Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte …Lesezeit: 10 Min.

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„Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit in der Welt war, dann hat das Leben einen Sinn gehabt.“

Alfred Delp
Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, A. Delp - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Alfred Friedrich Delp (1907-1945) war ein deutscher Jesuit und ab 1942 Mitglied des Kreisauer Kreises, einer bürgerlichen Widerstandsgruppe, die sich während der Zeit des Nationalsozialismus mit Plänen zur politisch-gesellschaftlichen Neuordnung nach dem angenommenen Zusammenbruch der Hitler-Diktatur befasste. In seinen Beiträgen in „Stimmen der Zeit“, der Zeitschrift der Jesuiten, beschäftigte er sich in besonderem Maß mit sozialen Fragen in Wirtschaft und Politik. Seine Überlegungen flossen in die sogenannten Kreisauer Grundsatzerklärungen ein. 1945 wurde er zum Tod verurteilt und hingerichtet.

„Ein Brief für Dich“ – eine außergewöhnliche Begegnung

Der Film „Ein Brief für Dich“ handelt von Maggy, einem jungen Teenager, und von Sam, einem Rentner. Es ist ein Film, der zwei Menschen skizziert, die sich nie begegnet wären, hätte Sam nicht eine für sich sinnstiftende Aufgabe entdeckt.

Eines Tages erhält Maggy in einer schwierigen Lebenssituation unerwartet einen Brief von einem unbekannten Absender. Dieser Brief steckt voller lobender und ermutigender Worte, und der Absender scheint sie irgendwie zu kennen. Und er scheint der Einzige zu sein, der etwas Nettes über sie zu sagen hat.

Weder ihre Mutter, die wenig von ihr hält und mit der sie häufig Auseinandersetzungen hat, noch der ihr fremdgewordene Vater können ihr einen Hinweis zum Absender geben. Es lässt ihr keine Ruhe und sie beschließt, herauszufinden wer dieser geheimnisvolle Absender ist. Nach intensiver Suche macht sie schließlich den Rentner Sam, den Verfasser des Briefes, ausfindig.

Sam lebt in einem Altenheim und hat es sich zur Aufgabe gemacht, täglich einen Brief an eine ihm unbekannte Person zu schreiben. Damit möchte er das Leben dieses Menschen etwas versüßen. Für seine selbst gewählte Aufgabe braucht er nicht viel: einen „Decknamen“, ein Telefonbuch, Papier und Schreibzeug, und etwas Geld für Briefmarken.

Eine anrührende Geschichte, die dieser Film erzählt. Mit geringen Mitteln bringt Sam ein wenig mehr Liebe und Güte in die Welt hinein. Er setzt einen positiven Akzent im Leben Einzelner.

Was gibt man in die Welt hinein?

Kein Mensch lebt in völliger Isolation, zumindest wohl kaum in einer Selbstgewählten. Als soziale Wesen kommunizieren wir täglich mit anderen Menschen. Wir kommunizieren sowohl mit Worten als auch mit Körpersprache, d. h. mit Mimik, Gestik, Körperhaltung und ‑bewegung. Und wir kommunizieren darüber hinaus auch paraverbal, beispielsweise durch Tonfall, Sprechtempo oder Lautstärke. Es ist sogar gänzlich unmöglich, nicht zu kommunizieren. Der Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Philosoph Paul Watzlawick formulierte es lapidar so: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“.

Rein technisch gesehen ist jeder Mensch Sender und Empfänger. Gesendet und empfangen werden Worte und Körpersprache. Weil man nicht nur durch Worte, sondern auch mit seiner Körpersprache kommuniziert, ist man gewissermaßen ständig „auf Sendung“ – es sei denn man schläft (und selbst dann ließe sich die Körperhaltung im Schlaf auch als Körpersprache deuten).

Wenn man schon nahezu unablässig „sendet“, stellt sich die Frage, wie man kommuniziert und was man dadurch in die Welt hineinsendet. Das „wie“ und „was“ ist Ausdruck des eigenen seelischen Befindens. Der bekannte Schriftsteller Paulo Coelho drückte es so aus: „Wie Menschen andere Menschen behandeln ist eine direkte Reflexion davon, wie sie sich selber fühlen.“

Ist man ausgeglichen und zufrieden, wird man eher auf einer „positiven Welle“ kommunizieren und mit seinen Mitmenschen wohlwollend umgehen. Ist man hingegen unausgeglichen und unzufrieden, äußert sich dies entsprechend. Es mag sogar unterschwellig ein gewisses Rachemotiv mitschwingen. Der Philosoph Friedrich Nietzsche brachte es so auf den Punkt: „Wer mit sich unzufrieden ist, ist fortwährend bereit, sich dafür zu rächen.“. Diese Rache trifft Mitmenschen, obwohl diese meist nicht die Ursache für die Unzufriedenheit sind.

