Wogegen du dich wehrst, bleibt bestehen. – Zitat von C. G. JungLesezeit: 9 Min.

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„Wogegen du dich wehrst, bleibt bestehen.“

Carl Gustav Jung
Wogegen du dich wehrst, C.G. Jung - Gestaltung: privat
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Carl Gustav Jung (1875-1961), war ein Schweizer Psychiater und der Begründer der analytischen Psychologie. In dieser von ihm begründeten analytischen Psychotherapie ist die Auseinandersetzung mit unbewussten Aspekten der Psyche, wie sie z. B. in den psychischen und somatischen Krankheitssymptomen, in Träumen, Fantasien und Symbolen zum Ausdruck kommen, ein wichtiger Bestandteil.

Die Geschichte von Claudia und Peter

Claudia (*) hat ein Verhältnis mit Peter (*), einem verheirateten Mann. Beide kennen sich schon seit ihrer Jugendzeit und waren damals eine Zeit lang ein Paar. Doch dann gingen die Wege auseinander. Ihr Jugendfreund heiratete eine Andere und gründete mit ihr eine Familie.

Da beide nicht weit voneinander entfernt wohnen, blieb es nicht aus, dass sie sich immer mal wieder begegneten. So kam es dann, dass sich zwischen den beiden nach Jahren wieder ein Verhältnis entwickelte. Bei beiden waren schließlich noch Gefühle füreinander da. Claudia war gerade alleinstehend, Peter hatte, wie erwähnt, Frau und Kinder. Peter dachte jedoch nicht daran, sich von seiner Frau zu trennen. Für ihn war die Beziehung zu Claudia eine geheime Nebenbeziehung.

Claudias Gefühle für Peter waren stark – und sie sind es noch. Sie wünschte sich, dass die Beziehung enger wird, dass sich Peter schließlich für sie entscheidet und sich von seiner Frau trennt. Doch für Peter war dies kein Thema, obwohl von inniger Liebe zwischen ihm und seiner Frau schon längst keine Rede mehr sein konnte. Für ihn hätte eine Trennung schlichtweg bedeutet, sein etabliertes „soziales Nest“ zu verlassen, und das will er nicht.

Sollte sich Claudia gegen die Tatsache wehren, dass es mit Peter keine gemeinsame Zukunft gibt, zumindest nicht in einer öffentlichen und exklusiven Beziehung? Wenn sie sich dagegen wehrt, ändert sie an der Situation nichts und bleibt unglücklich. Alle Treffen mit Peter werden von einem Gefühl von Aussichtslosigkeit überschattet sein.

Kann sich Claudia jedoch dazu durchringen, zu akzeptieren, dass sie für Peter immer nur eine geheime Liebschaft ist und dass es für sie keine gemeinsame Zukunft geben kann, so wie sie es sich wünscht, löst sie eine Blockade. Sie transformiert sich selbst und macht sich frei für neue Begegnungen. Es wird ihr leichter fallen, Peter nicht mehr festhalten zu wollen und das Verhältnis von sich aus zu beenden, so schmerzlich es für sie auch sein mag. In der Konsequenz gibt sie sich jedoch selbst die Chance, in einer anderen Beziehung glücklich zu werden, auch wenn von dieser Beziehung im Moment noch nichts zu sehen ist.

Objektive und subjektive Realitäten

Akzeptieren kann oder muss man etwas, das unstrittig ist. Die Realität ist unstrittig – oder doch nicht? Es gibt eine einzige objektive Realität, die sich unter anderem in den Naturgesetzen zeigt. Wenn beispielsweise ein beliebiger Gegenstand (z. B. ein Ball) in die Luft geworfen wird, fällt er gemäß dem Gravitationsgesetz zurück zur Erde. Dieses Verhalten ist überall auf der Welt zu jedem beliebigen Zeitpunkt und an jedem beliebigen Ort exakt gleich. Ein weiteres Beispiel ist die Personenwaage. Sie bestimmt die der Masse proportionale Gewichtskraft und zeigt sie an. Das Ergebnis ist stets eindeutig. Wenn man beispielsweise stark übergewichtig ist, hilft Leugnen nicht weiter. Es wäre ein Zeichen von Realitätsverlust.

Auch eine frist- und formgerechte Kündigung zählt beispielsweise zu den objektiven Realitäten. Doch muss man sie akzeptieren? Sicherlich nicht, wenn gewichtige Gründe dagegensprechen. Man kann Widerspruch einlegen und sich dagegen zur Wehr setzen.

