Die gegenseitige Hochachtung ist die Mutter der Liebe …Lesezeit: 8 Min.

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„Die gegenseitige Hochachtung ist die Mutter der Liebe und befähigt, einander zu lieben.“

Charles de Foucauld
Die gegenseitige Hochachtung ist die Mutter der Liebe, C. de Foucauld - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Charles de Foucauld (1858 -1916) war ein französischer Forscher, Offizier, Priester, Mönch und Eremit. In eine der reichsten Familien Frankreichs geboren, führte er bereits während der Schulzeit einen ausschweifenden Lebenswandel. Aus der Armee, in die er später eintrat, wurde er unehrenhaft entlassen.

Nach seiner Wiederhinwendung zum christlichen Glauben wurde er Priester und Mönch. In Algerien errichtete er eine Einsiedelei. Gleichwohl pflegte er Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und galt als Freund der Tuareg, einem Volksstamm. Bei einem Überfall von Aufständischen wurde er ermordet.

Hochachtung – ja, aber wofür?

Noch vor wenigen Jahrzehnten, war es üblich, einen Brief mit „Hochachtungsvoll“, mit „Mit vorzüglicher Hochachtung“ oder sogar mit „Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung“ abzuschließen.

Diese Bezeugung von Hochachtung galt dem Adressaten und sollte Hochachtung vor der Person ausdrücken. Zuletzt war es jedoch eine reine Grußformel, mit der man einen Brief eben abzuschließen hatte. Man dachte sich bei einem „Hochachtungsvoll“ nichts Weiteres, wohl ebenso wenig, wie man sich heute bei einem „Mit freundlichen Grüßen“ denkt.

Von der Wortbedeutung her drückt Hochachtung besonders große Achtung, Wertschätzung, Hochschätzung aus. Hochachtung ist nicht gleichbedeutend mit Respekt. Mit Respekt wird vielmehr Anerkennung und auf Bewunderung beruhende Achtung ausgedrückt. Mit dieser Unterscheidung wird gleichzeitig die Frage beantwortet, ob Hochachtung einer Person oder einer Leistung gilt. Für eine Person empfindet man eher Hochachtung, für eine Leistung eher Respekt.

Wie kann Hochachtung wahrnehmbar werden?

Wenn Hochachtung eine Einstellung gegenüber einer Person ist, dann muss sie sich auch auswirken und wahrnehmbar werden. Ansonsten bleibt Hochachtung eine Art theoretisches Konzept ohne wirklichen Lebensbezug. Doch wie kann Hochachtung wahrnehmbar werden?

Wie kann man Hochachtung in einer Paarbeziehung ausdrücken?

In einer Paarbeziehung kann sich Hochachtung durch vielerlei kleine und große Zeichen ausdrücken. Man denkt immer wieder darüber nach, was man am Partner hochschätzt. Und man erinnert sich, was einen am Partner so fasziniert hat, als man sich kennenlernte. Es muss etwas geben, das man am Partner hochgeschätzt hat, denn man hat sich ja bewusst für diesen Partner entschieden.

Welche Eigenschaften sind es aktuell, die man am Partner hochschätzt? Dem Partner immer wieder zu sagen, was man an ihm wertschätzt, und dies auch mit gelegentlichen Komplimenten und Aufmerksamkeiten zu unterstreichen, vertieft die Beziehung. Durch diese ganz praktische Demonstration der Hochachtung wird Liebe ausgedrückt.

Zudem wird dem Partner auch deutlich gemacht: „Ich liebe dich, so wie du jetzt bist“. Man wertschätzt schließlich nicht ein imaginäres Idealbild des Partners, sondern den gegenwärtig erlebbaren Partner mit allen seinen Stärken und Schwächen. Wenn man den Partner so wissen und spüren lässt, dass man ihn hochschätzt, wird dies nicht ohne Wirkung bleiben. Der Partner fühlt sich angenommen und empfindet Vertrauen und Sicherheit in der Beziehung. Dies wiederum macht es dem Partner leichter, sich zu öffnen.

Ein weiterer Aspekt der Hochachtung ist die Bereitschaft zum Zuhören. Dem Partner gehört die ganze Aufmerksamkeit, man hört zugewandt und aufmerksam zu und schaut nicht immer wieder auf die Uhr.

