Man muss verzeihen können. Das Leben des Menschen ist zu …Lesezeit: 8 Min.

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„Man muss verzeihen können. Das Leben des Menschen ist zu kurz, als dass er es mit Nachtragen und Rachsucht hinbringen dürfte.“

Friedrich der Große
Man muss verzeihen können, Friedrich der Große - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

Friedrich II. oder Friedrich der Große (1712-1786), volkstümlich der „Alte Fritz“ genannt, entstammte der Dynastie der Hohenzollern. Friedrich II. gilt als ein Repräsentant des aufgeklärten Absolutismus, der absoluten Monarchie in Alleinherrschaft. Er bezeichnete sich selbst als „ersten Diener des Staates“. Er setzte tiefgreifende gesellschaftliche Reformen durch, schaffte die Folter ab, hob die Zensur auf, senkte die Getreidepreise und forcierte den Ausbau des Bildungssystems.

In der Folge mehrerer Kriege gelang es Friedrich II., das verhältnismäßig kleine Preußen dank geschickter strategischer Manöver als fünfte Großmacht in Europa zu etablieren. Außerdem erweiterte er das Territorium Preußens im Osten um ein Vielfaches.

Börsengeschäfte mit fatalem Ausgang

Carola (*) erlebte mit, wie ihr Ehemann Horst (*) mit Börsengeschäften viel Geld verlor. Lange Zeit hatte Horst die Lage ihr gegenüber immer wieder beschönigt. Er hatte ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt, denn er wollte sie nicht beunruhigen und sein Handeln gleichzeitig nicht infrage stellen lassen. Auf ihr bohrendes Nachfragen hin hatte er wiederholt versucht, die tiefroten Zahlen als lediglich vorübergehende Verluste darzustellen. Doch die Lage verbesserte sich nicht. Im Gegenteil: die Verluste wuchsen noch an und unweigerlich kam irgendwann die Stunde der Wahrheit. Die Kontoüberziehung drohte. Die Börsenspekulationen fortzusetzen hätte bedeutet, auf Kredit zu spekulieren. Horst blieb keine andere Wahl als Carola mit der ganzen Wahrheit zu konfrontieren. Für eine Art Salamitaktik bestand keine Möglichkeit mehr.

Für Carola war definitiv das „Ende der Fahnenstange“ erreicht. Horst war hingegen zu einer Spekulation auf Kredit durchaus bereit. Er hatte immer noch die Hoffnung, sich aus den tiefroten Zahlen herausarbeiten zu können.

Die Ehe stand auf dem Spiel

Horst erklärte sich nach heftigen Krisengesprächen bereit, das Abenteuer Börsenspekulation sofort zu beenden, auch wenn dadurch der massive finanzielle Verlust gewissermaßen festgeschrieben wurde. An ein Aufholen der Verluste war sodann nicht mehr zu denken. Für ihn war völlig klar, dass die Ehe auf dem Spiel stand.

Carola hatte Horst unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie es nicht aushalten könne, wenn er die Börsengeschäfte fortsetzen würde. Für Horst gab es somit zwei Möglichkeiten. Entweder er setzte sich über Carola hinweg und seine Börsengeschäfte fort, verlor dadurch Carola und darüber hinaus möglicherweise auch noch mehr Geld, oder er beendete sie radikal und bewahrte sich wenigstens eine Chance, die Ehe zu retten. Seine Entscheidung fiel klar zugunsten seiner Ehe aus. Carola wollte er keinesfalls verlieren, denn er liebte sie.

Nach dem abrupten Ende der Börsenspekulationen war das gemeinsame Vermögen erheblich geschrumpft. Nun konnten die beiden darangehen, in finanzieller Hinsicht die sprichwörtlichen Scherben zusammenzukehren. Doch wie stand es um die Beziehung?

Carola fühlte sich hintergangen und war zutiefst verletzt. Horsts Verhalten und seine Verbohrtheit hatten sie so manche Träne gekostet. Darüber hinaus zeigten sich auch körperliche Symptome. Und sie litt auch unter massiven Schlafstörungen.

Horst war sprichwörtlich am Boden zerstört. Ihm war bewusst, dass er Carolas Vertrauen schwer missbraucht hatte. Natürlich plagten ihn auch Schuldgefühle und die Gewissheit, bei seinen Börsenspekulationen versagt und das Gegenteil von dem erreicht zu haben, was er beabsichtigt hatte: das Vermögen vermehren und auf diese Weise im Alter mehr finanzielle Mittel zu haben.

