„Folge nie der Menge, nur weil du Angst hast, anders zu sein.“
Margaret Thatcher
Margaret Thatcher (1925-2013) war von Mai 1979 bis November 1990 als erste Frau Premierministerin des Vereinigten Königsreichs. Sie reformierte die englische Wirtschaft grundlegend und wurde wegen ihrer als rigoros empfundenen Wirtschaftspolitik auch die „Eiserne Lady“ genannt.
Margaret Thatcher – Retterin und Spalterin
Margaret Thatcher beherzigte ihren eigenen Grundsatz. Sie gilt als eine der umstrittensten politischen Persönlichkeiten der Nachkriegszeit. Ihre Wirtschaftspolitik, die von vielen als rücksichts- und schonungslos empfunden wurde, trug maßgeblich dazu bei, dass ihr Politikstil von vielen später als „Thatcherismus“ bezeichnet wurde.
Sie wurde 1979 vor dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Arbeitslosigkeit von der Königin mit der Regierungsbildung beauftragt und nahm diesen Auftrag an. Margaret Thatcher verfolgte eine monetaristische Wirtschaftspolitik (vielfach als angebotsorientierte Wirtschaftspolitik bezeichnet), reduzierte die staatlichen Ausgaben, trieb die Privatisierung staatlicher Betriebe voran, und schränkte den „Bewegungsspielraum“ der Gewerkschaften ein, indem sie das Streikrecht der bis dahin übermächtigen Gewerkschaften beschränkte. Sie verschrieb dem Vereinigten Königreich in der Tat eine neoliberale Rosskur.
Dem europäischen Integrationsprozess stand sie skeptisch gegenüber. Sie wollte keine Europäische Währungsunion und lehnte die Verlagerung politischer Macht nach Brüssel kategorisch ab.
Anders zu sein erfordert Mut
Margaret Thatcher setzte ihren eigenen Regierungsstil gegen mancherlei Widerstände durch. 1990 wurde der Widerstand jedoch zu groß. Margaret Thatcher wurde von ihrer eigenen Partei gestürzt.
Anders zu sein, aufgrund eigener Überzeugungen nicht der Menge zu folgen, erfordert eine gehörige Portion Mut. Man fällt auf. Man macht sich angreifbar, läuft Gefahr, Ablehnung zu erfahren.
Zu allen Zeiten gab es Menschen, die sich gegen den „Mainstream“ und die Dogmen ihrer jeweiligen Zeit stellten. Meist sahen sie sich massivem Widerstand ausgesetzt und hatten mit Ablehnung und Anfeindungen zu kämpfen.
Drei Personen seien stellvertretend für die unzähligen Menschen, die für ihre Überzeugungen einstanden, genannt: Nikolaus Kopernikus, Ignaz Semmelweis und Harald zur Hausen.
Nikolaus Kopernikus
Zu Lebzeiten des Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473-1543) glaubte man, dass sich die Sonne, der Mond und alle Planeten um die Erde drehen. Dies entsprach dem geozentrischen Weltbild der griechischen Philosophen Aristoteles und Ptolemäus. Demzufolge steht die Erde fest an ihrem Platz und bewegt sich nicht.
Kopernikus beschrieb hingegen auf Grundlage seiner Beobachtungen ein heliozentrisches Weltbild. Gemäß diesem ist die Erde ein Planet, dreht sich um ihre eigene Achse und bewegt sich zudem wie die anderen Planeten um die Sonne. Sein Kosmos-Modell stellte in der Konsequenz vieles auf den Kopf, was in der damaligen Wissenschaft für richtig gehalten wurde. Es verwundert nicht, dass es mehrheitlich übergangen, ignoriert oder gar als Hirngespinst angesehen wurde.
Erst Johannes Kepler erkannte, dass sich Planeten nicht in kreisförmigen, sondern in ellipsenförmigen Planetenbahnen bewegen. Diese Erkenntnisse beschrieb er in seinen drei Gesetzen. Ende des 17. Jahrhunderts lieferte Isaac Newton schließlich mit dem Gravitationsgesetz die physikalische Begründung der Keplerschen Gesetze.
Ignaz Semmelweis
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlor rund jede sechste gebärende Frau bei der Geburt ihres Kindes im Krankenhaus ihr Leben. Wie viele Mütter hätten noch bei der Geburt sterben müssen, hätte nicht der Chirurg und Geburtshelfer Ignaz Semmelweis (1818-1865) die Ursachen des Kindbettfiebers entdeckt.