Gegenseitige Hochachtung stärkt die Beziehung. Beide empfinden den Anderen von Herzen als kostbar, als einmalig und in der Konsequenz als nicht austauschbar. Und wenn von beiden auch die Beziehung an sich wertgeschätzt wird, sind die Weichen für eine erfüllende Beziehung gestellt.

Wie kann man Hochachtung in einer freundschaftlichen Beziehung ausdrücken?

Freunde sind durch eine gegenseitige Zuneigung, die von Sympathie und Vertrauen getragen wird, miteinander verbunden. Der französische Philosoph und Schriftsteller Voltaire charakterisierte die Freundschaft so: „Freundschaft ist die Ehe der Seelen.“, wobei er sicherlich die enge Freundschaft im Blick hatte.

Gleichgültig, ob eher lose oder enge Freundschaft, auch sie kann nur auf dem Fundament der Hochachtung bestehen. An die Stelle des „Ich liebe dich, so wie du jetzt bist“ in einer Liebesbeziehung tritt ein „Ich wertschätze dich, so wie du jetzt bist“.

Anders als Ehepaare leben Freunde üblicherweise nicht zusammen unter einem Dach. Gegenseitige Wertschätzung kann man ausdrücken, wenn man sich trifft, bei gemeinsamen Unternehmungen oder wenn man miteinander über Medien kommuniziert. Vielleicht ist man, möglicherweise auch bedingt durch voneinander weit entfernte Wohnorte, nicht so häufig miteinander in Kontakt. Dann lässt sich Hochachtung beispielsweise auch durch kleine Aufmerksamkeiten, die auf dem Postweg verschickt werden, ausdrücken.

Wie kann man Hochachtung ganz allgemein ausdrücken?

Die meisten Menschen, mit denen man immer wieder zu tun hat, stehen einem nicht so nah wie der Partner oder Freunde. Familienangehörigen, Arbeitskollegen, Vereinskameraden, Nachbarn usw. bringt man ein unterschiedliches Maß an Vertrauen entgegen. Und auch Zuneigung und Sympathie sind sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Wenn man Hochachtung ausdrücken will, wird man ein guter und aufmerksamer Zuhörer sein. Der Andere wird auch an der Haltung spüren, ob man ihm zugewandt ist, ob er der Zeit für wert erachtet wird.

Man wird den Anderen ernstnehmen, auch wenn sich seine Überzeugungen nicht mit den eigenen decken. Die Hochachtung gilt der Person als achtenswertes menschliches Wesen, nicht deren persönlicher Überzeugung oder Meinung.

Paul Watzlawick, Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Philosoph und Autor, konstatierte, dass sich jeder Mensch im Lauf des Lebens seine eigene Weltsicht, seine eigene Wirklichkeit, konstruiert. So kam er auch zu dem Schluss: „Der Glaube, es gebe nur eine Wirklichkeit, ist die gefährlichste Selbsttäuschung.“, denn „Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist.“. Dies führt zu einer weiteren Erkenntnis: „Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert.“.

Selbstverständlich muss man mit der subjektiven Wirklichkeit eines Anderen nicht übereinstimmen. Wenn man persönlich eine völlig andere Auffassung vertritt, wird man sich abgrenzen, wenn notwendig auch mit sehr klaren und deutlichen Argumenten und Worten. Unterschiedliche Wirklichkeiten sind jedoch kein hinreichender Grund, einem anderen Menschen die Hochachtung zu versagen.

Viele Dinge wird man unterlassen, wenn man den Anderen hochachtet. Man wird beispielsweise den Anderen nicht respektlos behandeln, lächerlich machen, ihn mit Schimpfwörtern belegen, ihn verspotten oder verhöhnen oder im Gespräch mit den Augen rollen. Würde man dies tun, würde man ihn verachten und er würde sich wertlos fühlen.

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Und wenn man keine Hochachtung empfindet?

Durchaus häufig begegnet man Menschen, die nicht den eigenen Vorstellungen von einem „richtigen“ Lebenswandel entsprechen. Vielleicht sind sie alkohol- oder drogensüchtig, übergewichtig oder untergewichtig, unordentlich, faul, streitsüchtig, klatschsüchtig oder was auch immer. Vielleicht haben sie auch Überzeugungen und Meinungen, die mit den eigenen in völligem Widerspruch stehen.

