„Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“
Galileo Galilei
Galileo Galilei (1564-1642) war ein italienischer Universalgelehrter. Er war Philosoph, Mathematiker, Ingenieur, Physiker, Astronom und Kosmologe. Viele seiner Entdeckungen, vor allem in der Mechanik und der Astronomie, gelten als bahnbrechend. Er entwickelte die Methode, die Natur durch die Kombination von Experimenten, Messungen und mathematischen Analysen zu erforschen und wurde damit einer der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen exakten Naturwissenschaften.
1615 stellte er sein sogenanntes heliozentrisches Weltmodell vor. Dieses erklärt, dass die Planeten um die Sonne kreisen und die Sonne Mittelpunkt des Systems ist. Bis dahin wurde davon ausgegangen, dass das Meer der Anfang vom Ende der Welt ist und dass die Erde der zentrale Himmelskörper im Weltraum ist.
Wer kann beim Entdecken helfen?
Man befindet sich vielleicht gerade in einer persönlichen Umbruchsituation. Die berufliche Situation ist unbefriedigend und man möchte sich neu orientieren. Oder man befindet sich in einer Lebenskrise und stellt im Moment vieles, vielleicht sogar alles, infrage. Oder man möchte proaktiv ausloten, wie man seine Potenziale im Leben besser zur Geltung bringen kann. Gründe, sich über die aktuelle Situation und sein zukünftiges Leben intensive Gedanken zu machen, gibt es viele.
Doch wie geht man am besten vor, wenn man sich vor einer wichtigen Weichenstellung im Leben sieht? Eine Möglichkeit besteht darin, aus dem reichhaltigen Angebot an Vorträgen, Seminaren oder ähnlichen Veranstaltungen auszuwählen und teilzunehmen. Als weitere Möglichkeit bietet sich an, das persönliche Gespräch mit einer Person zu suchen, der man voll vertrauen kann. Das kann beispielsweise eine gute Freundin, ein guter Freund sein, oder eine außenstehende Person, etwa ein Psychotherapeut oder Coach.
Im Kern geht es oft um Fragen wie „Was steckt in mir und was kann ich am besten daraus machen?“, „Wo befinde ich mich gerade und wie könnte es weitergehen?“ oder „Warum geht es mir gerade so und wie komme ich da raus?“. Wer kann bei diesen oder ähnlich gelagerten Fragen am ehesten unterstützen? Ist es der „Lehrer“ oder der „Helfer“?
Der Lehrer
Der Lehrer verfügt über eine solide Wissensbasis. Er vermittelt Wissen bedarfsgerecht aus seinem Wissensfundus an einen oder mehrere Lernwillige, wobei er sich an dessen bzw. deren Anforderungen und Wünschen orientiert. Ein Lernwilliger möchte sich mehr Wissen aneignen und es künftig zu seinem Nutzen einsetzen. Aufgabe des Lehrers ist es nun, zum Verringern des Wissensgefälles beizutragen.
Mit seinen didaktischen Fähigkeiten übernimmt der Lehrer den aktiven Part und steuert die Interaktion. Er wird Fragen stellen, um die Situation des bzw. der Lernwilligen besser einschätzen und Wissen zielgerichteter vermitteln zu können. Auf die individuelle Situation eines Lernwilligen kann er jedoch nur bedingt eingehen. Und er bleibt überwiegend auf der sachlichen Ebene. Die zwischenmenschliche Beziehung und die emotionale Ebene spielen eine untergeordnete Rolle.
Wird der Lehrer in der Lage sein, das Vermitteln von Wissen vom Erteilen von Ratschlägen sauber zu trennen? Lebenserfahrungen, Einstellungen, Vorlieben und Wünsche eines Lehrers können dazu führen, dass objektives Wissen und subjektiver Ratschlag vermischt werden. Wenn der Lernwillige dem folgt, verliert er in gewisser Weise den Kontakt zu sich selbst. Er steht in der Gefahr, sich etwas Fremdes überstülpen zu lassen.
Der Lernwillige übernimmt die Verantwortung dafür, ob und wie er das erworbene Wissen anwendet. Er muss eine Transferleistung erbringen, um das erworbene Wissen in seine Lebenssituation übersetzen zu können.
