Eifersucht ist die Angst vor dem Vergleich.
Max Frisch
Max Rudolf Frisch (1911-1991) war ein Schweizer Schriftsteller und Architekt, der mit Werken wie „Andorra“ und „Homo Faber“ weltbekannt wurde. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Architekt gelang ihm 1954 mit dem Roman „Stiller“ sein literarischer Durchbruch. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche hohe literarische Auszeichnungen, darunter den Georg-Büchner-Preis und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Wozu Eifersucht fähig sein kann
Manchmal kann es ganz heftig zugehen, wenn Eifersucht im Spiel ist. Dann schaffen es Eifersuchtsszenen auch in die Medien, wie dieses Beispiel zeigt (Quelle):
„Ein Paar besuchte von Samstag auf Sonntag eine Veranstaltung in der Marienthaler Straße. Dort unterhielt sich der Mann kurz nach Mitternacht mit einer anderen Frau. Als diese ihn auf die Wange küsste, rastete dessen Freundin aus. Die 34-jährige griff sich einen Bierkrug und warf ihn nach der vermeintlichen Konkurrentin. Der Bierkrug verfehlte sein eigentliches Ziel und traf eine 27-Jährige im Gesicht, die an dem Streit völlig unbeteiligt war. Die junge Frau musste ins Krankenhaus eingeliefert und dort ambulant behandelt werden.“
Diese Begebenheit zählt, wenn rasende Eifersucht im Spiel ist, sogar noch eher zu den Harmloseren. Menschen, die unter dem Othello-Syndrom (Eifersuchtswahn) leiden – nach Shakespeares tragischem Helden Othello benannt –, leiden unter krankhafter Eifersucht. Sie sind, selbst wenn dies nicht der Wahrheit entspricht, unbeirrbar davon überzeugt, dass der Partner untreu ist. Dann liegen sogar Gewaltverbrechen im Bereich des Möglichen.
Der Partner eines bzw. einer wahnhaft Eifersüchtigen steht vor einer unlösbaren Aufgabe. Wie kann Treue nachgewiesen werden? Dies wäre nur mit lückenloser Überwachung möglich. Auf eine derartige Überwachung möchte sich jedoch sicherlich niemand einlassen. Es wäre für eine Beziehung das pure Gift. In der Konsequenz ist eine gesunde Beziehung unter diesem Vorzeichen nicht möglich.
Glücklicherweise ist der Eifersuchtswahn, der bei krankhafter Eifersucht zu beobachten ist, eher selten und keineswegs der Normalfall. Im Allgemeinen werden drei unterschiedliche Grade bzw. Formen der Eifersucht unterschieden: leichte, mittlere und schwere Eifersucht. Die leichte Form der Eifersucht ist durch Beobachtung von Verhaltensauffälligkeiten gekennzeichnet und stellt normalerweise keine ernsthafte Bedrohung für die Beziehung dar. Der mittlere Grad der Eifersucht ist im Wesentlichen durch ein Kontrollverhalten und die Angst, den Partner bzw. die Partnerin zu verlieren, charakterisiert. Bei der schweren Form der Eifersucht ist sie ein Dauergefühl und krankhaft. Die Grade sind nicht exakt voneinander abgrenzbar, ermöglichen aber eine grobe Einordnung.
Eifersucht ist menschlich – aber nicht jede Ausprägung
Das Gefühl der Eifersucht begleitet uns schon seit unserer Kindheit. Wenn einem Kind etwas weggenommen wird oder weggenommen werden könnte, was es liebt, wird es wahrscheinlich eifersüchtig. Insofern ist Eifersucht nichts Ungewöhnliches. Auch später im Erwachsenenalter kann es in den verschiedensten Situationen zu Eifersuchtsgefühlen kommen, beispielsweise zu Eifersucht in Freundschaften oder unter Arbeitskollegen.
Bei einer Bindung zwischen zwei Menschen kann Eifersucht entstehen, wenn ein Eindringling von außen die Beziehung scheinbar oder tatsächlich bedroht. Sobald einer der beiden seine Aufmerksamkeit einer anderen Person zuwendet, ist Eifersucht nicht fern. Besonders empfindlich sind Paarbeziehungen, wenn einer der Partner sich einer Person des anderen Geschlechts zuwendet. So entsteht eine Dreierkonstellation: Eifersüchtige(r), Geliebte(r) und Eindringling.
