Wir leben von dem, was wir bekommen, aber wir gestalten …Lesezeit: 9 Min.

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„Wir leben von dem, was wir bekommen, aber wir gestalten unser Leben durch das, was wir geben.“

Sir Winston Churchill
Wir leben von dem was wir bekommen, W. Churchill - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Sir Winston Leonard Spencer-Churchill (1874-1965) war ein britischer Staatsmann. Er war zweimal Premierminister und führte Großbritannien durch den Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus war er Autor politischer und historischer Werke. 1953 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Weniger bekannt ist Churchill als Maler. Er brachte es auf etwa 500 Werke.

Einnehmen und ausgeben – materiell und immateriell

Im Originalzitat „We make a living by what we get, but we make a life by what we give.“ benutzt Churchill die Worte „living” und „life”. Dadurch differenziert er zwischen Lebensunterhalt (oder auch Broterwerb) und Leben (oder auch Lebensweg, Dasein). Churchills Zitat lässt sich deshalb auch so übersetzen: „Wir sorgen für unseren Lebensunterhalt mit dem, was wir einnehmen, aber wir gestalten unseren Lebensweg durch das, was wir geben.“. Eine leicht abgewandelte Variante wäre: „Wir sorgen für unseren Lebensunterhalt mit dem, was wir bekommen, aber wir gestalten unser Dasein durch das, was wir geben.“.

Was die wirtschaftliche Seite anbelangt, so kann man nur das ausgeben, was man auch einnimmt. Meist ist das regelmäßige Monatseinkommen die bestimmende Größe. Zwar kann man zeitweise mehr ausgeben als man einnimmt, aber dann muss wieder gespart werden, um die Mehrausgaben zu kompensieren. Wenn man längerfristig mehr ausgibt als man einnimmt, landet man mit Sicherheit in der Überschuldung mit allen ihren Konsequenzen.

Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet gibt es auch ein immaterielles Einnehmen. Man nimmt beispielsweise Gefälligkeiten ein. Da nimmt der Nachbar das Paket für einen in Empfang, während man unterwegs ist. Oder da besorgt die Freundin einen Sonderangebotsartikel im Supermarkt, weil man selbst am Angebotstag nicht dazu kommt. Aber das immaterielle Einnehmen ist nicht planbar. Und es gibt einen unausgesprochenen Saldo. Würde der Nachbar über Jahre hinweg Pakete für einen entgegennehmen, wenn man sich dafür nicht in der einen oder anderen Form erkenntlich zeigt?

Es gibt auch ein immaterielles Ausgeben. Man gibt etwas von sich, das zwar kein Geld kostet, aber dennoch für einen oder mehrere Menschen einen Wert hat. Man kann beispielsweise Gefälligkeiten erweisen und dafür seine Zeit einsetzen. Zeit ist wertvoll. Und man kann auch Zuwendung „ausgeben“.

Seinen Lebensweg gestaltet man bei weitem nicht nur durch das, was mit Geld zu bezahlen ist. Sonst wäre man auf einen reinen Wirtschaftsfaktor reduziert. Hätte man kein Geld mehr und könnte nichts mehr ausgeben, wäre man als Mensch bei rein materialistischer Sichtweise nutzlos. In der Konsequenz wäre man auch überflüssig geworden.

Das „Ressourcen-Tageskonto“

Jeder Mensch hat gewissermaßen ein Vermögens- und ein Zeitkonto. Das Vermögenkonto umfasst in vereinfachter Betrachtung das gesamte Vermögen: Geld und alles was sich zu Geld machen lässt (beispielsweise Hauseigentum, Wertgegenstände, Aktiendepot). Das Zeitkonto lässt sich nur auf den Tag bestimmen, denn die Lebenszeit ist unbekannt, nicht kalkulierbar. Pro Tag stehen jedem Menschen 24 Stunden zur Verfügung. Für die allermeisten Menschen ist ein mehr oder weniger großer Teil dem „Broterwerb“ gewidmet. Der Rest ist disponibler zeitlicher Gestaltungsraum. Jeder Mensch kann frei entscheiden, wie er diesen Gestaltungsraum nutzen möchte. In gewissem Sinn lässt sich Zeit auch als immaterielles Vermögen auffassen. Zeit ist endlich und deshalb eine wertvolle Ressource.