Dank seiner akribischen Forschung ist bekannt, dass richtige und regelmäßige Händereinigung lebensrettend sein kann. Er hielt es für unbedingt erforderlich, die Hände vor jeder Untersuchung zu desinfizieren. Damit befand er sich im Widerspruch zu vielen Ärzten, die Hygiene als Zeitverschwendung erachteten und für unnötig hielten.
Seine Erkenntnisse, dass Ärzte infolge mangelnder Händedesinfektion Krankheiten verbreiten, wurden zu seinen Lebzeiten nicht anerkannt und von Kollegen als „spekulativer Unfug“ abgelehnt. Von manchen Medizinern wurde er sehr angefeindet und als „Nestbeschmutzer“ bezeichnet. Semmelweis kämpfte einen ziemlich einsamen Kampf, gewann nur die Unterstützung weniger Kollegen, aber er gab nicht auf.
Harald zur Hausen
Harald zur Hausen, deutscher Mediziner und Nobelpreisträger für Medizin (2008), wagte sich 1976 mit der Hypothese an die Fachwelt, dass humane Papillomviren (Warzenviren) eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) spielen. Zuvor hatte er sich intensiv mit der Literatur und den Arbeiten, die andere auf ähnlichen Sektoren durchgeführt hatten, beschäftigt.
In einem Interview erwähnte zur Hausen, dass er für diese Hypothese oft belächelt worden sei, zumal es dafür zu dem Zeitpunkt noch keinen direkten Anhalt gab. Er sei jedoch überzeugt gewesen, dass er Recht habe und sein von ihm beschrittener Weg richtig sei.
Aus der Hypothese wurde schon nach wenigen Jahren experimentell untermauerte wissenschaftliche Gewissheit. Anfang der 1980er Jahre konnte zur Hausen mit seiner Arbeitsgruppe erstmals die Typen HPV 16 und HPV 18 des humanen Papillomvirus aus an Gebärmutterhalskrebs erkranktem Gewebe isolieren.
Die Entdeckung des Auslösers der bei Frauen dritthäufigsten Krebserkrankung (die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 sind weltweit für etwa 70 % aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich) eröffnete völlig neue Perspektiven der Vorbeugung und Behandlung. Sie führte letztlich zur Entwicklung von HPV-Impfstoffen, die seit 2006 verfügbar sind und auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen.
Mut gewinnen, nicht der Menge zu folgen
Es gibt viele Felder, auf denen man möglicherweise aus eigener Überzeugung nicht der Mehrheit folgen kann oder es einfach nicht möchte. Vielleicht sind es politische Überzeugungen, die Einstellung zur Lebensgestaltung, zur Nutzung sozialen Medien, religiöse Überzeugungen, die Einstellung zum Umgang mit Geld, oder irgendetwas anderes, was einen als außerhalb des „Mainstream“ erscheinen lässt.
Es mag sein, dass man belächelt oder sogar offen angefeindet wird, wenn man nicht der Menge folgt und „gegen den Strom schwimmt“. Möchte man wahrgenommenen Widerstand aushalten? Dies ist wohl die erste Frage, die man für sich beantworten muss.
Wenn die Antwort „Ja“ lautet, stellt sich die nächste Frage: Wie überwindet man die Angst, anders zu sein? Wie gewinnt man Mut, Widerstand auszuhalten? Und worauf gründet sich dieser Mut? Eine gesunde Selbstwertschätzung und ein gesundes Selbstvertrauen sind es, die für diesen Mut ein solides Fundament bilden.
Die Basis: eine gesunde Selbstwertschätzung
Wer bestimmt den Wert eines Menschen? Bestimmt er selbst seinen Wert oder lässt er ihn von anderen bestimmen? Die Selbstwertschätzung kann in der Tat selbst- oder fremdbestimmt sein, sich auf innere oder äußere Quellen gründen. Bei jedem Menschen finden sich Anteile von beidem, wobei sich aber die Frage stellt, welcher Anteil überwiegt.
Diverse Studien zeigen, dass Menschen, die ihren Selbstwert darauf gründen, was andere über sie denken, dafür einen Preis zahlen. Als Beispiel sei die Nutzung sozialer Medien genannt. Die Jagd nach „Likes“, was einer Bestätigung durch Andere gleichkommt, kann zu einer Sucht führen. Auf einmal lässt man andere Menschen über seinen Wert bestimmen. Und es mag dazu kommen, dass man diese „Likes“ noch nicht einmal so richtig genießen kann.
