Deine erste Pflicht ist es, dich selbst glücklich zu machen …Lesezeit: 9 Min.

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„Deine erste Pflicht ist es, dich selbst glücklich zu machen. Bist du glücklich, so machst du auch andere glücklich.“

Ludwig Feuerbach
Deine erste Pflicht ist es, dich selbst glücklich zu machen, L. Feuerbach - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Ludwig Andreas Feuerbach (1804-1872) war ein deutscher Philosoph und Anthropologe. Er gilt als einer der bedeutendsten Religionskritiker. Für Feuerbach ist Gott ein projiziertes Spiegelbild der menschlichen Natur.

Sich selbst glücklich machen – eine Pflicht?

Weshalb sollte es eine Pflicht sein, sich selbst glücklich zu machen? Und weshalb betrachtet es Ludwig Feuerbach sogar als erste Pflicht, also als Pflicht mit höchster Priorität?

Eine Pflicht lässt keine Wahl. Wozu man verpflichtet ist, muss man erfüllen – normalerweise. Man kann sich einer Pflicht aber auch entziehen – durch Flucht. Wenn man flieht, muss man an einen Ort fliehen, wo diese Pflicht nicht gilt. Mit anderen Worten: man müsste sich selbst verlassen. Da dies aber nicht möglich ist, kann man sich in der Konsequenz der Pflicht, sich selbst glücklich zu machen, nicht entziehen.

Wenn Ludwig Feuerbach es als Pflicht ansieht, sich selbst glücklich zu machen, klingt damit auch an, dass es aus seiner Sicht dazu keine Alternative gibt. Dieser Pflicht muss sich der Mensch stellen. Die Frage ist jedoch, wie intensiv man sich dieser Pflicht stellt. Ist man mit Engagement dabei oder vernachlässigt man sie?

Das Wort „Pflicht“ wird oft mit einer negativen Nebenbedeutung verknüpft. Eine Pflicht, wie beispielsweise die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung oberhalb einer bestimmten Einkommensgrenze, wird je nach dem als belastend oder gar lästig empfunden. Doch lässt sich einer Pflicht auch etwas Positives abgewinnen?

Geht es im Grund um Selbstfürsorge?

Wie wäre es, wenn man das „sich selbst glücklich machen“ als einen Aspekt der Selbstfürsorge auffassen würde? Selbstfürsorge ist positiv konnotiert und wohl niemand stellt infrage, dass Selbstfürsorge sinnvoll ist und guttut.

Selbstfürsorge bedeutet, alles dafür zu tun, damit es einem selbst gut geht. Man sorgt für sich, achtet gut auf seine eigenen Bedürfnisse, Bestrebungen, Werte, Wünsche und Grenzen. Dies alles geschieht in dem Bestreben, gut mit sich selbst umzugehen und sich vor Überlastung zu schützen.

Ist Selbstfürsorge ein Synonym für Egoismus oder gar Selbstverliebtheit? Keineswegs! Bei gesunder Selbstfürsorge geht es schließlich nicht darum, nur an sich selbst zu denken, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und andere Menschen für seine eigenen Zwecke auszunutzen.

Was geschieht, wenn man nicht gut für sich selbst sorgt?

Mangelnde Selbstfürsorge zeigt sich in einer Reihe von Symptomen. Menschen, die nicht gut für sich selbst sorgen, werden oft als unausgeglichen und leicht reizbar wahrgenommen. Sie selbst fühlen sich oft antrieblos und erschöpft. Sie gehen über ihre Grenzen, beispielsweise hinsichtlich der Arbeitszeit, und gönnen sich keine oder nur kurze Pausen. Und sie ignorieren Bedürfnisse, beispielsweise das Bedürfnis nach ausreichend Schlaf. Verwundert es dann, wenn sie sich als unglücklich einschätzen?

Wenn eine gesunde Selbstfürsorge unbestritten für das persönliche Wohlbefinden wichtig ist, weshalb sorgen dann so viele Menschen nicht gut für sich? Meist ist es keine Frage der Zeit, denn wenn man etwas wirklich möchte, nimmt man sich dafür auch die notwendige Zeit. Die Gründe liegen tiefer.

