„Fürchte dich nicht vor der Veränderung, eher vor dem Stillstand.“
Laotse
Laotse (auch andere Schreibweisen, wie z. B. Laozi, sind bekannt) war ein legendärer chinesischer Philosoph und gilt als Begründer des Daoismus. Er soll im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben, jedoch wird grundsätzlich infrage gestellt, ob er wirklich existiert hat.
Der Daoismus ist eine chinesische Philosophie und Weltanschauung. Ein zentrales Thema des Daoismus ist die Suche nach Unsterblichkeit.
Bleib‘ so wie du bist – wirklich?
„Bleib‘ so wie du bist“, ein so oder ähnlich lautender Wunsch ist bei Geburtstagen oft zu hören. Das „Geburtstagskind“ solle sein freundliches Wesen, seine Zugewandtheit, seine Hilfsbereitschaft usw. beibehalten. Der Charakter möge sich nicht verändern. Man hat eine Person liebgewonnen und wünscht sich, dass sie einem, so wie sie ist, noch lange erhalten bleibt.
Vielleicht wird es einem auch selbst so gewünscht: „Bleib‘ so wie du bist“. Aber wäre es wirklich so wünschenswert, so zu bleiben, wie man ist? Damit würde man die Seite bedienen, die andere an einem als sympathisch und nett empfinden. Doch wie förderlich wäre es für einen, Wünsche der anderen zu erfüllen? Schließlich steckt hinter diesen Wünschen auch oft der Gedanke, vereinnahmen zu wollen, vielleicht unausgesprochen etwa so: „Bleib‘ so wie du bist, damit ich deine Hilfsbereitschaft weiterhin genießen kann.“. Etwas überspitzt und bösartig ausgedrückt, könnte die unausgesprochene Botschaft auch so lauten: „Bleib‘ so wie du bist, damit ich dich weiterhin für meine Zwecke einspannen kann.“.
Möglicherweise hegt man selbst einen Glaubenssatz, der so oder ähnlich lautet: „Nur wenn ich den Wünschen anderer entspreche, werde ich gemocht.“. Dann entscheidet man sich auch selbst dafür, so zu bleiben, wie man ist. Gleichzeitig entscheidet man sich aber auch für Mittelmäßigkeit und dagegen, die eigenen Potenziale zur Geltung zu bringen. Der frühere US-amerikanische Außenminister Colin Powell drückte es so aus: „Der Versuch, von jedem gemocht zu werden, ist ein Zeichen für Mittelmäßigkeit.“.
Wenn einem etwas besonders am Herzen liegt, kann man sich gut vorstellen, sich dafür auch vehement einzusetzen, dafür zu kämpfen. Und man ist auch bereit, die eigene Komfortzone zu verlassen. Wenn man aber der angepasste Mensch bleiben möchte, muss man sich zurücknehmen und Selbstverwirklichung preisgeben.
So bleiben, wie man ist, würde Stillstand in der Persönlichkeitsentwicklung bedeuten. Doch so weit will man es dann vielleicht doch nicht kommen lassen und der oder die „liebe Nette“ sein und bleiben.
Zur Veränderung verurteilt?
Ist man zur Veränderung verurteilt? Einerseits nein, denn man kann sich tatsächlich dafür entscheiden, keine Veränderung zuzulassen. Dann verändert man seine Ansichten und Einstellungen nicht, man lernt nichts Neues hinzu. Und man schließt sich von neuen Erlebnissen und Erfahrungen aus. In der Konsequenz friert man seine Persönlichkeitsentwicklung ein. Je mehr sich die Welt um einen herum verändert, umso mehr muss man sich abschotten. Am Ende steht die Isolation. Ist dann Stillstand in der Persönlichkeitsentwicklung nicht eher etwas zum Fürchten?
Andererseits muss man mit aufgezwungenen Veränderungen leben, zuweilen auch mit sehr unschönen. Der befristete Arbeitsvertrag läuft aus und wird nicht verlängert. Was jetzt? Das Unternehmen muss Personal abbauen und der eigene Arbeitsplatz wird voraussichtlich wegfallen. Was jetzt? Das Mietshaus wird verkauft, ein neuer Eigentümer saniert das Gebäude und kündigt eine Mieterhöhung an. Man kann sie sich nicht leisten. Was jetzt? Und vielleicht wird man mit einer Krankheit konfrontiert. Was jetzt? Beispiele für einschneidende Veränderungen, die einen ungewollt ereilen, gibt es viele.