Der Helfer
Der Helfer verfügt ebenfalls über ein solides Wissensfundament, allerdings ist es völlig anders gelagert. Es ist mehr ein „Prozesswissen“, ein Wissen, wie man einem Unterstützungsuchenden (Klient) helfen kann, zu sich selbst zu finden, sich selbst zu entdecken, und für sich Entwicklungswege zu finden. Deshalb kann ein Helfer in weit höherem Maß als ein Lehrer psychologisch fundierte Methoden und Techniken einsetzen.
Ein Helfer unterstützt nur eine einzige Person. Ziel ist nicht Wissensvermittlung, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Damit dies gelingen kann, holt der Helfer, bildlich gesprochen, den Klienten dort ab, wo er gerade steht. Mit geeigneten Fragen stößt er beim Klienten Reflexions- und Entdeckungsprozesse an. Außerdem nimmt er Mimik, Gestik und weitere Körperbewegungen beim Klienten wahr und teilt seine Beobachtungen mit dem Klienten, um diese Prozesse zu unterstützen. Ziel ist es, dem Klienten dabei zu helfen, seine ihm schon innewohnenden Klärungspotenziale zu nutzen und seine Handlungsmöglichkeiten (z. B. Verhaltensänderungen) selbst zu erkennen.
Um den Klienten optimal unterstützen zu können, nimmt der Helfer eine möglichst objektive und von hohem Toleranzgrad gekennzeichnete Haltung ein. Es geht schließlich ganz um den Klienten. Der Helfer enthält sich, was das vom Klienten verbal wie nonverbal Geäußerte anbelangt, jeglicher Wertungen, Empfehlungen oder Ratschläge.
Der Helfer nimmt dem Klienten auch keine Antworten ab. Diese muss der Klient selbst finden. Angeregt wird der Klient dazu durch vom Helfer eingebrachte hinführende Fragen. Im Optimalfall greift der Klient die Anregungen auf und reflektiert intensiv über bestimmte Einstellungen, Überzeugungen, Wünsche, Ideen, Pläne, Gefühle, Verhaltensweisen usw. Dies bewegt den Klienten auch dazu, manches zu hinterfragen.
Es versteht sich auch, dass der Helfer dem Klienten keine Entscheidungen abnimmt. Der Helfer unterstützt den Klienten dabei, wichtige und bedeutsame Pro- und Contra-Aspekte selbst zu erkennen und zu bewerten. Es ist schließlich wichtig, dass der Klient zu eigenverantwortlichen Entscheidungen gelangen kann, unbeeinflusst vom Helfer.
Die Beziehung zwischen Helfer und Klient ist entscheidend wichtig, denn beide begegnen sich auf Augenhöhe. Es wird davon ausgegangen, dass der Klient auch sehr private Dinge von sich preisgibt. Deshalb muss der Helfer das volle Vertrauen des Klienten besitzen. Darüber hinaus muss er sich einer Schweigepflicht unterwerfen und eine im gesetzlichen Rahmen höchstmögliche Vertraulichkeit gewährleisten.
Der Klient behält zu jedem Zeitpunkt die volle Verantwortung für sich. Er entscheidet, ob und wie er mit dem selbst Erkannten umgeht. Der Helfer unterstützt beim Entdecken, mehr nicht.
Wie kann man beim Entdecken helfen?
Die sehr unterschiedlichen Charakteristika der „Lehrer“- und „Helfer“-Rollen geben einen klaren Hinweis, wie beim Entdecken geholfen werden kann. Wenn man etwas in sich selbst entdecken möchte, kann keine andere Person den Weg zeigen. Der Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut und Philosoph Paul Watzlawick drückte es so aus: „Wer zu sich selbst finden will, darf andere nicht nach dem Weg fragen.“
Der Helfer wird sich ganz auf den Klienten, seine Persönlichkeit und seine aktuelle Lebenssituation einstellen. Er wird, wie schon angedeutet, Fragen stellen, die den Klienten zum Reflektieren und Entdecken anregen sollen. Stellvertretend für die Vielzahl möglicher Denkanstöße seien nur drei genannt:
- „Wenn wir uns in 3 Jahren wieder treffen würden, und Ihr Leben wäre bis dahin so verlaufen, wie Sie sich das vorgestellt und gewünscht haben – wie würde Ihr Leben dann aussehen?“
- „Was könnten Sie alles tun, wenn Sie Ihre Probleme nicht mehr hätten?“
- „Angenommen, Sie könnten ein völlig neues Leben beginnen, das in jeder Hinsicht Ihren Vorstellungen und Wünschen entspricht – wie würde Ihr neues Leben aussehen?“
Weitere Möglichkeiten, die den Klienten dabei unterstützen, sich bestimmten Aspekten seines Lebens zuzuwenden, sind Metaphern. Der Klient macht sich beispielsweise gedanklich zu einer Bergtour auf. Im Rucksack auf dem Rücken hat er die derzeit fünf größten Probleme zu tragen. Eines nach dem anderen werden die fünf Probleme aus dem imaginären Rucksack herausgeholt und am Wegrand abgelegt. Dies hilft dem Klienten unter Anderem dabei, Prioritäten sowie Zusammenhänge und Vernetzungen zwischen Problembereichen besser zu erkennen.