Andererseits gibt es so viele subjektive Realitäten wie es Menschen gibt. Jeder Mensch gestaltet seine eigene Realität. Paul Watzlawick, Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut und Philosoph, drückte es so aus: „Jeder Mensch konstruiert sich seine Wirklichkeit.“. Dies lässt sich leicht nachvollziehen, beispielsweise bei einer Auseinandersetzung in einer Ehe oder Partnerschaft. „So ist es doch gar nicht. Es ist vielmehr so: …“ – jeder schildert die Dinge aus seiner Sicht. Es gibt zwei subjektive Realitäten, die garantiert nicht deckungsgleich sind. Dazu wiederum Paul Watzlawick: „Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist.“.

Wenn es mehrere subjektive Realitäten gibt, muss man sich dann auf eine einigen? Oder kann man als Realität akzeptieren, dass es eben nicht nur die eine Realität gibt? Es wäre sogar realitätsfremd, wenn man diese Realität nicht akzeptieren würde.

In Claudias subjektiver Wirklichkeit sind sie und Peter ein Paar, auch wenn dies nicht öffentlich gezeigt werden kann bzw. darf. In Peters subjektiver Wirklichkeit nimmt Claudia bei ihm nur eine Nebenrolle ein. Claudia möchte Peters Wirklichkeit nicht akzeptieren. Sie möchte ihn für sich. Und Peter? Er akzeptiert Claudias Wirklichkeit faktisch nicht, denn seine Familie bleibt sein Bezugspunkt.

Mit einer objektiven Realität, wie beispielsweise der bereits erwähnten Kündigung, können eine oder mehrere subjektive Realitäten verknüpft sein. Die Kündigung selbst ist objektive Realität. Doch Arbeitgeber und von der Kündigung betroffener Arbeitnehmer haben ihre jeweiligen subjektiven Realitäten. Der Arbeitgeber mag ein bestimmtes Ereignis oder Verhalten als Kündigungsgrund sehen, während der Arbeitnehmer das Ereignis oder Verhalten vielleicht in einem völlig anderen Licht sieht.

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Weshalb wehrt man sich – was sind die Motive?

Einen Grund sich zu wehren gibt es, wenn bzw. weil man mit einer objektiven oder subjektiven Wirklichkeit eines Anderen nicht einverstanden ist. Hinzu kommt, dass man keine Kontrolle darüber hat.

Man kann sich beispielsweise gegen die objektive Wahrheit wehren, dass man – wie alle anderen Menschen auch – einem natürlichen Alterungsprozess unterworfen ist. Doch dieses sich wehren nützt nichts. Man kann nicht mehr in die Vergangenheit zurückkehren und die Person sein wollen, die man vor Jahren einmal war, aber heute nicht mehr ist. Der Schriftsteller Lewis Carroll kleidete es in folgende Worte: „Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, da ich dort eine andere Person war.“.

Weshalb möchte man mit einer objektiven Realität nicht einverstanden sein? Das wohl wichtigste Motiv ist, dass man etwas verdrängen, sich einer Wirklichkeit nicht stellen möchte. Oder vielleicht möchte man etwas, was in Zukunft zu erwarten ist, nicht erleben.

Was für den Widerstand gegen eine objektive Realität gilt, trifft im Prinzip auch auf den Widerstand gegen die subjektive Wirklichkeit eines Anderen zu. Man möchte dessen subjektive Wirklichkeit nicht akzeptieren, auch wenn man keine Kontrolle darüber hat.

Weshalb wehrt man sich gegen etwas, über das man keine Kontrolle hat? Würde man rein rational denken, käme man sehr wahrscheinlich sehr schnell zu dem Schluss, dass es zwecklos ist, sich zu wehren. Doch die Tatsache, dass mächtige Gefühle im Spiel sind, verändert alles.

Würde Claudia rein rational denken, wäre ihr klar, dass sie Peter nicht für sich gewinnen kann. Dass er sein „soziales Nest“ nicht aufgeben will, weiß sie schließlich. Doch sie empfindet starke Gefühle für Peter. Dies bringt sie dazu, an der Beziehung festhalten zu wollen.

Was geschieht, wenn man sich wehrt?

Claudia stellt sich der subjektiven Wirklichkeit eines Anderen entgegen. In dieser Hinsicht ist sie nicht alleine. Menschen stellen sich in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen den subjektiven Realitäten eines oder mehrerer Mitmenschen entgegen – und zuweilen auch objektiven Realitäten. Man wehrt sich.