Aus welchem Fundus kann man schöpfen, wenn an Gestalten durch Geben gedacht wird? Ist es nicht gerechtfertigt, Vermögens- und Zeitkonto als Einheit zu sehen, bezogen auf den aktuellen Tag? Das kombinierte Vermögens- und Zeitkonto ließe sich als „Ressourcen-Tageskonto“ bezeichnen. Wer weiß schon, was man morgen ausgeben kann? Vielleicht steht man, was das Vermögenkonto anbelangt, am nächsten Tag schon, bildlich gesprochen, auf Null. Beispielsweise hat eine Naturkatastrophe das nicht gegen Elementarschaden versicherte Haus zerstört und man hat plötzlich nichts mehr. Auch das Zeitkonto kann ganz plötzlich auf Null stehen.

Die Anteile im „Ressourcen-Tageskonto“ sind sehr unterschiedlich verteilt. Manche Menschen haben viel Vermögen aber nur wenig disponible Zeit. Andere wiederum haben sehr wenig oder sogar überhaupt kein Vermögen, dafür aber viel disponible Zeit. Aber jeder hat ein „Ressourcen-Tageskonto“, das zu Tagesbeginn gefüllt ist.

Wem gibt man?

Wenn man durch Geben gestalten kann stellt sich unmittelbar die Frage, wem man gibt. Man kann schließlich nicht nur seinen Mitmenschen oder Organisationen etwas von seinem Vermögen und/oder seiner Zeit geben, sondern natürlich auch sich selbst.

Wäre es selbstsüchtig, vom „Ressourcen-Tageskonto“ etwas an sich selbst „auszuzahlen“? Man könnte sich beispielsweise vom „Ressourcen-Tageskonto“ eine bestimmte Menge Zeit „auszahlen“. Diese Zeit wäre dann anderem entzogen.

Die Frage stellt sich: Ist man sich selbst wichtig? Möchte man seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit möglichst gut erhalten? Wenn man bejaht, wird man etwas vom „Ressourcen-Tageskonto“ an sich selbst „auszahlen“. Man gibt etwas für eine gute Selbstfürsorge.

Zitat des Tages

Erfolg ist nicht der Schlüssel, A. Schweitzer - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

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Was gibt man – und wofür?  

Angenommen, man hätte eine Million Euro und stünde vor der Aufgabe, sie möglichst gewinnbringend einzusetzen. Woran würde man sich orientieren?

Sehr wahrscheinlich würde man sich zunächst von seinen persönlichen Wertmaßstäben leiten lassen. Möchte man beispielsweise Aktien eines Rüstungsunternehmens erwerben, wenn man Pazifist ist? Wohl kaum! Man würde nach Möglichkeiten suchen, die mit dem persönlichen Wertesystem in Einklang stehen. Aber auch Gedanken an Nutzen und Rendite würden sich aufdrängen. Wo bringt eine Investition den größten Nutzen? Und wie lässt sich die höchste Rendite erzielen?

Wie steht es um den Einsatz der Ressource Zeit? Was gibt man an Zeit und wofür? Sehr wahrscheinlich orientiert man sich auch hier an seinem persönlichen Wertesystem. Wofür „brennt das Herz“, was ist einem wirklich wichtig? Wo ist die Zeit am besten eingesetzt? Wenn einem beispielsweise die Umwelt besonders am Herzen liegt, wird man wahrscheinlich Zeit dafür geben, die Umwelt sauber zu halten und von Unrat zu säubern. Oder wenn einem ein pflegebedürftiges Familienmitglied wichtig ist, wird man von seiner Zeit geben.

Liebe geben

Auch wenn man sein gesamtes Vermögen und seine ganze Zeit geben würde – es würde etwas sehr Wesentliches fehlen: Liebe im weitesten Sinn. Liebe ist etwas zutiefst Menschliches. Sie bezeichnet stärkste Zuneigung und Wertschätzung.

Geben entfaltet erst dann seinen Wirkungsraum vollständig, wenn es von Liebe untermauert ist. Liebe ist die Quelle für menschliche Zuwendung. Diese Zuwendung kann sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise äußern.

Man kann beispielsweise seinen Mitmenschen mit Zuneigung und Wertschätzung begegnen, indem man sie freundlich grüßt und ihre Gegenwart wahrnimmt. So kann man etwa die Kassiererin an der Supermarktkasse freundlich anlächeln und gibt dabei etwas. Aber wenn man nun Menschen begegnet, die man überhaupt nicht leiden kann? Man kann trotzdem freundlich grüßen und Präsenz wahrnehmen. Man ändert die unsympathische Person dadurch nicht. Sie bleibt unsympathisch. Aber man tut etwas für sich, indem man sich nicht herunterziehen“ lässt.