Da ist beispielsweise der Zocker, der mit Online-Glücksspielen Geld gewinnen möchte. Er gewinnt auch tatsächlich und dann postet er ein Foto seines Gewinns auf einer sozialen Plattform, beispielsweise Instagram. Dafür heimst er „Likes“ ein. Aber meistens verliert er Geld. Seine Verluste verschweigt er. In Wirklichkeit kann er die „Likes“ überhaupt nicht genießen, da ihm ja klar bewusst ist, dass er einen Teil der Wahrheit einfach verschweigt.
Auf externen Quellen gegründete Selbstwertschätzung gleicht brüchigem Eis. Was geschieht, wenn dieser Art von Selbstwertschätzung plötzlich die Nahrung entzogen wird? Deshalb darf Wertschätzung nicht von anderen abhängig sein. Sie muss in einem selbst tief verwurzelt sein.
Es erweist sich als klug, sich selbst Wert zuzuweisen und die inneren Quellen der Selbstwertschätzung zu entdecken. Eine innere Quelle kann beispielsweise das eigene Wertefundament (Zuverlässigkeit, Selbstdisziplin, Besonnenheit, Offenheit, Ehrlichkeit usw.) sein. Die meisten Menschen benötigen beim Nachdenken etwas Zeit, um ihre inneren Quellen als Untermauerung ihrer Selbstwertschätzung zu erkennen. Aber die Anstrengung lohnt sich, damit eine gesunde Selbstwertschätzung als „Airbag der Psyche“ entwickelt werden kann.
Der Mutmacher: gesundes Selbstvertrauen
Menschen mit geringem Selbstvertrauen neigen zu Versagensängsten und scheuen eher davor zurück, ihre eigenen Überzeugungen und Einstellungen zu vertreten. Sie konzentrieren sich darauf, möglichst keine Fehler zu machen und wollen unauffällig bleiben. Bei neuen Aufgaben fühlen sie sich so, als wären diese übermächtig und schrecken deshalb vor neuen Herausforderungen zurück. Und es scheint ihnen nahezu unmöglich, sich gegen die Menge zu stellen, obwohl sie davon überzeugt sind, bessere Konzepte oder Lösungen zu haben. Dies führt jedoch dazu, dass sie so die Chance verpassen, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Ihnen fehlt der Mut, wobei jedoch Mut auch bedeutet, Fehler mit einzukalkulieren und sie zu akzeptieren. Erfolge ohne Rückschläge sind eher selten.
Es ist hilfreich, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, was man schon alles in seinem Leben geschafft hat. Daraus erwachsen Selbstvertrauen und Mut. Die eigenen Ressourcen, die Gaben, Fähigkeiten und Kompetenzen, die man hat, sind schließlich nicht verloren gegangen. Man wertet sie aber selbst ab, wenn das Selbstvertrauen gering ausgeprägt ist. Wenn man hingegen seinen eigenen Ressourcen (wieder) vertraut, wächst auch das Selbstvertrauen, ein Anderssein durchhalten zu können.
Authentisch leben oder sich zurückziehen?
Wenn man der Menge nicht folgt, geht man in der Tat ein Risiko ein. Es mag sein, dass man mit seinen Ideen, Konzepten, Lösungsvorschlägen, oder was immer es sei, auf Widerstand stößt. Vielleicht trifft man auf den Widerstand der Behäbigkeit der Organisation. Oder man stellt sich gegen Lobbyinteressen. Oder … Und dann wird man vielleicht (vorübergehend) bekämpft und möglicherweise auch ausgegrenzt.
Möchte man authentisch sein und für seine Anliegen einstehen, auch wenn man der Menge nicht folgen kann oder will? Oder möchte man lieber in der Menge untertauchen? Immer wieder wird man vor einem Zwiespalt stehen. Einerseits will man seine Überzeugungen vertreten, weil man von seinem Anliegen überzeugt ist. Andererseits scheut man die sachliche Auseinandersetzung und neigt dazu, den leichten Weg zu gehen, aufzugeben.
Man kann jedenfalls daran arbeiten, seine Selbstwertschätzung zu stärken. Und das gesunde Selbstvertrauen vermittelt Mut, für sich einzustehen.
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