Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, da ich dort … Person war.Lesezeit: 9 Min.

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„Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, da ich dort eine andere Person war.“

Lewis Carroll
Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, L. Carroll - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Lewis Carroll (1832-1898) war ein britischer Schriftsteller, Fotograf, Mathematiker und Diakon. Er ist der Autor der berühmten Kinderbücher Alice im Wunderland, Alice hinter den Spiegeln (oder Alice im Spiegelland) und The Hunting of the Snark, einer Nonsensballade. Alice im Wunderland zählt zu den berühmtesten Kinderbüchern der Welt und gehört zu den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur. 

Zurück ins Gestern gehen?

In Alice im Wunderland erlebt die Titelheldin Alice die verschiedensten Abenteuer, begegnet Phantasiewesen und sprengt dabei auch die Grenzen menschlicher Fähigkeiten und der Physik. Mal wird Alice winzig klein, dann wieder riesengroß. Alice verwandelt sich ständig und erlebt ständig neue Abenteuer.

Nur die Gegenwart spielt eine Rolle. Sie weiß noch nicht, was und wie sie in Zukunft werden wird. Und sie kann auch nicht mehr in die Vergangenheit, in das Gestern, zurückgehen. Sie war eine andere Person.

Uns geht es so wie Alice. Auch wir können nicht mehr in die Vergangenheit zurück. Alice drückt sogar eine tiefe Wahrheit aus: „Gestern war ich eine andere Person“. Und die Person, die man gestern war, kann man nicht mehr werden.

Der Körper – kontinuierliche Veränderung

Schon aus physiologischer Sicht ist der Weg ins Gestern versperrt. Im menschlichen Körper werden, bedingt durch die physiologische Zell-Regeneration, insgesamt zwischen zehn und 50 Millionen Körperzellen pro Sekunde abgebaut und durch neue Zellen ersetzt. Diese Zellerneuerung ist ein fließender Prozess. Der Körper verändert sich ständig. Heute ist man, physiologisch gesehen, schon ein anderer Mensch als gestern.

Es ließe sich – natürlich nicht im strengen wissenschaftlichen Sinn – behaupten, dass ein 50-jähriger Mensch in Wirklichkeit etwa 10 Jahre alt ist, denn die Zellen sind im Durchschnitt rund 10 Jahre alt. Dabei handelt es sich um einen hypothetischen Durchschnittswert, da sich manche Zellen relativ schnell erneuern, manche jedoch sehr langsam oder sogar überhaupt nicht, wie beispielsweise Zellen des zentralen Nervensystems. So erneuert sich beispielsweise die Haut vollständig in nur einem Monat. Während dieser 10 Jahre erneuert sich die Haut demzufolge 120 mal. Das Skelett erneuert sich hingegen einmal in 10 Jahren. Beim Herzen erneuern sich jedoch nur maximal 40 Prozent der Zellen.

Die Seele – immer im Interaktionsfluss

Während man schon rein physiologisch gesehen nicht ins Gestern zurückgehen kann, ist dies auch auf seelischer Ebene nicht möglich. Ständig lernt man hinzu, macht man neue Erfahrungen, gewinnt neue Eindrücke, neue Erkenntnisse, die auf die Seele wirken. Man begegnet Menschen, kommuniziert mit ihnen und hinterlässt dadurch auch in den Gefühlen der Mitmenschen Spuren. Maya Angelou, Schriftstellerin, Professorin und Bürgerrechtlerin, brachte es so zum Ausdruck: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen vergessen, was du gesagt und was du getan hast. Sie vergessen aber nie, wie sie sich bei dir gefühlt haben.“. Ebenso hinterlassen auch Mitmenschen ihre Spuren. Auch seelisch ist man heute eine andere Person als gestern.

Weshalb will man zurück ins Gestern gehen?

Dem Raum-Zeit-Kontinuum kann man nicht entkommen, für kein Geld der Welt. Dennoch haben manche Menschen den Wunsch, zurück ins Gestern zu gehen.