Wenn man sich beispielsweise für andere einsetzt, sich vielleicht sogar verausgabt und über seine Grenzen geht, kann ein Bedürfnis nach Wertschätzung und Anerkennung die Motivation sein. Vielleicht ist auch eine starke Orientierung an Leistung ein Grund. Man glaubt, nur dann etwas zu gelten, wenn man viel leistet. Was auch immer ein Grund sein mag, oft steht dahinter ein bestimmter Glaubenssatz aus der Kindheit. Als Beispiel sei lediglich der so desaströse Glaubenssatz „Nur wer leistet wird geliebt“ (es gibt auch viele Abwandlungen dieses Glaubenssatzes) genannt.

Ist dann im größeren Kontext eine gesunde Selbstfürsorge nicht geradezu eine Pflicht und eine Voraussetzung, um sich selbst glücklich machen zu können?

Weshalb zuerst sich selbst glücklich machen?

Wenn man zuerst sich selbst glücklich macht, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass man nicht darauf hofft oder gar unterschwellig einfordert, von anderen Menschen glücklich gemacht zu werden. Selbst in einer Liebesbeziehung erwartet man nicht, vom Partner glücklich gemacht zu werden. Der Ausspruch „Du machst mich glücklich“ ist ein Indiz dafür, dass man dem Partner zuschreibt, glücklich zu machen.

Wäre es nicht sogar eine Art von Missbrauch, andere Menschen für das eigene Glück zu instrumentieren? Man empfindet eine Leere – und diese soll von anderen Menschen gefüllt werden. Doch sind andere Menschen dazu da? Wäre es nicht sogar eine Bankrotterklärung, wenn man sagen würde: „Ich brauche andere Menschen, um mich glücklich zu machen. Ich selbst kann nicht für mein eigenes Glück sorgen.“? Wenn man zuerst sich selbst glücklich macht, demonstriert man damit nicht nur, dass man es kann, sondern auch Autonomie: Ich bin nicht auf andere angewiesen.

Kann man sich selbst glücklich machen, ohne selbst aktiv zu werden bzw. zu sein? Wohl kaum. Man kümmert sich selbst um seine Bedürfnisse und gibt sich dafür auch den erforderlichen Raum. Dadurch schafft man es besser, sich nicht von anderen Menschen abhängig zu machen. In einer Liebesbeziehung könnte man dann beispielsweise sagen: „Du verstärkst mein Glück“ (oder ähnlich).

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Die Liebe will nichts, D. Bonhoeffer - Gestaltung: privat
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Ist Glücklichsein von den Lebensumständen abhängig?

Es gibt Zeiten, in denen die Lebensumstände schwierig sind. Vielleicht leidet man an einer Autoimmunerkrankung, wie beispielsweise Multiple Sklerose. Vielleicht hat man gerade den Arbeitsplatz verloren und die Aussichten, woanders einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, sind aufgrund des Alters nicht gerade hoch. Oder man hat vielleicht einen geliebten Menschen, vielleicht sogar den Partner, verloren. Jetzt ist alles voller Trauer und man leidet. Man denkt vielleicht, dass man nie wieder glücklich sein kann.

Diverse Untersuchungen und Studien konnten zeigen, dass die Fähigkeit, glücklich zu sein, mehr mit einem selbst zu tun hat als mit den äußeren Lebensumständen. So konnten sich beispielsweise Menschen, die an Multipler Sklerose litten, als glücklich einschätzen. Die innere Einstellung war dafür maßgeblich. Das persönliche Glücksempfinden erfuhr nach der Diagnose und während der ersten Zeit der Krankheit verständlicherweise einen Dämpfer. Nach einiger Zeit fühlten sich die Erkrankten jedoch nicht weniger glücklich als vor ihrer Erkrankung.

Ein wesentlicher Grund für die „Wiederherstellung“ des Glücksempfindens war auch das Annehmen des momentanen Zustands. Sie konnten das Unabänderliche akzeptieren und sich darauf fokussieren, im Hier und Jetzt zu leben.

Andererseits konnten Untersuchungen und Studien auch zeigen, dass Menschen, die von besonderen Ereignissen profitierten, nach einiger Zeit nicht mehr glücklicher waren als vorher. Beispielsweise steigerte ein Lottogewinn das Glücksempfinden ganz beträchtlich, jedoch nahm es im Lauf der Zeit immer mehr ab. Nach einem Jahr war wieder der „Normalzustand“ erreicht.