Was und wie man kommuniziert, ist eine Angelegenheit individueller Entscheidung. Selbst wenn man unausgeglichen und unzufrieden ist, kann man sich entscheiden, seine Mitmenschen nicht darunter leiden zu lassen. Psychisch gesunde Menschen können ihre Emotionen kontrollieren.

Sam, der Rentner, versucht, positive Signale an Mitmenschen zu senden. Im Film geschieht dies auch durch geschriebene Worte. Dass er damit begann, mutmachende Briefe an wildfremde Menschen zu schreiben, war die Folge einer bewussten Entscheidung. Menschen in einem Seniorenheim müssen keine Briefe schreiben. Wenn sie es trotzdem tun, geschieht dies aus freiem Willen.

Liebe und Güte, Licht und Wahrheit – was ist gemeint?

Dieses Zitat von Alfred Delp stammt aus seinen Aufzeichnungen im Gefängnis. Nach seiner Festnahme am 28. Juli 1944 war er bis zu seiner Hinrichtung am 1. Februar 1945 inhaftiert. Er war aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen und betrachtete das Leben aus anderer Perspektive.

Als Theologe war Alfred Delp mit der Bibel vertraut. Den Begriff „Liebe und Güte“ bezog er sicherlich auf Gott. Wenn Gott Liebe und Güte verkörpert, dann empfängt auch der Mensch diese Liebe und Güte. Und was man als Mensch empfängt, kann man auch an seine Mitmenschen auf seine ganz persönliche Art und Weise weitergeben.

Auch der Begriff „Licht und Wahrheit“ hat wohl einen biblischen Hintergrund. In Psalm 43 kommt ein Mensch zu Wort, der sich am Ende sah, verwirrt schien, nicht so recht mehr weiterwusste und keinen Weg für sich erkannte. Die Bitte um Licht und Wahrheit ist an Gott gerichtet.

Es darf wohl gefolgert werden, dass Alfred Delp den Menschen als „Weitergeber“ vor Augen hatte, der von Gott empfangene Liebe und Güte sowie Licht und Wahrheit an Mitmenschen weitergibt. Er mag daran gedacht haben, Menschen beizustehen, die für sich keinen Weg (mehr) sehen oder denen es ganz einfach nicht gutgeht. Und er mag daran gedacht haben, wie es ist, wenn Menschen Liebe und Güte ausstrahlen.

Zitat des Tages

Wenn du etwas nicht magst, M. Angelou - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

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Man kann nicht ausstrahlen, was man selbst nicht hat

Angenommen, man ist mit sich und der Welt unzufrieden. Und angenommen, man kann sich selbst nicht wertschätzen und lieben. Wie kann man dann Liebe und Güte ausstrahlen? Dies ist nur dann möglich, wenn man selbst eine „Liebes- und Gütequelle“ ist.

Kann man sich selbst nicht wertschätzen, kann man auch keinen anderen Menschen wertschätzen. Und wenn man sich selbst nicht lieben kann, dann kann man auch keinen anderen Menschen lieben. So brachte es der Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm auf einen kurzen Nenner. Möchte man andere lieben, müsste man in der Konsequenz zuerst die Entscheidung treffen, sich selbst lieben zu wollen. Dieser Wille würde zu Veränderung bei sich selbst führen. In der Folge wäre ein Veränderungsprozess gewissermaßen ein Prozess der Selbstqualifizierung für Liebesfähigkeit.

Wie kann man Liebe und Güte bei sich „entwickeln“?

Als Theologe ging Alfred Delp, wie bereits erwähnt, davon aus, dass der Mensch ein „Weitergeber“ des von Gott Empfangenen ist. Wie verhält es sich jedoch, wenn man keinen Bezug zum Christentum hat? Wie könnte man dann Liebe und Güte in sich entwickeln und zur Blüte kommen lassen?

Ein Ansatzpunkt ist die buddhistische Metta-Meditation. Diese geht direkt auf Buddha zurück, der Metta als vergleichbar mit der Liebe einer Mutter zu ihrem Kind beschreibt. Übliche Übersetzungen für metta (Pali-Sprache) sind: Freundlichkeit, Güte, aktives Interesse an Anderen, Liebe, Freundschaft, Sympathie (siehe Eintrag zu metta im Wörterbuch der Pali-Text Society). Darüber hinaus wird metta auch häufig mit den Begriffen „liebende Güte“ oder „Allgüte“ übersetzt.

