Einstellungen und Verhalten ändern – im inneren KraftraumLesezeit: 9 Min.

Dieser Beitrag ist Teil 5 von 13 der Reihe Der Weg zur gesunden Selbstwertschätzung
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Einstellungen und Verhalten ändern – im inneren Kraftraum. Es lohnt sich! Die positiven Auswirkungen im eigenen Leben sind nichts weniger als phänomenal! Doch wie kann man Einstellungen und Verhalten ändern?

Inhalte:

Um welche Einstellungen geht es?

Einstellungen und Verhalten werden schon in frühester Kindheit durch nahestehende Bezugspersonen (Vater, Mutter, Großeltern usw.) geprägt und ziehen sich teils bewusst, teils unbewusst, durch das gesamte Leben. Manche dieser Einstellungen und Verhaltensweisen können sich als hinderlich erweisen und einer gesunden Selbstwertschätzung blockierend im Weg stehen.

Diese vorgeprägten Einstellungen und Verhaltensweisen bestimmen mit, wie man sich beispielsweise bei einer erlebten Kränkung verhält. Es bleibt nicht aus, dass man im Lauf des Lebens mehr oder weniger oft von Mitmenschen gekränkt wird. Vielleicht wird man bloßgestellt, herabgewürdigt, gedemütigt oder erlebt irgendeine andere Art von Kränkung. Gefühle, wie etwa Wut, Scham, Traurigkeit oder Minderwertigkeit, sind oft mit einer Kränkung verbunden.

Zwischen Kränkbarkeit und Selbstwertschätzung besteht ein Zusammenhang. Je geringer die Selbstwertschätzung ausgeprägt ist, desto leichter fällt es anderen, einen zu kränken. Demgegenüber sind Menschen mit einer gesunden Selbstwertschätzung deutlich weniger kränkbar. Darüber hinaus verspüren diese Menschen auch sehr viel weniger den Drang, anderen gegenüber, durch Rachegefühle motiviert, selbst zum Mittel der Kränkung zu greifen.

Mit welcher Einstellung reagiert man auf ein Ereignis, das die Selbstwertschätzung trifft und verletzt? Sagt man sich: „Ich muss das halt so hinnehmen. Schließlich muss ja ich irgendwie daran schuld sein.“? Oder sagt man sich: „Ich lasse mich nicht kränken! Falls ich an etwas schuld sein sollte, dann ist das so, aber das trifft jetzt nicht mein Selbstwertgefühl!“

Einstellungen, die die Selbstwertschätzung treffen und verletzen, sind veränderungswürdig. Doch wie geht man dabei vor, nicht nur Einstellungen, sondern auch das Verhalten zu ändern? Reichen gute Vorsätze aus?

Wie wirken fehlgeschlagene Veränderungsversuche?

Gute Vorsätze sind schnell gefasst, doch Einstellungen, die das Leben schon lange Zeit bestimmen, lassen sich nicht so leicht verändern. Veränderungsversuche scheitern oft.

„Schon lange habe ich mir vorgenommen, dass …, aber …“ Wer hat es nicht schon selbst erlebt? Man hat sich etwas vorgenommen, wollte es wirklich erreichen, aber letzten Endes wurde doch nichts daraus. Wenn man sich dann wieder etwas anderes vornimmt, schwingt schon ein leiser Selbstzweifel mit, ob man das Ziel auch erreichen wird. Man hat sich ja in dieser Hinsicht schon selbst kennengelernt. Wieso sollte es also beim nächsten Mal funktionieren?

Bleibt die Selbstwertschätzung von derlei Misserfolgen unberührt? Sicherlich nicht! Schließlich hat der Glaube an die eigene Fähigkeit, etwas von Anfang bis Ende durchzuziehen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, im Lauf der Zeit Dämpfer bekommen. Vielleicht hat man innerlich sogar schon resigniert.

Sind (neue) Methoden die Lösung?

Wie kann man es angehen, Einstellungen und Verhalten zu ändern, um seine Selbstwertschätzung zu stärken und zu schützen? Sollte man in erster Linie nach Methoden Ausschau halten? Und wenn man schon einige Fehlschläge hinter sich hat, wäre ein Austausch von Methoden wirklich erfolgversprechender?

Ein Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie, als Beispiel, besteht darin, negative Einstellungen zu erkennen, zu bearbeiten und zu verändern. Sie bietet situationsspezifisch passende Methoden an, darunter Methoden zur Problemlösung und Stressbewältigung.

Geeignete Methoden können wirksam unterstützen und gute Erfolge zeigen. Angesichts vieler letztlich gescheiterter Therapien muss jedoch die Frage erlaubt sein, ob Methoden wirklich eine tiefe innere Motivation zur Veränderung bewirken können. Oder kann wirkliche Veränderung erst dann geschehen, wenn sie aus dem wahren individuellen Selbst heraus motiviert ist? Um diese Frage besser beantworten zu können, lohnt es sich, in den Raum dieses wahren individuellen Selbst vorzudringen.