Wenn man sich wehrt, ändert man nichts an diesen (anderen) Realitäten. Sie bleiben weiterhin bestehen. Will man die subjektive Realität eines Anderen verändern, muss man ihn dafür gewinnen, seine subjektive Realität verändern zu wollen. Dies kann gewaltlos, am besten durch überzeugende Argumente, geschehen, oder auch mit Gewalt, durch Einsatz von Druckmitteln. Claudia kann Peters subjektive Realität nicht verändern – dies kann nur er selbst. Er wird sie auch nur dann verändern, wenn er selbst es möchte. Mit Gewalt, vielleicht mit dem Mittel der Erpressung, könnte Claudia zwar etwas durchsetzen, Peter aber nicht für sich gewinnen.

In jedem Fall muss man sich einer Wirklichkeit, gegen die man sich wehrt, gedanklich sehr stark zuwenden. Immer wieder wird man darüber nachdenken (müssen), wie man es anstellen könnte, eine Wirklichkeit zu verändern, über die man keine Kontrolle hat. Es mag sogar dazu kommen, dass man sich selbst blockiert, weil man von seiner subjektiven Wirklichkeit nicht abrücken, nichts anderes sehen möchte. Man möchte keine anderen Möglichkeiten sehen und über sie nachdenken. Der Weg ist dann nicht mehr weit, bis man sich verrennt und schließlich nicht mehr wahrnimmt, dass der Widerstand aussichtslos ist. Weiß man dann eigentlich noch, wogegen man sich wehrt? Darüber hinaus bindet man wertvolle Energie. Davon abgesehen: Wie könnte etwas Neues entstehen, wenn man sich selbst blockiert (hat)?

Was geschieht, wenn man akzeptieren kann?

Angenommen, man akzeptiert eine objektive Realität oder eine subjektive Realität eines Anderen. Bedeutet dieses Akzeptieren dann Resignation oder Aufgabe? Sicherlich nicht! Vielmehr bedeutet es, dass man mit der Realität nicht streitet, dass man sie annimmt, so wie sie gerade ist.

Mit Bezug auf sich selbst bedeutet Akzeptieren, dass man sich selbst mit seinen Begrenzungen annimmt. Man löst sich davon, sich für etwas zu halten, was man nicht ist.

Wenn man akzeptieren kann, spricht man sich selbst das Vertrauen in das und zum Leben zu. Man sagt „Ja“ zum Leben, so wie es ist. Und man vertraut darauf, dass man Möglichkeiten und Wege für sich finden oder erkennen kann. Man kann ohne die Last einer nicht akzeptierten Realität durch das weitere Leben gehen, denn wenn man etwas nicht annehmen kann, dann kann man es auch nicht loslassen. Und was man nicht loslassen kann, beschwert das Leben.

Im Leben kann man durchaus mit einer schlimmen Realität konfrontiert sein. Wenn es gelingt, sie zu akzeptieren, geschieht eine Transformation. Arno Tschudi lebt mit der Erbkrankheit Retinitis Pigmentosa, die zur schleichenden Erblindung führt. Diese Situation konnte er lange nicht akzeptieren. Er versuchte mit aller Energie, das normale Leben aufrecht zu erhalten. Als er die Situation nach einem langen Weg akzeptieren konnte, ist über ihn zu lesen: „Seit ich die Krankheit akzeptiert habe, sind es nur noch die Sehenden, die sich wünschen, ich könnte wieder sehen.“.

Gutes und Sinnvolles tun – ganz praktisch

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Sich von einer Last befreien

Für Claudia bleibt bestehen, gegen das sie sich wehrt. Peter möchte sich nicht von seiner Frau trennen und sich ganz zu ihr bekennen. Sie hat nur die Wahl, mit der „Geheimbeziehung“ zu leben oder die Beziehung loszulassen und selbst zu beenden. Wehrt sie sich weiterhin gegen Peters subjektive Realität, betreibt sie in gewisser Weise „Energieverschwendung“.

Maya Angelou, Schriftstellerin, Professorin und Bürgerrechtlerin, gibt folgenden Rat: „Wenn du etwas nicht magst, ändere es. Wenn du es nicht ändern kannst, ändere deine Einstellung. Beschwere dich nicht.“. Wenn man es schafft, seine Einstellung zu ändern, befreit man sich auch von einer Last – auch wenn vielleicht die Gefühle in Aufruhr sind.

* Name(n) geändert

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.