Wie konnte Carola als Betroffene handeln?

Wie sollte sich Carola verhalten? Sie liebte Horst nach wie vor und Horst liebte sie. Wenn sie sich nicht trennen wollten, gab es im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit bestand darin, nicht zu verzeihen. Die Beziehung würde dann, wenn sie weiterhin besteht, fortan mit der Last unverziehenen Fehlverhaltens zurechtkommen müssen.

Die zweite Möglichkeit bestand darin, Horst nicht nur oberflächlich, sondern von Herzen zu verzeihen. Damit würde Carola sein Verhalten keineswegs entschuldigen. Sie würde sich vielmehr bewusst dafür entscheiden, Horst gewissermaßen freizusprechen und ihm zukünftig sein Fehlverhalten nicht mehr vorzuwerfen. Was vergeben wurde, kann nicht mehr angeklagt werden.

Angenommen, Carola möchte die Ehe weiterführen, so wie auch Horst es möchte. Ihre gegenseitige Liebe war schließlich nicht gestorben. Unabhängig davon, ob sich Carola für oder gegen das Verzeihen entscheidet, hat ihr Handeln Konsequenzen für sich selbst, für Horst und auch für die Beziehung. Sie befindet sich in einer Dilemmasituation.

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Was kann geschehen, wenn nicht verziehen wird?

Entschließt sich Carola dazu, Horst nicht zu verzeihen, wird sich ein Schatten auf die Beziehung legen. Carola würde ihren Groll auf Horst konservieren, ihn diesen Groll immer wieder spüren lassen und ihm bei passender Gelegenheit seine Verfehlungen wieder vorhalten. Sie würde sie ihm buchstäblich nachtragen. Damit würde sie jedoch die Beziehung gefährden.

Wie sollte eine innige Beziehung noch möglich sein, die beide erfüllt? Die beiden würden wohl eher nebeneinander her leben. Wäre es dann nicht eine Art „bessere“ Wohngemeinschaft? Es könnte sein, dass Horst es irgendwann nicht mehr aushält und sich von Carola trennen möchte. Massive Schuldgefühle plagen ihn ohnehin. Was würde er verlieren? Was würde Carola verlieren, wenn die Beziehung nur noch auf „WG-Niveau“ existiert? Die Möglichkeit, dass die Beziehung der Belastung auf Dauer nicht standhält, ist nicht von der Hand zu weisen.

Carola und Horst haben, wenn die statistische Lebenserwartung zugrunde gelegt wird, in ihrer Beziehung noch einige Jahre vor sich. Wenn sich Carola nicht zum Verzeihen durchringen kann, ist nicht nur die Beziehung über Jahre hinweg belastet. Sie legt sich auch selbst eine Last auf: die Last der Verbitterung. Ihre Gedanken werden immer wieder um das Ereignis des Vermögensverlusts und Horsts Unaufrichtigkeit kreisen.

Wenn sie aus der Verbitterung nicht herausfinden kann, kann es sogar zu einer chronischen Verbitterungsstörung kommen. Im Endeffekt richtet sie bei sich selbst in der Folge möglicherweise größeren Schaden an als Horst, der für den Vermögensverlust verantwortlich war. Terry Waite drückte es so aus: „Wenn du verbittert bist, frisst es dich auf und richtet bei dir sehr viel größeren Schaden an als die Menschen, die dich verletzt haben.“.

Was kann geschehen, wenn verziehen wird?

Kann sich Carola für das Verzeihen entscheiden, beschließt sie damit für sich auch gleichzeitig, Horst sein Fehlverhalten nicht mehr vorzuhalten. In ihrem Gedächtnis wird die für sie schlimme Zeit keinesfalls ausgelöscht. Sie wird sich immer wieder schmerzvoll daran erinnern. Aber in der und für die Beziehung ist das schmerzvolle Erleben ausgelöscht, so als hätte es dieses nie gegeben.

Es mag sein, dass Carola das Geschehene in einer emotionalen Stresssituation trotzdem wieder zur Sprache bringt. Dann geschieht dies jedoch nicht aus einem Kalkül heraus, sondern gewissermaßen „im Eifer des Gefechts“.

Für Carola wäre es im Vergebungsprozess auch hilfreich, zu verstehen versuchen, wieso Horst so handelte. Vielleicht könnte sie eine Geschichte dahinter ergründen und so Horst besser verstehen.