Zitat des Tages

Wer nichts für andere tut, J.W. v. Goethe - Gestaltung: privat
Gestaltung: privat

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Was ist das innere Kraftwerk?

Als Kraftwerk wird, vereinfacht ausgedrückt, eine technische Anlage zur Bereitstellung von Energie bezeichnet. Zur Stromgewinnung wird, als Beispiel, mit Generatoren mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt, die dann in das Stromnetz eingespeist wird.

Gelegentlich wird das Herz, das Blut durch den physischen Körper transportiert, als Kraftwerk bezeichnet. Wenn das Herz seine Pumptätigkeit einstellt, kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Werden keine Wiederbelebungsmaßnahmen unternommen, kommt es zum Tod.

Gibt es auch ein Kraftwerk der Seele, gewissermaßen ein inneres Kraftwerk? Ja, das gibt es. Das innere Kraftwerk stellt gewissermaßen seelische Energie bereit, die sich durch Lebenskraft und Lebensfreude äußert. Innere Kraft bzw. innere Stärke sind weitere Begriffe, die die Auswirkungen seelischer Energie beschreiben. Zur „Produktion“ zählen außerdem u. A.: Hoffnung, Zuversicht, Fähigkeit zu vertrauen, Fähigkeit zu lieben, Fähigkeit zur schützenden Abgrenzung, innere Widerstandskraft bei Schwierigkeiten, und Kreativität zur Gestaltung von Neuem.

Die Energie bezieht das Kraftwerk aus dem Fundament. Hier endet die Analogie mit dem konventionellen Kraftwerk. Aus dem Fundament ragen, bildlich ausgedrückt, drei dicke Kabel heraus. Sie stehen für Würde, soziale Wertigkeit und Bedeutung, sowie Fähigkeiten und Kompetenzen.

Das innere Kraftwerk ist eine Einheit. Es besteht aus dem Fundament und dem inneren Kraftraum. Dieses innere Kraftwerk muss nicht erst geschaffen werden. Im Gegenteil: es ist bereits in jedem Menschen schon von Geburt an vorhanden. Demnach verfügt jeder Mensch über ein inneres Kraftwerk. Die Frage stellt sich allerdings, ob und in welchem Umfang es genutzt wird.

Das Fundament

Das Fundament des inneren Kraftwerks ist eine gesunder Selbstwertschätzung: Würde, soziale Wertigkeit und Bedeutung, sowie Fähigkeiten und Kompetenzen. Dieses Fundament wird allerdings nicht einmalig geplant und realisiert, sondern es entwickelt sich im Lauf des Lebens weiter und gestaltet sich aus. Gleichwohl weist es eine solide Grundfestigkeit auf: die felsenfeste Überzeugung, dass Würde, soziale Wertigkeit und Bedeutung, sowie Fähigkeiten und Kompetenzen bereits vorhanden sind und nicht erst erworben werden müssen.

Falls diese felsenfeste Überzeugung noch fehlt, wird es wenig nützen, wenn man darangeht, seine Einstellungen und mein Verhalten zu ändern. Dann würde man, bildlich gesprochen, die Hausmauern direkt auf den Erdboden setzen. Das Fundament muss solide sein! Erst dann wird man seine Einstellungen und sein Verhalten wirklich ändern können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt darf nicht übersehen werden! Da Fundament liefert gewissermaßen regenerative Energie. Würde, soziale Wertigkeit und Bedeutung, sowie Fähigkeiten und Kompetenzen bleiben lebenslang erhalten und erschöpfen sich nicht. Lediglich die Nutzbarkeit von Fähigkeiten und Kompetenzen kann krankheitsbedingt eingeschränkt sein.

Der Kraftraum

Der innere Kraftraum ist nur für das „ich selbst“ zugänglich. Für alles andere ist er verschlossen. Der ständig kritisierende Vorgesetzte, der mobbende Kollege, der launische Bruder oder der unfreundliche Nachbar – sie alle haben keinen Zutritt. Nur man selbst hat, bildlich ausgedrückt, einen Schlüssel.

Auf der Gefühlsebene kann man Ansprüchen, Erwartungen, Forderungen, Verletzungen, Anfeindungen, Ablehnung, Kritik usw. nicht ausweichen. Schließlich kann man sich seinen Mitmenschen nicht dauerhaft entziehen, sondern nur vorübergehend. Doch in diesen inneren Kraftraum können sie nicht eindringen, weil in diesem Raum nur man selbst Macht hat.