Wenn negative verhaltenssteuernde Emotionen zur Eifersucht hinzukommen, wie beispielsweise Minderwertigkeitsgefühle, Selbstzweifel, Verlustängste, Misstrauen und Wut, kann sich eine normale Eifersucht in Richtung einer zunehmend krankhaften verwandeln. Beispielsweise kann schon eine Beunruhigung entstehen, wenn der Partner oder die Partnerin mit anderen spricht, und erst recht, wenn er oder sie sich mit anderen verabredet.
Hinter der Entwicklung hin zur krankhaften Eifersucht steht auch die Frage, welchen Stellenwert man für den Partner bzw. die Partnerin hat. Und meist ist nur wenig Selbstbewusstsein vorhanden. Um das geringe Selbstbewusstsein herum werden verwandte Gefühle und Einstellungen durchlebt, vor allem Selbstzweifel und geringe Selbstachtung.
Vergleichen ist Gift
Wenn man ein geringes Selbstbewusstsein hat, neigt man eher zum Vergleichen mit anderen. Das Vergleichen an sich ist zunächst einmal nichts Unnatürliches. Tagtäglich vergleichen wir uns bewusst und unbewusst mit anderen Menschen. Aussehen, sozialer Status und (vermeintlicher) Wohlstand zählen zu den gängigen Vergleichskriterien. Da liegt es nahe, zu glauben, dass derjenige, der mehr hat, besser aussieht oder sozial besser vernetzt ist, mehr wert ist als man selbst.
Von da aus ist es nur noch ein sehr kleiner Schritt zur Angst vor dem Vergleich. Wenn ein anderer von der eigenen Perspektive aus gesehen besser abschneidet, fühlt man sich unterlegen. Das möchte man natürlich nicht. Und so kann es dazu kommen, dass sich eine Angst vor dem Vergleichen einstellt. Man wird beim Vergleichen ja vorhersehbar schlechter abschneiden.
Bei alledem übersieht man nur zu leicht, dass Menschen keineswegs miteinander vergleichbar sind. Jeder Mensch ist und bleibt ein Unikat! Und Unikate sind nun einmal nicht miteinander vergleichbar.
Wie lässt sich die unumstößliche Tatsache, dass jeder Mensch ein Unikat ist, gewissermaßen als Gegengift nutzen? Eine Möglichkeit besteht darin, zu versuchen, der eifersüchtigen Person den Unikatcharakter verständlich zu machen, etwa so: „Du bist ein Unikat und deshalb für mich nicht austauschbar“. Ob der Adressat für diese Botschaft jedoch überhaupt erreichbar ist, hängt vom Schweregrad der Eifersucht ab. Möglicherweise ist die Person bereits derart in der Eifersucht gefangen, dass keine Botschaft mehr durchdringt und eher als versuchte Beschwichtigung gewertet wird.
Auch die eifersüchtige Person kann sich selbst als Unikat wahrnehmen und darin bestärken. Sie kann ihren Blick auf das Profil ihrer individuellen Begabungen, Fähigkeiten, Kompetenzen und auf ihre positiven Eigenschaften lenken. So wird ihr bewusst, dass sie nicht beliebig austauschbar oder ersetzbar ist. Doch damit dies nicht nur zum „Kopfwissen“, sondern auch zum „Herzwissen“ und in der Seele verankert wird, ist gewissermaßen kontinuierliche Überzeugungsarbeit durch Selbstaufwertung an sich selbst notwendig.
Welche negativen Folgen kann das Vergleichen haben?
Das Vergleichen wird, bildlich ausgedrückt, die Tür zur Selbstabwertung aufstoßen, wenn man sich im Vergleich unterlegen fühlt. In der Folge kann sich Angst vor dem Verlust der Beziehung, vor dem Verlassenwerden, vor Einsamkeit, fehlender Verbundenheit manifestieren. Zudem kann ein Gefühl der Ohnmacht empfunden werden.