Aufgezwungene Veränderungen annehmen?
Bevorstehende und bereits eingetretene Veränderungen können Ängste und Sorgen auslösen. Wie soll das alles werden? Die Ungewissheit, was Veränderungen mit sich bringen, kann schlaflose Nächte bereiten. Und dann stellt man sich vor, wie es werden könnte, in dunklen Farben. „Fürchte dich nicht vor der Veränderung“, schön wär‘s. Doch müssen die negativen Vorstellungen und Erwartungen, die Sorgen und Ängste wirklich Realität werden? Wer sagt, dass alles befürchtete Negative über einen tatsächlich hereinbricht, vielleicht auch noch alles auf einmal? Und ist man selbst wirklich hilflos, ein Spielball der Mächte?
Auf manche Veränderungen kann man reagieren, auf manche muss man reagieren. Eigentlich will man nicht, aber man kann zumindest versuchen, die Veränderung anzunehmen. Würde man sich ihr entgegenstellen, würde man an der Situation selbst ja nichts ändern. Also ist es besser, die Veränderung anzunehmen, sich auf sie einzulassen und sich selbst in Bewegung zu versetzen. Dann stellt man fest, dass man nicht (mehr) Gefangener seiner Ängste und Sorgen ist, sondern dass man selbst zunehmend Freiraum gewinnt. Man kann überlegen, wie man besonnen, aber trotzdem mutig auf die Veränderung reagieren kann. Die Veränderung verliert ihre Schrecken.
Wenn man sich freiwillig für Veränderung entscheidet
Nach reiflicher Überlegung ist die Entscheidung gefallen. Man möchte nicht (mehr) so bleiben, wie oder was man bisher ist. Vielleicht ist man mit seinem Berufsweg unzufrieden und möchte etwas völlig Neues in Angriff nehmen. Oder man möchte vielleicht seinen Horizont erweitern und sich in einer bestimmten Richtung weiterentwickeln und weiterbilden. Die Gründe für einen Veränderungswunsch können sehr vielfältig sein.
Am Anfang des Nachdenkprozesses über das Ziel der Veränderung steht vielleicht eine Vision. Diese Vision malt ein Bild vor Augen, wie es einmal sein soll. Und dieses Bild gibt für die Zukunft die Richtung vor und motiviert, die gewünschte Veränderung auch in Angriff zu nehmen.
Beim weiteren Nachdenken macht man sich zunehmend konkretere Gedanken über das „was“ und das „wie“. Was ist zu tun, um die Vision Realität werden zu lassen, was wird von der Veränderung betroffen sein und wie soll der Veränderungsprozess ablaufen? Nach und nach entwickelt man eine immer klarere Vorstellung vom Veränderungsprozess und den kleinen und großen Schritten, die dieser Prozess umfasst. Und natürlich muss auch das „wann“ gut überlegt sein. Wann soll die Vision Realität geworden sein?
Je mehr und besser man alles durchdenkt, desto klarer schälen sich sie Unwägbarkeiten und Risiken heraus. Doch ebenso klar schält sich auch ein Bild heraus, was man an Lebensqualität und Lebenszufriedenheit gewinnen wird. Und man gewinnt Klarheit, wie viel Mut und Energie man in diesem Prozess einbringen muss.
Wenn die Gedanken schon weit gereift sind, kann man die „Kosten überschlagen“. Es ist hinreichend abschätzbar, was die Veränderung einem selbst abverlangt. Möglicherweise steht ein „harter Schnitt“ bevor. Man muss seine Arbeitsstelle kündigen und einige Zeit mit weniger Geld auskommen. Vielleicht muss man auch seinen Wohnort wechseln. Aber man sieht das große Ziel vor Augen und will sich den Herausforderungen stellen.
Bedeutet dies, dass Ängste und Sorgen wie weggewischt sind? Die Realität spricht eine andere Sprache. Auch wenn man den Veränderungsprozess mit einem großen Maß an Motivation, Selbstvertrauen, Mut und Zuversicht angeht, wird man immer wieder mit Ängsten und Sorgen konfrontiert sein. Dies wird insbesondere dann so sein, wenn im Veränderungsprozess Plan und Realität nicht mehr übereinstimmen.
Wie kann man mit der Angst umgehen?