Was ist es, das in manchen Menschen diesen Wunsch hervorruft, wieder ins Gestern zurück zu gehen? Die Gründe sind sicherlich sehr vielfältig. Es mag der Wunsch sein, etwas Geschehenes aus dem Leben gewissermaßen ausradieren zu können und wieder in das intakte Gestern einzutauchen. Oder man mag das Gestern gerne festhalten, weil das Gestern noch „gut“ war oder man etwas sehr Schönes erlebt hat. Vielleicht wünscht man sich, dass das Heute nur ein böser Traum ist, weil etwas geschehen ist, das einen sprichwörtlich aus der Bahn wirft. Wieder in das Gestern eintauchen zu können, wäre ein willkommenes Entfliehen von der Realität.

Weichen anders stellen

Oft besteht der Wunsch, etwas ungeschehen zu machen. Da ist vielleicht das Paar, das sich gerade heftig gestritten hat. Üble Worte sind gefallen. Beide haben einander sehr verletzt und beide haben nach einer „Abkühlzeit“ realisiert, welche Wunden sie einander in ihrem Zorn zugefügt haben. Der Streit hat sich immer mehr aufgeschaukelt und beide haben ein Stück weit die Kontrolle über sich verloren. Die Erkenntnis, dass und wie sehr sie überreagiert haben, kam zu spät. Die Wunden waren schon zugefügt. Wäre es dann nicht wünschenswert, die Zeit zurückdrehen zu können? Man könnte zurück ins Gestern gehen, in die noch heile Welt.

Da ist vielleicht der Familienvater, der sich Gedanken machte, wie sich das angesparte, jedoch kurzfristig nicht benötigte Geld vermehren ließe. Er ließ sich auf riskante Spekulationen ein und stellt gerade fest, dass ein erheblicher Verlust eingetreten ist, der nicht mehr aufgeholt werden kann. Würde er nicht liebend gerne die Zeit zurückdrehen?

Wenn es möglich wäre, zurück ins Gestern zu gehen, dann könnte man – das wäre eine schöne Vorstellung – die Weichen anders stellen. Auf diese Weise könnte man gewissermaßen neu anfangen. Unliebsame Ereignisse und Erlebnisse ließen sich umgehen. Oder vielleicht doch nicht? Würde man im Streit vielleicht doch ausfallend werden? Würde man sich vielleicht doch von Renditeversprechen blenden lassen? Die Weichen ließen sich nur dann wirklich anders stellen, wenn man das Wissen von heute in das Gestern mitnehmen könnte.

Einen Zustand konservieren

Vielleicht hat man einen schweren Unfall erlitten, der eine dauerhafte körperliche Einschränkung mit sich bringt. Nicht mehr so werden können, wie man war, kann sich sehr schmerzhaft anfühlen. Wäre dann der Wunsch unverständlich, zurück ins Gestern zu gehen, um den Zustand körperlicher Unversehrtheit gewissermaßen zu konservieren?

Nicht nur Menschen mit einer Erkrankung wünschen sich die gesunden Tage zurück. Auch Menschen, die beispielsweise ihren Arbeitsplatz verloren haben, wünschen sich die Zeiten geregelter Beschäftigung zurück. Und Menschen, die …, wünschen sich … zurück. Wer würde die guten Zeiten nicht gerne konservieren wollen?

Vielleicht schaut man aus anderem Grund etwas wehmütig in die Vergangenheit zurück und bedauert, dass Vergangenheit nicht mehr Gegenwart ist. Man hat vielleicht etwas Schönes erlebt. Der Urlaub war einfach wundervoll. Doch dann kam unweigerlich der Tag der Abreise und der Rückkehr in das gewohnte Umfeld. Wie gerne wäre man noch geblieben, aber die Verpflichtungen des Lebens ließen keine Wahl.

Was auch immer es gewesen sein mag: jetzt findet man es schade, dass dieses Schöne vorbei ist. Dieses Schöne hätte man so gerne festgehalten, aber die Möglichkeit, nochmals zurück ins Gestern zu gehen, gab es nicht.

Zitat des Tages

Erfolg ist nicht der Schlüssel, A. Schweitzer - Gestaltung: privat
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Mut und Zuversicht für das Heute finden – aber wie?