Wenn man sich unterlegen fühlt und den Partner bzw. die Partnerin nicht verlieren will, muss man zu Maßnahmen greifen. Mit dem Versuch, ihn bzw. sie zu kontrollieren, indem beispielsweise mehr oder weniger häufig nach den Kontakten und Aktivitäten gefragt wird, wird die Beziehung jedoch in immer „stürmischeres Fahrwasser“ gesteuert. Auch der Versuch, den Partner bzw. die Partnerin von anderen Menschen und Aktivitäten fernzuhalten, trägt dazu bei. Er bzw. sie wird das ständige kontrolliert- und manipuliert-werden auf Dauer nicht aushalten können. Davon abgesehen ist die Vertrauensbasis massiv gestört. Die kontrollierte und manipulierte Person empfindet: „Egal was ich tue, wie ich mich verhalte, mir wird nicht vertraut“.
Bei der eifersüchtigen Person können, wie bereits angedeutet, emotionale Reaktionen auftreten, die durchaus auch intensiv ausfallen können. Beispielhaft genannt seien häufige Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Wutausbrüche, Verzweiflung, Ängstlichkeit, Unsicherheit, Selbstzweifel, Panikattacken und depressive Episoden.
Es kann auch dazu kommen, dass die eifersüchtige Person ihr Leben stark von dem des Partners bzw. der Partnerin abhängig macht. Aus einer Verlustangst heraus handelt sie nicht mehr eigenständig. Sie will dem Partner bzw. der Partnerin keinen Anlass geben, sich von ihr zu trennen.
In letzter Konsequenz riskiert die eifersüchtige Person den Bruch der Beziehung, es sei denn sie stellt sich ihrer Eifersucht. Dies hat zur Folge, dass sie ihre Eifersucht und die damit einhergehenden Gefühle als Tatsache akzeptiert und sie nicht herunterspielt. Sie beobachtet ihre eigenen Gefühle, um herauszufinden, wann sie eifersüchtig wird, worauf genau sie eigentlich reagiert, was sie konkret befürchtet und was ihr in dieser Situation gerade fehlt. Sie lernt, ihr Verhalten zu reflektieren und geht der Ursache für ihre Eifersucht auf den Grund. Insbesondere wenn es sich um schwere bzw. massive Eifersucht handelt, wird im Allgemeinen die Unterstützung durch eine psychologische Fachperson (z. B. Psychologe, Psychotherapeut) hilfreich sein.
Der Selbstabwertung etwas entgegensetzen: Selbstaufwertung
Menschen, die über ein gesundes Selbstbewusstsein verfügen, sind weniger gefährdet, eine krankhafte Form der Eifersucht zu entwickeln. Sie können sich selbst annehmen, so wie sie sind, mit allen ihren Stärken und Schwächen. Sie bemessen ihren Wert nicht daran, was andere Menschen über sie denken.
Wenn das Vergleichen jedoch immer wieder in der Selbstabwertung resultiert, ist ein Gegengewicht wichtig: Selbstaufwertung durch Selbstwertschätzung. Eine gesunde Selbstwertschätzung drückt eine wertschätzende Haltung gegenüber sich selbst aus, vermittelt Selbstbewusstsein und ein positives Selbstwertgefühl. Es gibt schließlich nicht nur die Defizite und Schwächen, sondern auch die Stärken und die „Überschüsse“, das, was in positiver Hinsicht hervorsticht. Es gibt das Liebenswerte bei und an sich. Und es gibt Dinge, die gut gelingen. Man kann sich deshalb auch selbst vertrauen.
Mangelndes Selbstvertrauen geht oft mit mangelndem Vertrauen gegenüber anderen Menschen einher. Wie kann man anderen Menschen und insbesondere dem Partner bzw. der Partnerin vertrauen, wenn man kein Vertrauen zu sich selbst hat? Da die Beziehung in einer Partnerschaft auf Vertrauen basiert, ist die Stärkung des Selbstvertrauens ein wichtiger Aspekt der Selbstaufwertung.
Wenn man sich selbst wertschätzt, mag man sich auch. Gemocht zu werden darf man nicht anderen Menschen überlassen, darf sich nicht von anderen abhängig machen: „Haben andere Menschen die Aufgabe, dich zu mögen? Nein! Dafür bist du selbst zuständig!“.
Wer sich selbst wertschätzt, kann sich auch selbst vertrauen und sich als liebenswertes Unikat sehen. Für die Angst vor dem Vergleich bleibt dann kein Raum mehr.
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