.

Würde man dem Partner die Schuld zuweisen, wenn die Liebe zeitweise als nicht erfüllend empfunden wird? Wohl kaum, denn man würde wohl zunächst sich selbst fragen, ob man gerade im Einklang mit sich selbst ist. Vielleicht geht man gerade durch eine unruhige Zeit und die Gefühle spielen Achterbahn. Aber wieder in Einklang mit sich kommen, das kann man nur selbst.

Wie wäre es hingegen, wenn man sich nicht um sich selbst kümmert und darauf hofft, dass der Partner einen glücklich macht? Dann ist es ein Schenken in Erwartung einer Gegenleistung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Liebe zum Partner irgendwann erkaltet, ist hoch. Vielleicht steuert man sogar auf die Trennung zu. Dann könnte wieder eine neue Beziehung folgen. Man kann zwar den Partner wechseln, aber sich selbst wird man nicht los.

Wenn man mit sich selbst in Einklang ist, wird man auch offener und zugänglicher für andere Menschen. Es fällt viel leichter, echte Nähe zu anderen Menschen zu erleben. Und es fällt viel leichter, auch anderen Menschen im Umfeld Liebe zu schenken, in Gegenwart und Zukunft.

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

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Wem schenkte Charles de Foucauld seine Liebe?

Charles de Foucauld war Zeit seines Lebens nie verheiratet. Nach seiner Priesterweihe war eine Ehe mit einer Frau nicht mehr möglich. Dennoch konnte er im Rückblick auf seine jungen Jahre in Sachen Liebe durchaus mitreden.

Vor seiner Wiederhinwendung zum christlichen Glauben hatte Charles de Foucauld durchaus Beziehungen. Während der Zeit seines ausschweifenden Lebenswandels fehlte es ihm keineswegs an Damenbekanntschaften. Im Alter von 17 Jahren, noch während seiner Schulzeit, stürzte er sich in sexuelle Abenteuer und feierte rauschende Partys. Das von seinem Großvater geerbte beträchtliche Vermögen verprasste er innerhalb weniger Jahre, auch mit Prostituierten.

Im Jahr 1880, während seiner Zeit bei der französischen Armee, wurde er nach Algerien versetzt. Er schmuggelte seine Geliebte Mimi aus Frankreich mit und gab sie als seine Frau aus. Dies blieb nicht unentdeckt und führte schließlich zu seiner unehrenhaften Entlassung aus der Armee.

Später, nach seiner Wiederhinwendung zum christlichen Glauben, galt seine Liebe Jesus Christus. Er schrieb: „Darin besteht das Geheimnis meines Lebens: Ich habe mein Herz an diesen Jesus von Nazareth verloren, und mein Leben ist nichts anderes als der Versuch, ihn so nachzuahmen, wie ich es in meiner Schwachheit vermag!“. Im Nachahmen erstreckte sich seine Liebe auf alle Menschen, denn auch Jesus Christus als sein Vorbild liebte alle Menschen.

Charles de Foucauld entschied sich für ein Leben in der algerischen Wüste unter den Tuareg, einem zu den Berbern zählenden Volk. Diesen Menschen wollte er seine Liebe schenken und er tat es auch bis zu seinem gewaltsamen Tod.

Für Charles de Foucauld war es das Höchste, Liebe zu schenken. Dies drückte er dann so aus: „Die Liebe ist die Vollendung; alles kann man übertreiben, nicht aber die Liebe; bei der Liebe kann man nie weit genug gehen.“.

Anmerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt. Dies ist nicht geschlechtsspezifisch gemeint.

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.