Wenn das Gestern noch schön war, das Heute aber nicht mehr, wie kann man dann Mut für das Heute finden? Man will es vielleicht nicht, aber letztlich muss man sich dem Heute doch stellen. Und dazu gehören Mut und Zuversicht.

Beide Seiten der Medaille sehen

Wenn man auf die eine Seite der Medaille blickt, sieht man das, was fehlt, was nicht mehr (da) ist. Man blickt auf den Schmerz, den man empfindet. Schaut man auf die andere Seite der Medaille, öffnet sich der Blick dafür, dass das schöne Gestern auch ein Geschenk war. Daraus erwächst Dankbarkeit, dass man das Schöne erleben durfte.

Der zum Tod verurteilte und im April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtete Theologe Dietrich Bonhoeffer musste einen schroffen Gegensatz zwischen einem Gestern und einem Heute erleben. Vor der Haft (Verhaftung und Inhaftierung im April 1943) war er in gewisser Hinsicht eine andere Person als während der Haft. Die Haft veränderte alles, so unter anderem auch die Beziehung zu seiner Verlobten (die Verlobung wurde im Januar 1943 gefeiert). Seine Braut konnte er nicht mehr heiraten.

Dietrich Bonhoeffer kleidete den Aspekt der Dankbarkeit für das jetzt in der Vergangenheit liegende in folgende Worte: „Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“. Diese Worte können auch in der heutigen Gegenwart dabei helfen, nicht nur das aktuell Defizitäre zu sehen, sondern auch Dankbarkeit für das Vergangene zu empfinden.

Unterstützung suchen

Manchmal fällt es schwer, das Heute so zu akzeptieren, wie es jetzt ist. Wie kann man zu Mut und Zuversicht finden, um für sich (wieder) eine Perspektive zu sehen?

Es erweist sich stets als hilfreich, das Gespräch mit Menschen zu suchen, denen man sein Vertrauen schenken kann. Solche Menschen sind wertvolle Ressourcen, die eine andere Sichtweise einbringen können. Vielleicht sieht man gerade selbst alles schwarz. Aber ein Anderer weist auf Aspekte hin, an die man selbst noch nicht dachte. Vielleicht hat man selbst einen gewissen „Tunnelblick“, aber der Andere kann den Blick dergestalt weiten, dass man Möglichkeiten sehen kann.

Wenn man mit einem Anderen über etwas spricht, etwas ausspricht, verändert sich nicht die Situation. Aber während des Gesprächs kann sich die Einstellung zur Situation verändern. Der Schriftsteller und Dichter Hermann Hesse kleidete es in folgende Worte: „Es wird immer alles gleich ein wenig anders, wenn man es ausspricht.“.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn man keinen Menschen kennt, mit dem man ein vertrauliches Gespräch führen kann? Dann gibt es unter anderem die Möglichkeit, sich an die jederzeit erreichbare Telefonseelsorge zu wenden. Dort findet man eine Gesprächspartnerin oder einen Gesprächspartner, mit dem man unter dem Schutz der Anonymität sprechen kann.

Keineswegs hilfreich wäre es, zu versuchen, der Realität des Heute zu entfliehen, beispielsweise durch Alkohol oder Drogen. Diese Flucht vor der Realität wäre kein erfolgversprechender Ausweg und könnte in einer Sucht und Abhängigkeit enden. Man könnte zu einem Gefangenen der Sucht werden.

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

Geschenk mit Text - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

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Das Heute annehmen

Wenn man das Heute annehmen kann, so wie es ist, kann man seine Energie für das einsetzen, was aktuell zu tun ist. Der Wunsch, zurück in das Gestern gehen zu wollen, verblasst. Schließlich hat man erkannt und akzeptiert, dass es nicht möglich ist. Und es würde einen auch nicht weiterbringen. Die Person, die man war, kann man nicht mehr werden. Alles verändert sich und man selbst verändert sich auch.

„Heute bin ich anders als gestern, und morgen werde ich anders sein als heute“ – eine Binsenweisheit, aber dennoch gleichzeitig tiefgründig. Die Frage ist dann, wie man das Heute, das Hier und Jetzt, angeht – gleichgültig, angstvoll, erwartungsvoll, hoffnungsvoll, kraftvoll, optimistisch …?

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.