Carola wird es vielleicht sehr schwerfallen, Horst zu verzeihen. Vielleicht braucht sie dafür auch einige, möglicherweise sogar viel Zeit. Wenn es ihr aber gelingt, zu verzeihen, profitieren beide. Carola entlastet nicht nur Horst, sondern auch sich selbst. Die Beziehung kann wieder aufblühen.

Verzeihen aus der Vogelperspektive

Angenommen, Carola und Horst könnten die „Schnellvorlauf“-Taste drücken und sich selbst in die Zukunft versetzen, an den Tag ihrer Diamantenen Hochzeit (60. Jahrestag ihrer Hochzeit). Vielleicht wäre es etwa so:

Bei beiden hat das Alter mittlerweile seine Spuren hinterlassen. Nach der nachmittäglichen Feier im Familien- und Freundeskreis sitzen sie abends alleine bei einem Glas Wein in ihrem Wohnzimmer auf der Couch. In Gedanken blicken sie auf die vergangenen 60 Ehejahre zurück.

Die schwere Zeit, deren Höhepunkt der massive finanzielle Verlust bildete, liegt schon mehrere Jahre hinter ihnen. Carola hat Horst damals verziehen, nicht nur oberflächlich und formell, sondern von Herzen. Sie haben die schwere Krise überstanden und sind zusammengeblieben.

Die Beziehung war wichtiger als das Geld

Ihre Beziehung war ihnen wichtiger als das Geld. Carola verlangte jedoch von Horst die Zusage, künftig keine Börsengeschäfte mehr durchzuführen. Ein gemeinsamer Freund der beiden, der in die Probleme eingeweiht war, empfahl Carola sogar, Horst vorübergehend den Zugang zum gemeinsamen Konto zu sperren. Carola hielt sich nicht an diesen Rat. Sie vertraute darauf, dass Horst seine Zusage einhalten würde. Horst enttäuschte dieses Vertrauen nicht.

Die Entscheidung, zusammenzubleiben, markierte einen Neuanfang ihrer Beziehung. Während der schweren Krise konnten sie dies noch nicht so sehen, jetzt aber aus der Vogelperspektive schon.

Horst erinnert sich in seiner eigenen Rückschau daran, dass er daran dachte, Carola zu verlassen. Er nahm damals wahr, wie schlecht es Carola psychisch ging. Er dachte, dass es ihr ohne ihn besser gehen würde. Jetzt denkt er rückblickend mit Grauen daran, wie sein weiteres Leben wohl verlaufen wäre, hätte er seinen Gedanken in die Tat umgesetzt. Er ist überaus froh, dass er sich nicht getrennt hat.

Mit ihrer Entscheidung hielten Carola und Horst auch gewissermaßen die Familie zusammen. Hätten sie sich getrennt, wären gemeinsame Besuche bei den Familien ihrer Töchter zwar weiter möglich gewesen, jedoch hätte das Bewusstsein der Trennung stets einen Schatten geworfen.

Ein neues Kapitel wurde begonnen

Die beiden denken auch an die schönen Jahre zurück, die der schweren Krisenzeit noch folgten. In gewisser Weise können sie den Worten des Schriftstellers Cesare Pavese zustimmen: „Es ist schön zu leben, weil Leben anfangen ist, immer, in jedem Augenblick.“. Sie haben in ihrer Beziehung ein neues Kapitel begonnen und das gemeinsame Leben wurde wieder schön. Sie können auch zustimmen, dass das Leben zu kurz ist, um es mit Nachtragen und vielleicht sogar Rachsucht zu beschweren.

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Verzeihen und die positive Wirkung auf die Gesundheit

Wie Untersuchungen zeigen, hat das Verzeihen auch eine positive Auswirkung auf die Gesundheit. Eine im Jahr 2019 veröffentlichte Metaanalyse der Beziehung zwischen Vergebung und körperlicher Gesundheit zeigte, dass Probanden, die anderen eher vergeben konnten, gesünder waren als diejenigen, denen das Verzeihen schwer fiel. Eine besonders positive Wirkung ergab sich auf die Herzgesundheit.

Provokant gefragt: Wenn das Leben zu kurz ist, um es mit Nachtragen und Rachsucht zu verbringen, und wenn Verzeihen auch der Gesundheit guttut, weshalb sollte man nicht verzeihen?

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.