In der Metta-Meditation beginnt man zunächst damit, Liebe in sich selbst zu finden und zu erspüren. Erinnerungen an gefühlte Liebenswürdigkeit, Zufriedenheit und unverfälschtes Glück helfen bei diesem Finden. Man nimmt die Gefühle auf und strahlt sie auf sich selbst aus. Unterstützen kann man dies mit Sätzen, wie beispielsweise „Möge ich glücklich sein“, „Möge ich zufrieden sein“ und „Möge ich friedlich sein“.

Diese Sätze werden dann – in abgewandelter Form – an Personen, die einem nahestehen (z. B. Freund), an bekannte Personen, zu denen man ein neutrales Verhältnis hat, und schließlich an Personen, mit denen man Schwierigkeiten hat, gerichtet. „Möge <Name> glücklich sein“ wäre ein Beispiel einer Abwandlung.

Übergeordnetes Ziel der Metta-Meditation ist es, eine Haltung bedingungsloser und allumfassender Liebe und Güte zu allen Lebewesen zu entwickeln. Wie sich diese Lebewesen tatsächlich verhalten, ob beispielsweise einem jemand feindlich gesinnt ist, spielt keine Rolle. Liebe und Güte sollen rein sein, d. h. beispielsweise frei von Habenwollen und Selbstsucht.

Welche Auswirkungen ergeben sich?

Die Frage stellt sich unweigerlich, welche konkreten Auswirkungen sich ergeben, wenn man Liebe und Güte in die Welt hineingibt. Zum einen wäre zu erwarten, dass sich möglichst positive Auswirkungen für einen selbst ergeben. Zum anderen müssten auch Mitmenschen profitieren.

Was hat man selbst davon?

Angenommen, es gelingt, Liebe und Güte auszustrahlen, in die Welt hineinzugeben. Welche Auswirkungen ergeben sich für einen selbst?

Zu möglichen Auswirkungen der Metta-Meditation wurden schon einige Untersuchungen durchgeführt. Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass sich nach einiger Zeit ausgeübter Metta-Meditation Beziehungen zu anderen Personen verbesserten, eine größere Verbundenheit mit anderen Menschen spürbar war, und auch weniger körperliche Beschwerden auftraten. Auch auf die Lebenszufriedenheit ergab sich eine positive Auswirkung.

Menschen, die sich wie Alfred Delp als „Weitergeber“ sehen, sind auch selbst Quelle von Liebe und Güte. Obwohl keine Untersuchungen vorliegen, kann wohl davon ausgegangen werden, dass sich vergleichbare positive Auswirkungen wie bei der Metta-Meditation zeigen.

Wer Liebe und Güte in die Welt hineingibt, macht sich in den Herzen der Mitmenschen gewissermaßen unsterblich. Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers drückte es so aus: „Wir sind sterblich, wo wir lieblos sind, und unsterblich, wo wir lieben.“.

Durch Liebe und Güte stößt man außerdem Denkprozesse an. Albert Schweitzer, Arzt, Philosoph und Theologe fasste seine Erfahrung so zusammen: „Was ein Mensch an Gütigkeit in die Welt hinausgibt, arbeitet an den Herzen und an dem Denken der Menschen. Unser törichtes Versäumnis ist, dass wir mit der Gütigkeit nicht ernst zu machen wagen.“. Sam machte im Film diese Erfahrung, dass Maggys Herz berührt wurde.

Nicht zuletzt wirkt das Weitergeben von Liebe und Güte auch sinnstiftend. Es gibt dem Leben einen Sinn. Den Gedanken etwas fortgesetzt, ergibt sich die Frage: Verfehlt ein Mensch, der keine Liebe und Güte ausstrahlt, seine Bestimmung?

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

Geschenk mit Text - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

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Was haben andere davon?

Als Empfänger von Liebe und Güte fühlen sich Mitmenschen wertgeschätzt. Sie empfinden sich vielleicht selbst nicht als liebenswert, erfahren dann aber, dass es mindestens einen Menschen gibt, der einen anderen Blick hat.

Wenn Menschen Liebe und Güte erfahren, verankern sich die Erfahrungen im Leben und in der Erinnerung. Vielleicht ist man selbst Empfänger von Liebe und Güte oder hat Erinnerungen an frühere Erfahrungen. Da gab es vielleicht die Großmutter, die einen bedingungslos liebte und deren Güte man ganz praktisch wahrnahm. Werden sich solche Erinnerungen jemals verflüchtigen können? Niemals wird dies so kommen! Solche Erinnerungen sind gewissermaßen „in Stein gemeißelt“!

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.