Liebe kann sich beispielsweise auch darin ausdrücken, dass man für einen oder mehrere Mitmenschen ein Freund ist, dem man absolut vertrauen kann. Als Freund gibt man auch Geborgenheit. Es gibt unendlich viele Ausdrucksformen von Liebe.

Ist Liebe endlich, so wie Vermögen und Zeit? Erschöpft sie sich irgendwann? Mit anderen Worten: kann man dauerhaft mehr Liebe „ausgeben“ als „einnehmen“? Und wenn man am Ende des „roten Bereichs“ angekommen ist, hat man dann überhaupt keine Liebe mehr? Menschen aller Zeiten haben im Gegenteil die Erfahrung gemacht, dass sich die Liebe nicht erschöpft. Sie erschöpft sich selbst dann nicht, wenn sie nicht erwidert wird.

Christen haben in Gott eine Quelle der Liebe. „Gott ist Liebe“, heißt es in der Bibel (1 Joh 4,16). Insofern fließt die Liebe Gottes durch Menschen zu anderen Menschen. Christen geben die Liebe Gottes weiter. Dass dies in der Realität oft nicht wahrnehmbar ist, dass Theorie und Praxis in der Wirklichkeit oft so drastisch auseinanderklaffen, ist aber wohl nicht Gott zuzurechnen.

Aktive Lebensgestaltung durch Geben

Wie man seinen eigenen Lebensweg im Geben gestaltet, liegt völlig in der eigenen Macht und Verantwortung. Selbst wenn man nur wenig oder sogar gar kein Geld hat, ist man im Geben nicht eingeschränkt. Vieles von dem, was man geben kann, kostet kein Geld. Und auch wenn man nur wenig von seiner Zeit geben kann, kann man dennoch menschliche Zuwendung geben.

Durch Geben gestaltet man aktiv seinen Lebensweg. Man kann auch planen, was man geben möchte. Man könnte sich beispielsweise vornehmen, jede Woche jemanden zu kontaktieren, mit dem man seit drei Monaten keinen Kontakt mehr hatte, einfach um zu fragen: „Wie geht’s dir/Ihnen?“. Das Leben gestalten durch Geben – es gibt unendlich viele Möglichkeiten.

Im Zeitverlauf kann man sich gewissermaßen „reichgeben“ und sich dadurch auch in den Herzen der Mitmenschen verankern. Indem man gibt, tut man auch etwas für sich: die Lebenszufriedenheit wächst. Johann Wolfgang von Goethe drückte die andere Seite der Medaille aus: „Wer nichts für andere tut, der tut nichts für sich.“.

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

Geschenk mit Text - Gestaltung: privat
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Henri Dunant – Lebensgestalter durch Geben

Henri Dunant, Gründer des „Roten Kreuzes“, ist einer der zahllosen Menschen, die durch Geben ihren Lebensweg maßgeblich gestaltet haben. In der Schlacht von Solferino (zwischen der Armee Österreichs sowie den Truppen Sardinien-Piemonts und Frankreichs) wurde Dunant 1859 Zeuge der unzureichenden Versorgung der Tausenden von Verletzten. Spontan entschloss er sich zu einer Hilfsaktion für die Verwundeten auf beiden Seiten.

In den beiden folgenden Jahren schrieb Dunant ein Buch mit dem Titel „Erinnerung an Solferino“, das er 1862 auf eigene Kosten veröffentlichte und in Europa verteilte. Ein Jahr später wurde in Genf das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege gegründet, das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) trägt.

Einige Jahre später geriet Henri Dunant in wirtschaftliche Schwierigkeiten, musste Konkurs anmelden und lebte jahrzehntelang in ärmlichen Verhältnissen. Dennoch versuchte er auch während dieser Zeit des materiellen Elends, sich im Einklang mit seinen Vorstellungen und Ideen zu betätigen. So gründete er im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 eine Allgemeine Fürsorgegesellschaft und kurz darauf eine Allgemeine Allianz für Ordnung und Zivilisation.

Henri Dunants Quelle des Gebens versiegte nicht.

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.