Vielleicht hatte man in der Kindheit einen Rückzugsort, an dem man ganz bei sich sein konnte. Man hatte sich vielleicht, als Beispiel, aus großen Kartons eine Art Hütte oder Höhle gebaut. An diesem Ort war man für niemand erreichbar und gewissermaßen unverletzlich. Niemand hatte während der Zeit an diesem Rückzugsort Macht über einen und konnte über einen bestimmen. Man erlebte Gefühle wie Freiheit, Freude, Geborgenheit oder Sicherheit.

Der innere Kraftraum ist ein solcher Ort, an dem man mit seinem wahren individuellen Selbst in Berührung kommen kann. Dort muss man niemand etwas vormachen, muss keine Rolle spielen. Man darf ganz „ich selbst“ sein. In dieser Schutzzone sind das individuelle Selbst und damit auch das Selbstwertgefühl, die Selbstwertschätzung, geschützt. Räumt man jedoch anderen Macht über sich ein, liefert man seine Selbstwertschätzung der Verletzlichkeit aus.

In dieser Schutzzone, dem inneren Kraftraum, kann die Selbstwertschätzung Raum einnehmen und sogar stärker werden. Gleichzeitig ist es möglich, die Abhängigkeit vom Urteil und Verhalten anderer Menschen nicht nur zu vermindern, sondern sogar vollständig zu lösen. Das individuelle Selbst wird nicht mehr in äußerer Bestätigung, in äußeren Erfolgen oder in äußerer Sicherheit gesucht.

Der US-amerikanische Therapeut James Bugental verwendet Heimat als Begriff: „Unsere Heimat liegt innen, und dort sind wir souverän. Solange wir diese uralte Wahrheit nicht neu entdecken, und zwar jeder für sich und auf seine Weise, sind wir dazu verdammt, umherzuirren und Trost dort zu suchen, wo es keinen gibt – in der Außenwelt.[1]

In diesem inneren Kraftraum, in dem man in Berührung mit seinem wahren Selbst kommt, hat man die Kontrolle. Dort herrscht keine Hektik. Man kann überlegt und ohne Einfluss anderer entscheiden, ob und gegebenenfalls wie man Einstellungen und daraus folgend sein Verhalten verändern möchte.

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Wie kann man das innere Kraftwerk nutzen?

In Berührung mit seinem wahren Selbst verändert sich zwangsläufig das Denken über sich selbst. Wer sich bewusst ist, dass Würde nicht erworben werden muss und auch nicht entzogen werden kann, sondern lebenslang gewährt ist, wird anders auftreten als jemand, dem dieses Würdebewusstsein fehlt. Wer sich seiner sozialen Wertigkeit und Bedeutung bewusst ist, wird sich anders verhalten als jemand, dem dieses Bewusstsein fehlt. Und wer erkannt hat, dass er durch sein Denken seine Einstellungen und auch sein Verhalten nachhaltig verändern kann, wird sich anders verhalten als jemand, der sich als Opfer von Umständen sieht.

Die Fähigkeit, durch sein Denken seine Einstellungen und auch sein Verhalten nachhaltig verändern zu können, hat weitreichende Auswirkungen. Sogar die Gehirnstruktur verändert sich.

Letzten Endes eröffnet sich die Möglichkeit der Selbstheilung von seelischen Verletzungen. Das innere Kraftwerk liefert dazu die Energie. Es ist möglich, Belastendes aus der Vergangenheit zu überwinden. Es ist möglich, durch sein Denken seine Einstellungen und sein Verhalten zu ändern. Dann kann man beispielsweise besser auf Kränkungen reagieren und mit ihnen besser umgehen. Niemand kann einen daran hindern außer man sich selbst. Das innere Kraftwerk ist, so betrachtet, für das individuelle Selbst genauso unverzichtbar, wie es das Herz für den Körper ist.

Im Übrigen werden auch Erkrankungen des Körpers letztlich durch Selbstheilung geheilt. Ärzte unterstützen mit Medikamenten oder operativen Eingriffen, doch im Endeffekt muss der Körper, beispielsweise durch sein Immunsystem, die Heilung selbst vollbringen.

Es gibt keine formale Methode, wie man das innere Kraftwerk nutzen kann. Es ist vielmehr Begegnung mit dem wahren individuellen Selbst. Und diese Begegnung benötigt immer wieder Zeit.


[1] James Bugental: Stufen therapeutischer Entwicklung, in: R. N. Walsh u. F. Vaughan (Hrsg.): Psychologie in der Wende, München, o.J., S. 217; zitiert nach Grün, Anselm: Mystik und Psychologie, in: Sich dem Geheimnis öffnen, Texte zur Mystik und Kontemplation, 1. Aufl., Münsterschwarzach, Vier-Türme-Verlag, 2007, S. 64

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Ich bin Dieter Jenz, Begleiter, Berater und Coach mit Leidenschaft. Über viele Jahre hinweg habe ich einen reichen Schatz an Kompetenz und Erfahrung erworben. Meine Themen sind die "4L": Lebensaufgabe, Lebensplanung, Lebensnavigation und Lebensqualität.