Auch das Bild des Lebenskuchens kann ein guter Denkanstoß sein. Der Klient wird gebeten, bedeutsame Bereiche seines Lebens in einem grafisch dargestellten runden Kuchen darzustellen und so zu veranschaulichen. Ein „Problemkuchen“ kann die derzeitigen Problemanteile wiedergeben, ein „Zielkuchen“ den idealen Zielzustand. Die Größe der einzelnen Kuchenstücke repräsentiert die jeweilige Bedeutung oder Größe relevanter Lebensbereiche.
Die verschiedenen Möglichkeiten, die einem beim Finden und Entdecken helfen können, kann man natürlich auch für sich alleine nutzen. Dann ist man sein eigener Helfer. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass man problembeladene Lebensbereiche ausblendet, weil man sich dem Schmerz nicht aussetzen will.
Was ist der richtige Zeitpunkt für das Entdecken?
Oft ist es eine schwierige Lebenssituation, die einen herausfordert. Vielleicht denkt man darüber nach, sich vom Partner zu trennen und die Scheidung einzureichen. Oder man ist dazu gezwungen, sich beruflich neu zu orientieren. Oder …
Vielleicht ist man auch einfach nur unzufrieden mit seiner Lebenssituation. Man spürt, dass man seine Potenziale sehr viel besser nutzen könnte, aber man hat bisher einfach immer nur funktioniert. Man überlegt, was man in sich entdecken und freilegen könnte.
Möglicherweise ist man auch mit seiner Lebenssituation aktuell zufrieden, aber man spürt: „Es könnte mehr gehen“. Man macht sich auf zur Entdeckungsreise in sich selbst.
Den einen „richtigen“ Zeitpunkt, seine ganz persönliche Entdeckungsreise in sich selbst zu beginnen, gibt es nicht. Je früher man jedoch damit beginnt und dann seinen Lebenskurs (neu) bestimmt, desto sinnerfüllter kann man sein weiteres Leben verbringen.
Es wäre jedoch unrealistisch, davon auszugehen, dass man sich einmalig im Leben auf Entdeckungsreise begibt. Man verändert sich selbst, das Umfeld verändert sich, alles verändert sich. Deshalb ist es hilfreich, diese Entdeckungsreise zu geeigneten Zeitpunkten zu wiederholen.
Entdecken, was in mir ist
„Was steckt wirklich in mir?“, „Was kann ich bei mir entdecken?“, „Welchen Weg möchte ich wirklich gehen?“ – es sind spannende Fragen. Die Antworten darauf können das gesamte Leben auf einen neuen Kurs bringen. Aber das Entdecken braucht Zeit.
Galilei erkannte das Experiment als wesentliches Mittel zur Erkenntnis von „Naturgesetzen“. Er entdeckte über das Experimentieren. Und das Experimentieren braucht seine Zeit, manchmal sehr lange Zeit. Im übertragenen Sinn darf man sich nicht selbst unter Druck setzen, sich zum Entdecken kein bestimmtes Zeitlimit setzen.
Das Entdecken ist eine spannende Angelegenheit. Und oft ist man gar nicht darüber verwundert, wenn man feststellt, dass Antworten auf wichtige Lebensfragen schon längst in einem waren. Sie wurden aufgedeckt, entdeckt. Man erlebt eine gewisse Befreiung und weiß, dass man jetzt seinen Weg mit Gewissheit gehen kann.
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