In der Gesamtschau ist Glücklichsein nicht von den äußeren Lebensumständen abhängig, sondern vielmehr von der inneren Einstellung. Denkt man beispielsweise „Ich werde nie glücklich sein können“ oder denkt man „Ich kann ein glücklicher Mensch sein“?

Eine Medaille hat immer zwei Seiten. Auf der einen Seite steht vielleicht „Ich kann nicht (mehr)“ und auf der anderen steht vielleicht „Ich kann immer noch“. Welche Seite man bevorzugt betrachtet liegt in der eigenen Hand.

Man kann sich selbst dabei unterstützen, positive Aspekte bewusst wahrzunehmen. Dankbarkeit ist dafür ein Katalysator. Wofür kann man gerade dankbar sein? Was hat man heute schon – vielleicht gerade bei vordergründig unbedeutenden Ereignissen – erlebt, wofür man dankbar sein kann?

Sich selbst glücklich machen – wie geht das?

Will man sich glücklich machen, sich selbst? Will man es wirklich? Und wenn ja, geht das einfach so, gewissermaßen „aus dem Stand“ und auf Knopfdruck?

Der Wunsch, sich glücklich machen zu wollen, verlangt ein tragfähiges Fundament. Dieses Fundament ist die Selbstliebe. Anselm Grün drückt es treffend aus: „Wir können uns selbst nicht erkennen, wenn wir uns nicht lieben.“ Mit anderen Worten: Wenn man sich selbst liebt, kann man sich selbst erkennen. Und dann kann man auch ergründen, was einen glücklich macht. Das wäre dann ein „Glückskern“, den man nie verlieren kann, denn er ist weder an Zeit noch an Umstände gebunden.

Um seinen Glückskern zu finden, kann man sich selbst ein paar Fragen stellen

  • Was macht mich dauerhaft glücklich und ist nicht von Umständen (Wohlstand, Gesundheit usw.) abhängig?
  • Was bringt bei mir im Hier und Jetzt ein tiefes Glücksgefühl hervor?
  • Welche Erinnerungen sind mit Glückserfahrungen verknüpft?

Wenn das Fundament gelegt ist, kann der nächste Schritt gelingen: sich glücklich zu machen. Doch ist dies eine Sache bestimmter Techniken? Eher nicht. Wenn man sich selbst erkannt hat und weiß, was einen glücklich macht, braucht man keine Rezepte mehr. Man wird den individuell „richtigen“ Weg für sich finden, wie man seine Einstellungen verändern kann.

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

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Was sind die Auswirkungen?

Wenn man selbst glücklich ist, verändert sich ohne weiteres Zutun die eigene Ausstrahlung. Es ist gewissermaßen ein Automatismus. Was einen erfüllt dringt nach außen und andere Menschen nehmen es wahr. Man wirkt sympathisch und anziehend. Außerdem erwächst der Wunsch, auch zum Glück anderer Menschen beizutragen. Und es wird nicht als Last empfunden.

Der Dichter, Literaturmäzen und Sammler Johann Wilhelm Ludwig Gleim betonte den Aspekt, dass man auch das eigene Glück vermehrt, wenn man zum Glück anderer Menschen beiträgt. Er formulierte es so: „Nur wer glücklich ist, kann glücklich machen. Wer’s tut, vermehrt sein eignes Glück.“. Es entsteht gewissermaßen eine Art Rückkopplung.

Manche Menschen erleben eine etwas andere Art der Rückkopplung. Sie opfern sich für andere auf und indem sie diese vermeintlich glücklich machen, erleben sie sich selbst als glücklich. Aus sich selbst heraus sind sie es aber nicht. Sie sind „abhängig glücklich“. Wer selbst glücklich ist, erlebt eine andere Auswirkung: man vermehrt das eigene Glück.

Thomas von Aquin, Philosoph und Theologe, verknüpfte Selbstliebe und Glücklichsein. Er drückte es so aus: „Die Wurzel alles Bösen in der Welt ist der Mangel an Liebe zu sich selbst.“ Wer hingegen sich selbst liebt und glücklich ist, wird zu einer „Wurzel des Guten in der Welt“.

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.