Ob aufgezwungene oder selbst gewünschte Veränderung – Angst und Ungewissheit gehören zum Leben dazu. Und in einer Veränderungsphase erlebt man manchmal auch einen „Durchhänger“. Mit Motivation, Selbstvertrauen, Mut, Zuversicht steht es zeitweilig nicht zum Besten. Die Angst gewinnt Raum. Wie kann man mit der Angst umgehen, ohne dass sie einem über den Kopf wächst und man entmutigt aufgibt?
Kann es hilfreich sein, zu versuchen, die Angst einfach zu ignorieren, ja sogar auszublenden? Dieser Versuch muss zwangsläufig scheitern, denn man kann sich die Angst nicht einfach wegdenken. Sie ist da und wird sich über kurz oder lang ein Ventil suchen. Wenn beispielsweise die Angst großem Druck aufbaut und man ständig versucht, diesen zu verdrängen, kann sich die Angst in Körpersignalen äußern. Zu diesen Körpersignalen zählt beispielsweise die Panikattacke, die als eine Art Ventil wirkt.
Eine Möglichkeit, den durch Angst ausgelösten Druck abzubauen, besteht in Selbstgesprächen. An einem möglichst ungestörten Ort spricht man laut aus, was man denkt. Dadurch zwingt man sich selbst dazu, mehr Klarheit in seine Gedanken zu bringen. Es benötigt deutlich mehr Zeit, seine Gedanken auszusprechen, als etwas zu denken. Gedanken können auch sehr diffus sein und durch das Aussprechen zwingt man sich gewissermaßen, genauer zu denken und kann seine Gedanken besser ordnen.
Welche Grundstimmung sollte die Selbstgespräche prägen? Wer eher pessimistisch eingestellt ist, wird zu einem negativen Grundton neigen. Eher optimistisch eingestellte Menschen können hingegen zur Übertreibung tendieren. Um eine gute Mitte zu finden, sollte die Argumentation mit sich selbst von einer realistischen und wohlwollenden Grundstimmung getragen sein. Beispielsweise kann man „Ich kann … nicht“ als ein „Ich kann … noch nicht“ formulieren.
Neben den Selbstgesprächen können auch Gespräche mit Personen, denen man vertraut, helfen. Wenn man ihnen erläutert, was einem bei bevorstehenden Schritten im Veränderungsprozess Angst macht, können diese ihre jeweils subjektive Perspektive einbringen. Und sie können Unterstützung und Rückhalt vermitteln.
Schließlich kann man auch nach jedem großen Schritt, gewissermaßen nach jedem Meilenstein, auf das bisher Erreichte und Gelungene zurückschauen. Man hat schon einiges geschafft, einiges ist schon gelungen. Und sehr wahrscheinlich erinnert man sich daran, dass sich manche Ängste der Vergangenheit als überzogen oder sogar völlig unbegründet erwiesen haben. Daraus kann man Zuversicht schöpfen, dass man auch mit künftigen Ängsten umgehen können wird.
Muss man sich vor Veränderung wirklich fürchten?
Veränderungen sind Teil des Lebens. Sie gehören zum Leben dazu. Dann stellt sich die Frage, wie man mit Veränderungen umgeht und ob man sich vor ihnen fürchtet. Aufgezwungene, unfreiwillige Veränderungen drängen die Frage nach der Furcht vor Veränderung in den Hintergrund. Ob Furcht oder nicht – es bleibt schließlich keine Alternative. Man muss sich der Veränderung stellen und kann sie nur so gut wie eben möglich bewältigen.
Wenn von außen kein Druck zur Veränderung besteht, steht man vor der Wahl: entweder so bleiben, wie man ist, oder sich verändern im Sinne von „mehr aus sich machen“. Bleiben, wie man ist, bedeutet Stillstand. Man hat sich gewissermaßen – hart ausgedrückt – für das Vegetieren entschieden. Nichts geht mehr vorwärts. Man bewahrt den Status Quo und ist geistig immobil. Dann ist Stillstand wirklich zum Fürchten!
Wovor sollte man sich fürchten, wenn man mehr aus sich machen möchte und den Veränderungsprozess aktiv gestaltet? Dann mag es wirtschaftliche und finanzielle Risiken geben, die zu bedenken sind. Doch man wird an Lebensqualität und Lebenszufriedenheit gewinnen.
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