Die Versuchung ist groß, solchen Menschen mit Geringschätzung, vielleicht sogar Verachtung, zu begegnen. Man macht sich vielleicht über sie lustig, äfft sie nach, lästert über sie. In Geringschätzung und Verachtung, den Gegenpolen von Hochachtung, wird eine moralische Überlegenheit zum Ausdruck gebracht. Doch ist man wirklich moralisch überlegen?

In einer Paarbeziehung sind Geringschätzung und Verachtung des Partners ein relativ sicheres Indiz dafür, dass die Beziehung früher oder später in die Brüche gehen wird. Wenn man den Partner geringschätzt oder gar verachtet, kann man ihn nicht lieben. Damit fehlt der Beziehung das Fundament. Die Mutter der Liebe ist nicht da.

Forschungsergebnisse deuten darüber hinaus sogar darauf hin, dass das Immunsystem in einer von gegenseitiger Geringschätzung und Verachtung geprägten Paarbeziehung geschwächt ist. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Infektionskrankheit (z. B. Grippe) zu erkranken, ist erhöht. Geringschätzung und Verachtung haben durchaus auch auf der körperlichen Ebene Folgen.

Kann man Hochachtung lernen?

Lebt man in einer Paarbeziehung, die unter Geringschätzung und Verachtung leidet, und möchte die Beziehung retten, muss der Geringschätzung und Verachtung ein Ende gemacht werden. Beide müssen sich weiterentwickeln, damit in der Beziehung ein Klima gegenseitiger Hochachtung wachsen und schließlich herrschen kann.

Ist es möglich, Hochachtung zu lernen? „Ja“, lautet die kurze Antwort – wenn man es möchte. Man muss bei sich selbst ansetzen und seine Einstellungen verändern. Schließlich kann man nur sich selbst ändern. Der Versuch, den Anderen ohne dessen Willen ändern zu wollen, wird stets in einer Enttäuschung enden.

Charles de Foucauld, der als Priester nie verheiratet war, hatte keine Paarbeziehungen, sondern ganz allgemein zwischenmenschliche Beziehungen im Blick. Wenn es ihm um Liebe ging, dann ging es ihm um die Liebe zu den Menschen ganz allgemein. Er erkannte die Liebe als Schlüssel, andere dazu zu motivieren, in ihnen den Wunsch zu wecken, sich verändern zu wollen. So schrieb er: „Wenn man einen Menschen ändern will, soll man ihm keine Predigt halten. Das beste Mittel ist nicht, ihm zu predigen, sondern zu beweisen, dass man den Betreffenden liebt.“

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Was müsste man tun, um Hochachtung zu entwickeln?

Kann man einfach einen „Schalter umlegen“ und dann empfindet man auf einmal Hochachtung für andere Menschen? So einfach ist es leider nicht. Man wird seine Einstellungen und Werte ändern müssen.

Wenn man eine positive Grundstimmung anderen Menschen gegenüber entwickelt, wird es leichter fallen, sie so anzunehmen, wie sie eben sind. Und wenn man sich ein positives Bild davon machen kann, was der Andere sein und noch werden könnte – der Andere ist schließlich noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen – kann man besser zwischen der Person an sich und deren aktuellen Einstellungen und Verhaltensweisen trennen.

Die Hochachtung gilt der Person, dem Menschen, nicht den Einstellungen und Verhaltensweisen. Vielleicht ist man mit den Einstellungen und Verhaltensweisen überhaupt nicht einverstanden und bekämpft sie. Dennoch kann man sich selbst Offenheit der Person gegenüber bewahren.

Charles de Foucauld lebte in der der algerischen Wüste als einziger Europäer unter der einheimischen Bevölkerung. Die kulturellen Unterschiede waren beträchtlich. Es gelang ihm vertrauensvolle Beziehungen zu entwickeln, die auch in eine tiefe Freundschaft mit dem König der Tuareg, einem einheimischen Volksstamm, mündeten. So kam es auch, dass er beispielsweise bei der Schlichtung von Streitigkeiten helfen konnte. Die Hochachtung seiner Mitmenschen war zu einer Stärke geworden und so konnte er sie auch lieben.

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.