„Vergebung ist der Schlüssel für Bewegung und Freiheit.“
Hannah Arendt

Hannah Arendt (1906-1975) war eine jüdische deutsch-amerikanische Politologin und Publizistin. Sie war unter anderem als Journalistin sowie Hochschullehrerin tätig und veröffentlichte wichtige Beiträge zur politischen Philosophie, von ihr als „Politische Theorie“ bezeichnet. Die Ursprünge politischer Gewalt, die Unbegreiflichkeit des Bösen, die Menschenrechte von politisch Verfolgten und Flüchtlingen und der Sinn der Arbeit waren Themen, denen sie sich besonders widmete.
Beziehungskonflikte – nichts Neues
Marie (*) hat keine Beziehung mehr zu ihrer Tochter. Diese hat den Kontakt zu ihr abgebrochen. Als die Tochter heiratete wurde Marie nicht eingeladen. Marie leidet.
Gabriele (*) hat ebenfalls keinen Kontakt mehr mit ihrer Tochter. Das Enkelkind wird ihr vorenthalten. Gabriele leidet.
Iris (*) hat sich sehr in der Pflege der Eltern eingesetzt und ihre Berufstätigkeit vorübergehend aufgegeben. Die Geschwister honorieren ihren Einsatz nicht und wollen sie beim Verteilen des Erbes nicht besserstellen. Iris leidet.
Allen kurz angerissenen familiären Beziehungen ist eines gemein: es hat sich ein Konflikt ergeben. Jeder Konflikt hat einen oder mehrere daran Schuldige. Und jedem Konflikt wohnt ein Beziehungsbruchpotenzial inne. Wenn es zum Beziehungsbruch kommt, verstetigt er sich häufig. Nicht selten wird ein Beziehungsbruch nicht mehr geheilt und von den Beteiligten gewissermaßen mit ins Grab genommen.
Um einen Beziehungsbruch wieder zu heilen, muss die Schuld ausgeräumt werden. Mindestens eine(r) der Beteiligten muss sich bewegen. Dies mag der oder die Schuldige sein, wenn das eigene Fehlverhalten bewusst geworden ist. Oder es mag ein Opfer des Beziehungsbruchs sein.
Oft wartet ein Opfer darauf, dass der oder die Schuldige das Fehlverhalten einsieht, die Initiative ergreift und um Verzeihung bittet. Dann kann aus Sicht des Opfers die Beziehung wiederhergestellt werden. Und wenn das Opfer vergeblich wartet? Dann leidet es womöglich weiterhin bis an das Lebensende.
Ist es wirklich unbedingt wichtig, zweifelsfrei festzustellen, wer Täter und Opfer ist? Muss wirklich gewartet werden, bis eine Entschuldigung kommt? Oder kann das Opfer von sich aus und für sich etwas tun, um sich zu entlasten?
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Vergebung als Schlüssel?
Das Opfer könnte sich von sich aus dazu durchringen, dem Täter zu vergeben. Dies wäre gleichzeitig ein Bewegungsimpuls, für sich selbst, aber auch für den Täter. In einen erstarrten Konflikt könnte Bewegung hineinkommen, wenn der Täter den Impuls aufnimmt. Aber auch das Opfer selbst hat für Bewegung gesorgt.
Außerdem wäre es ein Befreiungsimpuls. Für den Täter bedeutet dies, dass er von seiner (moralischen) Schuld gewissermaßen freigesprochen wird. Die Schuld wird ausgeräumt, nicht notwendigerweise entschuldigt. Schuld und Unrecht werden nicht beschönigt, nicht relativiert oder verniedlicht, nicht unter den Teppich gekehrt, aber eben auch nicht mehr angelastet und vorgehalten. Und für das Opfer bedeutet dies, sich selbst von einer nicht einklagbaren Wiedergutmachung zu befreien und eine Last des ungelösten Konflikts loszulassen.
Die Chancen, einen Beziehungsbruch zu heilen, wachsen, wenn es zur Vergebung kommt. Ob es zur tatsächlichen Heilung kommt, hängt von den danach folgenden Schritten der Beteiligten ab. Werden sie sich aussprechen? Werden sie sich wieder annehmen, so wie sie sind?
Vergebung bedeutet nicht, Unrecht zu akzeptieren. Unrecht bleibt Unrecht. Aber Vergeben bedeutet, Bewegung zu ermöglichen und sich selbst zu befreien.
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