Loslassen um zu gewinnen? Warum ist gerade Loslassen ein Aspekt der Vorbeugung für die Seele? Und wie gewinne ich dadurch Freiheit?
Monika (nicht ihr richtiger Name) ist unglücklich. Sie hat eine Beziehung zu einem verheirateten Mann. Er will sich von seiner Frau nicht trennen. Sie möchte auf ihn auch nicht verzichten und ist mit den wenigen Stunden, die sie mit ihm von Zeit zu Zeit erlebt, angeblich zufrieden. Nein, in Wirklichkeit ist sie nicht zufrieden!
Sie steckt in einem Dilemma. Er wird sich von seiner Frau (und den Kindern) nicht trennen. Monika wird mit ihrer „Nebenrolle“ zufrieden sein müssen. Sie möchte aber selbst diese Nebenrolle nicht aufgeben, denn sie liebt ihn ja. Aber glücklich ist sie in ihrem tiefsten Inneren nicht.
Würde es Monika weiterbringen, wenn sie „alles auf eine Karte setzen“ und von ihm ultimativ verlangen würde, sich von seiner Familie zu trennen? Sehr wahrscheinlich würde er die Beziehung zu ihr zugunsten seiner Familie „opfern“, wenn es denn hart auf hart käme. Sie kann sich ihren Wunsch, ihn nur für sich zu haben, nicht erfüllen.
Ihr verheirateter „Freund“ ist mit dem Status quo ganz zufrieden. Wenn er zwei Frauen haben kann, warum nicht, mag er sich denken. Er muss praktisch nichts investieren. Seine „Investition“ besteht in gelegentlichen Äußerungen, wieviel Monika ihm bedeute. Und schon ist sie zufrieden.
Weshalb klammert Monika? Ist es wirklich echte Liebe? Oder ist es eher Eifersucht, Besitzenwollen, die Angst, ganz alleine zu sein oder …? Möchte echte Liebe wirklich besitzen? Oder kann echte Liebe loslassen, dem anderen die Freiheit einräumen, zu entscheiden und so zu leben, wie er will?
Monikas Freund hat sich schon entschieden. Er wird seine Familie nicht aufgeben. Jetzt liegt es an Monika, für sich einen Weg zu erkennen. Wenn sie sich für die Weiterführung der Beziehung entscheidet, bleibt sie weiterhin vordergründig glücklich, aber im Tiefsten unerfüllt. Wenn Sie sich dagegen entscheidet und ihn loslässt, was verliert sie dann? Und was gewinnt sie? Diese ganz persönliche „Gewinn- und Verlustrechnung“ kann nur Monika für sich aufmachen.
Nicht loslassen können hat einen Preis
Oft ist es alles andere als leicht, einen geliebten Menschen loszulassen, eine Beziehung zu lösen. Wenn es aber nicht geschieht, stehen am Ende oft Verbitterung, Wut und Niedergeschlagenheit. Wäre es dann für Monika nicht ein Zeichen der Liebe zu sich selbst, eine „Sackgassenbeziehung“ lieber früher als später zu beenden? Die Entscheidung liegt bei ihr.
Loslassen ist ein Thema für viele Bereiche des Lebens. In einer Beziehung den anderen loslassen, bedeutet ihr/ihm Raum zu geben, nicht zu klammern, ihre/seine Wünsche und Bedürfnisse zu respektieren. Echte Liebe drängt nicht, zwingt nicht, stellt kein Ultimatum.
Wenn ich Vorurteile loslasse, kann ich anderen Menschen offener begegnen. Wenn ich Rechthaberei loslasse, gewinne ich Zeit für wichtigere Dinge, verliere mich nicht in Streitereien um Kleinigkeiten. Wenn ich lerne zu vergeben, kann ich Wut, Ärger, Groll und Bitterkeit über zurückliegende Verletzungen und Kränkungen loslassen. Und es gibt noch so viele andere Bereiche, wo ich feststellen kann: ich gewinne, wenn ich loslasse!
Loslassen bedeutet allerdings nicht, Gefühle einfach nur zu unterdrücken oder unbearbeitet wegzuschieben. Gefühle wie etwa Wut, Trauer und Angst sind zutiefst menschlich. Ich kann aber meine Gefühle bewusst wahrnehmen, mich mit ihnen achtsam beschäftigen und sie dann bewusst loslassen. Dabei hilft mir vielleicht ein kleines Ritual. Wenn etwas schon Losgelassenes sich wieder schmerzlich in Erinnerung bringt, dient mir das Ritual als Erinnerungsstütze, dass das bewusste Loslassen schon stattgefunden hat.
Außerdem bedeutet Loslassen nicht, alles mit sich machen zu lassen. Wo notwendig, darf der eigene Standpunkt vertreten werden, ist Abgrenzung sinnvoll und notwendig. Loslassen bedeutet nicht ungerechtfertigtes Nachgeben. Ich darf meinen Standpunkt klarmachen.
Gewinnen durch Loslassen
Jetzt klingt es nicht mehr so seltsam: durch Loslassen gewinne ich Freiheit. Loslassen wird Teil des Vorbeugungsprogramms für die Seele. Ich gewinne seelische Stabilität, mache mich unabhängiger von anderen. Gleichzeitig öffne ich mich, Beziehungen mit anderen intensiver zu erleben.