„Es gibt keine Liebe ohne Verzeihen, und Verzeihen ist etwas, was jeder lernen muss.“
Janusz Korczak

Janusz Korczak, geboren als Henryk Goldszmit, (1878-1942) war ein polnischer Militär- und Kinderarzt sowie Kinderbuchautor. Nach seinen Plänen wurde ein jüdisches Waisenhaus, „Dom Sierot“, errichtet. Er gab seine Tätigkeit als Arzt auf und wurde Leiter des Waisenhauses. In Polen galt er als bekanntester Reformpädagoge.
Im August 1942 wurden die 200 Kinder des Waisenhauses zum Transport in das Vernichtungslager Treblinka abgeholt. Janusz Korczak begleitete die Kinder auf dem Weg in das Lager, obwohl er wiederholt die Möglichkeit gehabt hatte, sein eigenes Leben zu retten.
Liebe ohne Verzeihen?
Johanna (nicht der richtige Name) wurde von ihrem Ehemann betrogen. Als sie es herausfand, war es für sie ein tiefer Schock. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie war wütend, aber sie liebte ihn. Wie sollte sie sich verhalten?
Der Schmerz saß so tief, dass sie an Trennung dachte. Wie sollte sie mit einem Mann weiter zusammenbleiben, der ihr gewissermaßen die heile Welt vorspielte und gleichzeitig ihr Vertrauen schwer missbrauchte? Und er hatte auch das Eheversprechen gebrochen. Für sie spielte es eine ganz wichtige Rolle. Sie sah ihren Ehemann nicht als Lebensabschnittspartner, sondern als Partner für den Rest ihres Lebens. Bei ihrer kirchlichen Trauung hatte sie ihr Treueversprechen aus tiefstem Herzen gegeben.
Als Johanna ihren Ehemann Ralf (nicht der richtige Name) zur Rede stellte, stritt er nichts ab. Er erklärte ihr, dass es ihm sehr leidtue, dass er sich zu diesem Seitensprung habe hinreißen lassen, und übernahm die Verantwortung dafür. Er wolle mit ihr zusammenbleiben.
Ralf bat Johanna, ihm zu verzeihen. Johanna kämpfte mit sich. Ralf kannte doch ihre Einstellung zu ihrer Ehe. Weshalb überschritt er diese Grenze trotzdem? Hatte ihre Beziehung wirklich eine Zukunft? Was, wenn er sie wieder betrügen würde?
Die andere Stimme in ihr sprach sich gegen die Trennung aus. Dann wäre es unbedingt notwendig, ihm zu verzeihen. Sonst würden sie nicht zusammenbleiben können. Ohne Verzeihen bliebe ihre Beziehung vergiftet.
Davon abgesehen: Hatten sie sich einander in den Jahren ihres Zusammenlebens nicht schon so oft verziehen? Es gab immer wieder etwas, was dem Anderen zu verzeihen war. Verzeihen gehörte gewissermaßen zu den Grundlagen ihrer Beziehung.
Johanns liebte Ralf nach wie vor. Was hinderte sie daran, ihm auch etwas sehr Schwerwiegendes und sie überaus Verletzendes, wie diesen Seitensprung, zu verzeihen?
Die Frage stellte sich auch aus einem anderen Blickwinkel. Wenn Johanna ihrem Mann nicht verzeihen könnte, wäre es dann überhaupt wirkliche Liebe? Ihre Liebe wäre dann jedenfalls nicht bedingungslos.
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Muss Verzeihen wirklich gelernt werden?
Für Johanna war die Zeit der inneren Auseinandersetzung eine Zeit des Lernens, immer wieder unter Tränen. Schließlich beschloss sie, Ralf zu verzeihen. Für sie bedeutete es, Ralf freizusprechen in dem Sinne, seinen Seitensprung für sich loszulassen und ihn nicht mehr anzusprechen. Es bedeutete für sie nicht, den Seitensprung zu verharmlosen oder irgendetwas zu beschönigen. Und es bedeutete auch nicht, den Seitensprung krampfhaft vergessen zu wollen.
Ralfs außereheliche Affäre war Vergangenheit, aber sie gehörte jetzt eben auch zur gemeinsamen Geschichte. Johanna vertraute Ralf, dass die außereheliche Beziehung endgültig beendet war. Beide sprachen intensiv darüber, wie sie ihre Zukunft gestalten wollten. Und sie sprachen auch über ihre Akzeptanzgrenzen.
Johanna musste das Verzeihen lernen. In kleinerem Dingen war das Verzeihen für sie nie ein großes Problem, hier fiel es ihr jedoch nicht leicht. Im Endeffekt war Verzeihen für sie ein Lernprozess.
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